Wohin mit dem Delphin?

Quergedachtes hat sich in seinem blogpost Wenn Delphine wiehern, bellen schnurren interssante Gedanken über die Delphintherapie gemacht.

Wenn man über Autisten und eine geeignete Therapie nachliest kommt man immer wieder mal auf das Thema Delfintherapie. Viele versprechen sich von dem Kontakt des Autisten mit Delfinen einen Erfolg. Es gibt sicher auch viele Beispiele wo dieser Fortschritt wirklich festzustellen ist und war. Nachteil bei der ganzen Sache: So eine Therapie kostet unheimlich viel Geld. Und sie ist, aus Sicht des Autisten gesprochen, mit vielen Anstrengungen und Belastungen verbunden. Da ist zum einen der Wechsel des täglichen Rhythmus. Viele Routinen können, zumindest während des Anreisetages, nicht durchgehalten werden. Dann der Kontakt zu den Tieren an sich. In den meisten Fällen wird er Autist wohl nicht wissen was da auf ihn zukommt. Demzufolge können solche Delfine, auch wenn sie für andere Menschen gänzlich ungefährlich sind, einem Autisten Angst einjagen. Sie sind eben nicht berechenbar in ihrem Verhalten. Dazu kommen dann noch die Therapeuten, die Umgebung und die ganze Aufregung in der begleitenden Familie. Eine Frage die sich mir immer gestellt hat: Müssen es Delfine sein?

Diese Gedanken animieren mich, ebenfalls eine kleine Tiergeschichte beizusteuern:
Mein Teenie mochte als Kleinkind nur Insekten. Alles was Fell hatte und zappelte wollte sie nicht berühren und schon gar nicht auf den Arm nehmen. Nur anschauen und damit reden. Aber das sehr gern.
Mit 4 lernte sie das Pferd einer Freundin kennen. Und siehe da- bereits am Abend saß sie hoch oben mit im Sattel und schmetterte in in der Sommerhitze vergnügt Weihnachtslieder.
Was war passiert?
Das Pferd hatte nicht wirklich Interesse an ihr gehabt, hatte es doch seinen Futtereimer vor sich.
Sie hatte die Gelegenheit, das Tempo des Kennenlernens und den Grad der Nähe oder Distanz selbst zu bestimmen.

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Und dann hat es gefunkt.
Anders kann man es nicht nennen. Von Anfang an hat sie sich im doppelten Sinne getragen gefühlt.
Klar, dass sie Kindheit und Jugend mit Pferden verbracht hat. Eine Mum mit (etwas eingestaubtem ) Pferdefimmel war da ganz praktisch 🙂
Reiten fand sie super, solange sie das Gefühl behielt, das Tier nicht zu zwingen.
Schrecklich noch heute die Erinnerung an einen schweren Reitunfall, der dadurch zustande kam, dass die Reitlehrerin mein Kind zwang “ setz dich durch! “ ihrerseits das Tier zu zwingen….und damit beide, Kind und Pony in die Panik trieb.
Sanfte Reitweise sieht anders aus.

Vor allem der Umgang mit dem Tier, das Putzen, Schmusen, Reden und sich kümmern hat ihr etwas gegeben, das ihr die meisten Menschen nicht geben konnten oder wollten.

Nie ist sie eine von den forschen Mädels im Stall geworden, die eher mit den Tieren „ringen“.
Das Pony legt die Ohren an?
O.k. dann mag es etwas nicht, was mag das sein?
Oft kam es vor, dass sie die Erste war, die eine gesundheitliche Beeinträchtigung des Ponys feststellte. Natürlich war sie längst Expertin, wozu gibt es Spezialinteressen?
Ihr wurde oft nicht geglaubt, aber IMMER behielt sie Recht.
Sie hat oft gespürt, was wir noch nicht sehen konnten.
Ich habe mir mittlerweile komplett abgewöhnt, ihre Äußerungen in Richtung Gesundheitsbeeinträchtigung, egal ob bei Mensch oder Tier, nicht ernst zu nehmen.

