Härtefall Deutschland

Im schönen reichen Hamburg tut man sich schwer mit Inklusion. Das ist nichts neues und in D auch nichts einzigartiges. 

DIE ZEIT berichtet aktuell über einen 15jähriges autistischen Jungen, der trotz diverser Bemühungen einiger Behördenmenschen und hartnäckiger Lösungssuche der Eltern, auch über den Rechtsweg, statt in der Schule nun wieder einmal zu Hause sitzt:  Und wo soll er jetzt hin?

Das, was in dem Artikel geschildert wird, ist kein Einzelfall. 

Das, was dem Kind zugemutet wird, ebenfalls nicht. 

Eltern werden in gerichtliche Auseinandersetzungen getrieben, obwohl sie alles andere als das wollen und brauchen.

Und stehen schnell als Querulanten da. 
Der Artikel ist, von einigen Sätzen, die Steilvorlagen für Inklusionsgegner sind, gar nicht so schlecht. 

Sowas wie “ wahrscheinlich teuerster Schüler Hamburgs“ darf man einfach nicht in Zusammenhang mit Behinderung schreiben. 

Wenn schon, dann in Zusammenhang mit Erfolg, gewonnenen Wettbewerben, großer Begabung, Ruhm für uns alle. 
Die Reaktionen in den Kommentaren sind entlarvend.

Da werden in erster Linie die Eltern kritisiert. Zu anspruchsvoll, zu kämpferisch, sie sollen umziehen, sie machen das nur um Recht zu bekommen, kein wahres Interesse am Kind, hätten das Geld statt für Rechtsanwälte für Altersvorsorge für den Jungen anlegen sollen und sogar: die hatten doch schon 1 ( älteres)  autistisches Kind, wie konnten die weitere Kinder bekommen? 
Generell wird unterstellt, dass hier die Allgemeinheit unverhältnismäßig für Sonderlocken für Sonderlinge bluten muss. 

Immer wieder wird darauf hingewiesen, dass Regelungen ‚unter der Hand ‚ doch immer gingen. Ein Schlag ins Gesicht für alle, die nicht über Vitamin B oder besonderes Verhandlungsgeschick verfügen. 

Ich stelle mir Menschen vor, die einerseits gebildet sind, über Erfahrungen mit Behörden – Deals verfügen und gleichzeitig Eltern behinderter Kinder als egoistisch, gierig und machtgeil hinstellen.

Ekelhaft.

An anderer Stelle hat mich ein Beitrag auf Faz.net mit dem Titel ‚Die  Neue Präventionskultur –  Wir sind total kontrolliert ‚ nachdenklich gestimmt.

In diesem Artikel geht es darum, wie bereitwillig heute jeder Einzelne Selbstoptimierung und Selbstkontrolle  betreibt. Diese längst nicht vor der Optimierung/ Kontrolle noch nicht geborener Generationen halt macht und es eine verblüffende Kontinuität eines Gedankenguts, von dem wir denken, es hinter uns gelassen zu haben, gibt.

Es gibt sie immer noch, die Diskussion um leben-und unlebenwertes Leben. Nicht nur was die Geburt behinderter Menschen angeht, sondern auch in Bezug auf unser Ableben. 

Wie weit darf ein Mensch der Gesellschaft zur Last fallen?  Was ist, wenn seine Kosten den Nutzen überschreiten? Darf er sich selbst der Allgemeinheit zumuten?

Wunderbar, unsere Entscheidungsfreiheit.  NIemand muss jemandem zur Last fallen. Wir knipsen einfach das Licht nicht an oder aus. Ganz selbstbestimmt.

Wie soll Inklusion eigentlich gelingen, wenn unser ganzes System auf Selektion ausgerichtet ist?

Über die Kommentare zu dem Zeit-Artikel müssen wir uns wahrlich nicht wundern.
Ich freue mich über Feedback. Kommentare wie immer ohne Registrierung möglich.

When The Music’s Over…..

Vielleicht ist es völlig daneben, diesen post zu schreiben. Gehört sich nicht. Stört. Ich weiss es nicht, wie so vieles in diesen Tagen meiner bodenlosen Verunsicherung.

Das, was für den unvorstellbaren Verlust eines sehr nahestehenden Menschen an Verhaltenskodex vorgesehen ist, passt nicht. Nicht auf mich. Gedämpft, leise, unterdrückt, festgelegt.
Dezent ist nicht gerade die mich auszeichnende Charakterisierung.

