»Ach,« sagte der gelehrte Mann, »ich schreibe über das Wahre und das Gute und das Schöne; aber kein Mensch macht sich etwas daraus, dergleichen zu hören. Ich bin ganz verzweifelt, denn ich nehme es mir so zu Herzen.«
»Das tue ich nie,« sagte der Schatten, »ich werde fett, und danach soll man trachten! Ja, Sie verstehen sich nicht auf die Welt, und Sie werden dabei krank.
Aus: Der Schatten von Christian Andersen
Gemessen an meinen Einkünften leiste ich mir/ uns ein nicht unbedeutendes Kulturbudget. Was allerdings nicht bedeutet, dass davon allzu viel für Kultur- Konsum übrig wäre. Aber dann und wann gönne ich mir ( und den Künstlern) dann doch mal ein Ticket, meinst spontan. So auch dieses Mal.
Chilly Gonzales mit seinem neuen Stück “ The Schadow “ spielt am Folgetag und mein Glück beschert mir einen einzelnen Restplatz mit guter Sicht. Ich hatte es bislang immer verpast, ihn life zu erleben und bin hoch erfreut über meinen Fang.
Die düsteren Märchen des dänischen Dichters Christian Andersen haben es mir schon immer angetan. Sie fangen nicht mit ‚ es war einmal ‚ an und sind in ihrer Sprache und Inhalt, verglichen mit den Märchen der Grimm- Brüder eher kompliziert. Als Kind habe ich oft nur ‚ Bahnhof‘ verstanden…..aber allein die Erzählweise reichte aus, um mich zu fesseln.
So ist es nicht verwunderlich, dass ich mir das Andersen- Märchenbuch unter den Nagel gerissen habe, als ich einst von zu Hause auszog.
Erst am Nachmittag vor der Aufführung schaffe ich es, mich durch die Süterli- bedruckten Seiten des alten Buches zu quälen. Was für eine schöne Konzert- Vorbereitung.
Im Märchen geht es um einen gelehrten Mann, der sich von seinem Schatten trennt, damit dieser Einblick in Welten bekommen kann, die ihm selbst verborgen bleiben. Der Schatten wird zum Menschen und im Verlauf der Geschichte wird der Gelehrte zum Schatten seines Mensch geworden Schattens. Er wird von seinem eigenen Schatten beherrscht und das nimmt kein gutes Ende.
Die Show selber hat mir gefallen. Die Musik passte zur literarischen Vorlage und wurde sehr sparsam eingesetzt. Von Gonzales ist man eher Action gewohnt, aber diese blieb diesmal – zum Glück – aus. Es gab Schattenbilder und stummes Theater mit Kostümen aus Andersen‘ s Zeit. Unspektakulär. Auf Effektheischerei wurde verzichtet.
Mir gefällt das Stück. Die Musik passt. Selbst nach einigen Tagen sinniere ich noch über die Bedeutung des Märchens, die Art der Umsetzung auf der Bühne und die Erwartung an einen Künstler, selbst wenn er ein für ihn neues Genre bedient, dennoch wie immer sein zu müssen.
Die Kritiken könnten unterschiedlicher nicht sein : hier und hier
Und das sagt der Meister himself über sich :
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Schon lange hatte ich mich auf diesen Abend gefreut. Sogar Teenie wollte, nach ausführlichem yt-studium, mit.
Was mich freute. Immer seltener werden die gemeinsamen Aktivitäten…
Perfekte Koordinaten
Meine andere Begleiterin, welche die Idee dieses Ausflugs hatte, bürgte durch ihre intensive Beziehung zu Musik und Rhythmus zudem für ein feines kulturelles Erlebnis.
Der Veranstaltungsort vertraut durch diverse Konzert-und Theater -Besuche sowie Teenies besten Darbietungen ‚on stage‘.
Erholt vom Weihnachtsstress und noch nicht geschafft vom Jahreswechselrausch(en).
Hatten wir zunächst noch geplant, uns vor dem musikalischen Ereignis kulinarischen Genüssen hinzugeben, mussten wir kurzfristig zugestehen, dass Ketten-Termine Teenies Sache nicht sind und konzentrierten uns lieber auf die abendliche Veranstaltung.
Relativ glatt gestaltete sich die Anreise und wir waren guter Dinge ( jugendliches Genöle fällt unter die Kategorie Grundrauschen).
Künstler_innen wollen auch leben
Ausverkauft – super.
Der Saal. Eng bestuhlt – oh je.
Teenie beanstandet den Altersdurchschnitt, sucht fast vergeblich nach dunkler Haut, vielleicht sogar Dreadz, wenigstens einer?
