Jeden Morgen komme ich daran vorbei.
Besonders jetzt in der warmen Jahreszeit sichtbar, nicht so versteckt, unterwegs.
Ich ändere meine Route immer mal wieder, lasse mir Zeit für die Suche nach Motiven für mein morgendliches Foto.
Egal, welchen Weg ich nehme, mindestens drei „Outdoor-Wohnzimmer“ kreuzen meinen Weg.
Es sind regelrecht eingerichtete Ecken – unter einer Fußgänger- Überführung am Hafenrand, in der abgelegenen Hauswand-Biegung einer Hochgarage und natürlich unter den Brücken und in Parks, die diese Stadt hat.
Es sind keine gewöhnlichen Wohnstellen. Es leben dort jeweils mehrere Menschen. In ihnen gibt es Kleinmöbilar, Gaskocher, ja sogar Deko und Kuscheltiere.
An der Hafen“-wohnung“ komme ich oft vorbei, nicht nur morgens. Sie ist anders.
Dort sehe ich häufig junge Menschen, die auf einen Plausch zu Besuch sind, Sachen bringen, sich kümmern. Im letzten Advent gab es sogar einen kleinen Tannenbaum.
Anders an der Garagenwand. Dort fahren die Menschen einfach nur vorbei. Aber auch hier: neben den Matratzenlagern, die wenn ich mal spät dran bin schon ordentlich zugedeckt sind, ein kleines Tischchen mit Tischdecke, darunter verstaut der andere Besitz.
Hier gibt es oft Übernachtungsgäste – der Bahnhofsnähe geschuldet.
Und wenn ich noch so oft daran vorbei komme – ein Blickkontakt, ein Lächeln scheint unmöglich.
Von beiden Seiten.
Niemals würde ich es wagen, meinen MorgenKlick von diesen Plätzen zu machen.
Dieses andere Leben, eigentlich prädestiniert dafür.
Tolle Motive, die mir täglich in’s Auge springen.
Meiner Idee vom MorgenKlick entsprechen.
Ich mache ja nicht nur Fotos, die man liken kann.
Tabu.
Nicht nur, weil es „Hausfriedensbruch“ und eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte wäre.
Und dennoch nicht ungeklickt.
Der Klick passiert in meinem Kopf.
Er löst ein Gefühl der Beklemmung, Hilflosigkeit, Angst und Scham aus.
Erleichterung, wenn ein kurzer Blick feststellt, dass die Schlafplätze nicht zerstört oder behördlich geräumt wurden.
In dieser Stadt der Wohlhabenden.
Das private Vermögen in Hamburg liegt bei 210 Milliarden Euro und ist damit mehr als acht Mal so hoch wie die Verschuldung der Stadt, die bei 25 Milliarden Euro liegt. Quelle
Weitere Infos dazu siehe hier
Ich freue mich über Feedback. Um einen Kommentar zu schreiben, muss man nicht registriert sein.