Hunden und sogenannten „Kuscheltieren“ gegenüber blieb sie weiterhin ängstlich gegenüber, obwohl sie gerne ihre Nähe suchte ( mit Zaun drum oder Herrchen dabei). Stundenlang hat sie das Verhalten der Tiere studiert. Das wollte sie.
Viele „Kuscheltiere „sind ja auch gar keine…Meerschweinchen zB sind Fluchttiere, Häschen auch, hat sie das vielleicht gemerkt?

Dass ich ihr irgendwann den Wunsch nach Meerschweinchen erfüllte, obwohl sie diese noch nicht einmal alleine auf den Schoß nahm , wurde oft kritisiert. Und ja, es hat 4 Jahre gedauert, bis ich ihr so ein Tier auf den Schoß setzen konnte. Heute, weitere 3 Jahre später hat sie keinerlei Ängste mehr. Aber ganz so zahm wie die Artgenossen anderer Kids müssen ihre Tiere nicht sein.
Wenn ich von anderen Eltern höre : „dieses Thema ist bei uns durch“ so frage ich mich, warum eigentlich? Ist Tierliebe eine Phase die irgendwann vorbeisein muss?

Gerne hätte sie einen Hund. Diesen Wunsch kann ich LEIDER nicht erfüllen, in der Stadt, tagsüber bei der Arbeit. Alle ihre Schlachtpläne in diese Richtung gingen nicht auf: meine Chefin fragen ob ich das Tier mit zu Arbeit nehmen darf, meiner Freundin die tolle Idee unterjubeln, sie bräuchte einen Kita- Hund….jede verlorene Runde in Sachen Hund endete allerdings mit ihren Worten: irgendwann werde ich doch einen haben!
Teenies Angst vor Hunden ist komplett weg. Sie hat vor einiger Zeit sogar einer Welpengeburt zusehen dürfen und war eine der ersten, die die Hündin zu sich gelassen hat. Dabei kannte sie die Hündin noch gar nicht lange.

Gerne würde sie einen Beruf mit Tieren ergreifen. Aber dort wird in der Regel ein eher forsches, oft rücksichtsloses Vorgehen den Tieren gegenüber erwartet. “ Da muss man zupacken können“ – etwas, dass sie selbst für sich am meisten hasst.

Nein, dafür ist sie nicht zu haben.
Obwohl sie es durchaus kann, und zwar dann, wenn es für das Tier notwendig ist, nicht weil ein Arbeitsablauf das erfordert. Tieren ist unsere Zeit egal ….und ihr oft auch.

Im Moment diskutieren wir über Ratten.
Die will ich aber nicht. Lebten wir auf dem Land….ich finde Hühner und Ziegen klasse und dann meinetwegen noch Hund, Katz, Maus, Pony und was weiß ich noch alles. Auch die Rattenfrage wäre damit erledigt.

Auf einen Delphin ist sie zum Glück noch nicht gekommen. Der passt ja auch gar nicht in ihr Aquarium.

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Freigeist sucht Mentor

Sie erleben die Welt von Anfang an auf besondere Weise.
Es sind Synästhetiker, Autisten, ADHSler , Hochsensible…… und bestimmt gibt es noch mehr Spielarten einer vom mainstream abweichenden Wahrnehmung und Denkweise.

Sie sehen die Welt auf ihre ganz eigene Weise und keiner merkt es zunächst.
Sensiblen Eltern fällt auf, dass das Kind anders ist und versuchen es mit Gelassenheit so anzunehmen.
Andere sind genervt, dass es viel schreit, sich gegen etwas wehrt, wo doch alles o.k. ist oder sich „anstellt“, obwohl es keinen sichtbaren Grund dafür gibt.

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Allen Eltern gemeinsam: sie müssen erst einmal heraus finden, wie ihr Kind tickt. Erst dann können sie Verständnis entwickeln und ihr Kind unterstützen. Dabei werden die Eltern oft allein gelassen.
Oder es werden Therapien abgearbeitet, wo es vllt. gar keine braucht.
Sondern einen geduldigen “ Erklär-Bären“.