Dunkle Haut wurde dann auf der Bühne gezeigt, umhüllt von farbigen Boubous.
Erster visueller Eindruck: schöne Frauen, mit Rundungen, mal mehr mal weniger, aber niemals weg gehungert. Und alle in ihrer Körperlichkeit präsent.
Dahinter die Männer, nicht ganz so bewandet.
Backflash: ich erinnere meine Zeit in Westafrika. Nur morgens hatte ich einen Spiegel. Den Rest des Tages war ich wie ich bin. Fühlte mich wohl, wurde von Tag zu Tag sicherer meiner selbst, weil ich nicht abgelenkt von meinem Äußeren war. Umgeben von Frauen, die denen auf der Bühne glichen, nur meist im Alltags – Boubou.
Oben, von der Bühne aus, ist es nicht so schlimm.
Die ersten Töne.
Wir sind sofort dabei.
Schon beim ersten Applaus zuckt Teenie zusammen: wie konnte ich DAS vergessen? Dieses plötzlich einsetzende Geräusch, in ihren Ohren wie scharfes Glas. Bin hin und her gerissen. Möchte so gerne, dass sie genießen und entspannen kann und weiß doch, dass es nicht geht und dass ich gar nichts für sie tun kann. Ich weiß, dass sie aushalten wird.
Die Begrüßung auf stark akzentuiertem Englisch, Teenie und ich verstehen es gut, weil wir es öfter als britisches oder amerikanisches hören.
Die Show nimmt Fahrt auf.
Powervoller Gesang, tolle Choreografie.
Begleitet nur von 2 Djemben, gelegentlich ein Keyboard. Weniger ist mehr, hier.
Die Künstler_innen geben alles.
Das Publikum sitzt still und starr…..wie halten die Leute das nur aus? Juckt es nicht in den Beinen? Zuckt vielleicht wenigstens der große Zeh?
Backflash: So oft zusammengesessen, kaum spielt die Musik, schon fängt jemand an zu tanzen. Bei meinen chilenischen Freunden in früher Jugend, meinen afrikanischen später dann.
Selbst als es so eine Art ‚ Wettbewerb der Tänzer_innen ‚ , umgeben von den anfeuernden Sänger_innen gibt, bleibt die Reaktion im Publikum kühl.
Fast, als säßen wir vor dem TV.
Backflash: auf einer der vielen Tanzgelegenheiten in Afrika fand auch ich mich inmitten eines anfeuernden Kreises der Verwandtschaft wieder. Nach anfänglichen Hemmungen hab ich einfach mitgemacht, es tat nicht weh und keiner hat gelacht. Jede_r wie er/sie kann. Und wie jede/r im Kreis tanzende, hab auch ich mehr mehr gegeben, als sonst auf der Tanzfläche.
Jung, alt, dünn, dick, weiß, schwarz – egal.
Beifall gab’s für jede/n.
Clap your hands
Musik ohne sichtbare Freude und Bewegung kennen anscheinend nur wir Deutschen. Dafür sind wir groß im Musik Analysieren, im Kritisieren, im Gefühle zurück halten. Außer auf Malle oder mit Alk.
Immerhin wird bei einigen Stücken geklatscht. Zwei Plätze weiter zielsicher neben dem Takt, das muss wirklich schwer sein. Teenie fast vor der Explosion, meine Begleiterin auch sichtlich verspannt. Da hilft auch drüber lachen nicht.
Und dann das Highlight des Grauens:
This –clap– little light of mine –clap….
Kennt jeder. Wie bei Gospel so üblich, wird nicht die erste und dritte, sondern 2. und 4. Note betont.
Man sieht das schon an den Bewegungen der Sänger_innen.
Wir drei geben unser Bestes, von oben bekommen wir Unterstützung, ganz deutlich wird vorgeklatscht.
Es hilft alles nichts : das Klatschen des Publikums macht ein Wanderlied aus dem Song.
Später wird das Publikum aufgefordert, aufzustehen, mitzusingen und zu klatschen. Deutlicher können die Anweisungen nicht sein.
Es klappt: für eine Weile ist es erlaubt, locker zu sein, mit zu gehen mit der Musik. Es funktioniert sogar ganz gut.
Schade, das hätte am Anfang kommen müssen. Aber hätten sich dann die Sänger_innen auf ihren Gesang und Tanz konzentrieren können?
Dies war das 10. Jahr, indem der Soweto Gospel Choir hier aufgetreten ist.
Ich denke, die Künstler_innen wissen, was lohnt und was Energieverschwendung ist.
Nach einigen Zugaben – ja, das Publikum zeigte sich am Ende sehr begeistert- dann die Nationalhymne Südafrikas, anlässlich des kürzlichen Todes von Nelson Mandela.
Ich steh‘ nicht so auf Nationalhymnen, aber diesen Abschluss des Konzertes kann ich nachvollziehen.
Gerade hier in Deutschland :
Apartheid wurde als Verbrechen erstmals in der Internationalen Konvention über die Unterdrückung und Bestrafung des Verbrechens der Apartheid[2] definiert, die von der UNO-Vollversammlung am 30. November 1973 beschlossen wurde und 1976 in Kraft trat, nachdem ihr 76 Staaten beigetreten waren. Eine Reihe von Staaten sind der Konvention bis 2010 nicht beigetreten: Australien, Deutschland, Frankreich, Israel, Italien, Kanada, Neuseeland, die Niederlande, das Vereinigte Königreich sowie die Vereinigten Staaten. Quelle
Es hat uns gefallen .
Teenie brauchte eine Weile, um zur Ruhe zu kommen.
Ich frage mich wieder einmal mehr, was die Menschen hier so erstarrt sein lässt.
Musik im Blut?
Davon halte ich nix.
Es ist die Kultur, die es ausmacht.
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Quasselstrippe, Plaudertasche, Sabbeltante.
Das war schon immer so.
Es macht mir Spaß, mit Worten zu jonglieren.
Beobachtungen, Erkenntnisse, Gefühle zu Buchstabenfolgen werden zu lassen.
Eine gelungene Redewendung, ein auf den Punkt gebrachtes Argument, der im Streitgespräch losgelassene Wortpfeil, der in’s Rote trifft – all das bereitet mir Freude.
Mit einem ähnlich veranlagten Gegenüber wird das Ergebnis des Austausches zuweilen zur angenehmen Nebensache.
Verständigung.
Diese spielt in der Welt der Sprache oft eine viel kleinere Rolle, als allgemein angenommen.
Nehmen wir nur mal die Statements der Politiker.
Oder der Experten dieser oder jener Fachrichtung, die mit tollen Präsentationen versuchen zu
glänzen und die uns doch nur wieder ein Stück Lebens(arbeits)zeit klauen.
Bestenfalls bekommt man hier Informationen.
Wie oft reden Paare, Freunde, Kollegen immer wieder aneinander vorbei?
Lehrer texten ihre Schüler zu, Eltern ihre Kinder.
Verstehen und verstanden werden
Wer möchte das nicht?
Fühlen, was das Baby braucht.
Der Mama ein Küsschen geben, weil sie traurig guckt.
Dieses entgegen nehmen.
Gemeinsam etwas herstellen, bearbeiten.
Zusammen Musik hören oder machen.
Für all das braucht es kaum Worte.
Dort, wo es richtig gut klappt, wird schnell das draus, was wir Liebe, Freundschaft und Gemeinschaft nennen.
Spricht man unterschiedliche Sprachen, steht einem nur ein begrenzter Wortschatz zur Verfügung, wird Kommunikation nicht zwingend sparsamer. Vielleicht sogar im Gegenteil.
Das Ohr hat weniger zu tun, die Achtsamkeit aller anderen Sinne wird vermehrt gefordert.
Eine geteilte gemeinsame Leidenschaft, Interessen, Hobbys, und die Intensität des „sich im anderen erkennen“ nimmt zu.
Es funkt, wörtlich genommen.
Was für ein schönes Gefühl.
Wer sehr engen Kontakt zu Menschen mit speziellem oder eingeschränktem Sprachvermögen hat weiß, dass es Worte oft nicht braucht, sie sogar Barrieren sein können.
Es gibt so viele Sprachen…..nimmt man die ohne Worte hinzu.
Alt, weiblich, Standard versus jung, männlich, Latin.
Charlotte Götze, eine junge Filmkünstlerin, zeigt in ihrer Dokumentation O Mundo Dá Voltas auf einfühlsame Weise zwei Menschen, die eine gemeinsame Leidenschaft auf unterschiedliche Weise teilen. (1)
What if there was a language everybody, regardless of origin, age or gender, could understand?
The maker’s very personal answer to that question is – dance.
Die Lebenssituation der beiden Protagonisten ist kaum vergleichbar und dennoch….aber seht selbst:
O Mundo Dá Voltas – Die Erde Dreht Sich
Wunderbar, wie sich hier Neugier, gegenseitige Akzeptanz, Respekt und Verständnis der Portraitierten am jeweils anderen entwickeln.
Zu verfolgen im ganzen Film : hier
Genug der Worte- anschauen.
(1) so und so Ich freue mich über Feedback. Um einen Kommentar zu schreiben, muss man nicht registriert sein.