Wer aber kann für diese Menschen mit besonderen Begabungen ein solcher Mensch sein?
Eltern sind dazu nur begrenzt in der Lage. Es sei denn, sie verfügen über eine gute Wahrnehmung der eigenen Empfindungen und ihres Verhaltens und der ihres Kindes. Erkennen, wo diese sich nicht decken und entwickeln gemeinsam Strategien für das Leben in Mitten von “ neurotypischen “ Menschen.

Wer könnte das also besser als erfahrene Menschen mit zumindest ähnlichen Dispositionen? (1)
Ein Kind, dass erst mit 12 Jahren erfährt , das es synästhetisch wahrnimmt und dass das eine Kraft und nicht nur eine Last sein kann……was hätte es alles vorher schon mit dieser Begabung machen können, anstatt sich immer nur “ komisch“ und anders zu fühlen? Ohne es einordnen zu können.

Ein Kind, dass Töne schmeckt oder sieht, wird beim Hören eines Musikstücks etwas anderes empfinden, als ein Lehrer, der das nicht macht. Missverständnisse sind vorprogrammiert. Ein Missverständnis in der Klassenarbeit mit der Fragestellung : “ was wollte der Künstler damit ausdrücken? “ führt oft zu schlechten Schulnoten.

Gleiches im Kunstunterricht, wenn Farben synästhetische Empfindungen auslösen, in Mathe, wenn Rechenwege sich syästhetisch erschließen und nicht so, wie es im Mathebuch steht.

Für Autisten , ADHSler und alle anderen Hochsensiblen stellen sich ähnliche Probleme.

Mentoring ist eine in der Arbeitswelt mittlerweile auch bei uns anerkannte Unterstützungsmethode. Erfahrene Menschen, die einen bestimmten Entwicklungsweg erfolgreich gemeistert haben, nehmen Unerfahrene unter ihre Fittiche.
Dabei muss das Setting stimmen: Mentor und Mentee müssen von der zu bewältigenden Herausforderung her zusammen passen und die Chemie muss stimmen.

Mittlerweile gibt es einige Projekte, die diesen Gedanken auch bei der Unterstützung von speziellen Personengruppen aufgreifen. Menschen, die sich selbst ohne Mentor durchschlagen mussten, nehmen sich nun der nächsten Generation an.

Mir gefällt:
arbeiterkind.de
schlauFox.de ( siehe auch hier )

Vielleicht gibt es noch mehr.
Ich wünschte mir, dass es Mentorenprogramme auch für die von mir genannten jungen Menschen gäbe.
Allerwelts-Nachhilfe, Therapien, Förderkurse usw. bringen es oft nicht. Sind sie doch von Personen erfunden worden, die in einer eher gewöhnlichen Wahrnehmungswelt leben.

Vor allem schaffen sie eins nicht: sich in seiner Besonderheit akzeptieren und seine besonderen Stärken nutzen lernen. Sich nicht als Ausnahme- und Problemfall zu sehen.
Persönliche und zugewandte Unterstützung und Hilfestellung. Am positiv vorgelebten Beispiel erkennen, dass man mit seiner Disposition erfolgreich sein kann, wenn auch meistens über ganz andere Wege als die Mehrheit.
Mut geben,den ganz eigenen Weg zu entwickeln und zu beschreiten.

Da wären unsere Steuergelder mal gut angelegt.
Anstatt Inklusion zu stümpern, pseudo-berufsqualifizierende Warteschleifen für Jugendliche zu installieren, nur damit diese aus der Arbeitslosenstatistik heraus fallen und viele andere Absurditäten.

Ich bin sicher : an Mentoren würde es nicht mangeln. Man muss sie nur finden wollen. Und ja: es darf auch Geld dafür in die Hand genommen werden.

“ Best Practice “ – ausnahmsweise mal für die Menschen und nicht für den Profit.

(1) Eltern erfahren oft erst über ihre Kinder, dass sie eine ähnliche Disposition haben. Dann müssen sie sich erstmal selber sortieren. Oft haben sie selbst einen langen Leidensweg -ohne Unterstützung- hinter sich

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