Ich erinnere eines lebensbejahenden Menschen. Nicht einfach ‚ to handl‘ und oft genauso leidenschaftlich wie ich anderer Meinung, jedoch selten in Grundsatzfragen diese Welt betreffend.

Immer wieder fällt mir in diesen Tagen mein Aufenthalt vor Jahren in Westafrika an Allerheiligen ein. Mit Kind und Kegel, mehreren Autos, Essen und Trinken in Unmengen, nicht zu vergessen festlich gekleidet und von Musik begleitet, fuhren wir von Friedhof zu Friedhof, um auf dem Grabstein diverser Ahnen ein Picknick nach dem anderen zu verspeisen. Den ganzen Tag. Wie so viele andere Familien auch. Im Grenzgebiet lebend, erstreckte sich unsere Tour über 2 Länder und ich musste eigens für diesen Tag ein Visum besorgen. Die Wartezeit am Grenzübergang wurde allgemein gelassen hingenommen und es kamen Gespräche mit anderen ‚ Allerheiligen- Gesellschaften‘ zustande.
Es war ein Tag des Zusammenseins. Ein lebhaft-sinnliches Gedenken.

Mein erster Impuls nach der schlimmen Nachricht: hinfahren, im Kreise der Familie sein.
Der Wunsch, viel gemeinsame Zeit zu verbringen, eine Zeit des gemeinsamen langsamen Akzeptierens dessen, was unfassbar ist.

Unverschämt, wie ich lernen musste:
3 Tage extra frei bei Verwandten in erster Linie.
2 Tage Schulbefreiung.
Sowieso, noch dies und das und jenes des täglichen Alltags erledigen. Einfach tschüs und weg ist nicht.
Im Land der Planung, Absprachen und Reservierung.
Selbst wenn die Natur aus heiterem Himmel brutal daran erinnert, dass sie sich einen Dreck um unsere Sitten schert.

Ich will wissen, wie andere Länder / Kulturen mit dem Verlust eines geliebten Menschen umgehen.
Befrage die Maschine des Wissens zu Trauerkulturen.

Neben Werbung diverser Bestattungsunternehmen oder Ratgeber schlagen mir Worte wie diese entgegen :

Experten fordern neue Trauerkultur in Deutschland

Heute trauert Deutschland offiziell um die drei Soldaten……. doch der Umgang mit den Toten bewaffneter Konflikte fällt hierzulande schwer. Experten fordern eine andere Trauerkultur und raten zum Blick ins Ausland – etwa in die USA, nach Großbritannien oder Frankreich. hier

Hey, das meine ich nicht !
Und …. kann man Kultur fordern?

Ich finde so etwas wie ‚Knigge‘ für den Umgang mit Trauernden.
Fürchterlich.

‚Wir müssen Trauer wieder neu lernen‘ , heißt es auf einer anderen Seite:

Einen Grund für die große Unsicherheit im Trauerverhalten sehen Forscher darin, dass Tod und Sterben heute in der Lebenswelt der Deutschen nicht mehr selbstverständlich dazu gehören: Angehörige sterben meist nicht mehr zuhause, die Lebenserwartung ist gestiegen und so kommen viele Menschen direkt mit dem Tod höchstens durch den Fernsehkrimi in Berührung. Gleichzeitig gibt es in Deutschland eine sehr lebendige Trauerkultur – bei Migranten. hier

Quatsch. Niemand muss Trauer ‚lernen‘.
Die ist einfach da. Hat für jeden ein anderes Gesicht.
Die Unsicherheit im Umgang damit ist größer als früher, ja.
Ich habe z.B. als junge Jugendliche erleben dürfen, wie meine Großmutter im Familienkreis nach langer Krankheit gestorben ist.
Sowas ‚erleben‘ unsere Kinder wirklich meist nur im Kino.
Aber das ist nicht der einzige Grund für unsere verkümmerte, starre Trauerkultur.

Wir haben unser Leben untergeordnet.
Unter Notwendigkeiten, die sich Lebensstandard, Konsum und Arbeit nennen.
Über die Ökonomisierung des Lebens wird viel geschrieben, häufig kritisch.
Aber wir halten uns dennoch daran.
‚Arbeit lenkt ab‘, in diesen Tagen oft gehört.
A R B E I T ?????
Und warum soll ich überhaupt abgelenkt sein?

Unsere Trauer muss dezent sein.
Nicht zu sehr nach außen dringen.
Nicht stören.
Nicht zu lange andauern. Wer heute mehr als 2 Wochen tieftraurig ist, dem wird quasi laut Krankheitskatalog DSM 5 eine Depression attestiert. In früheren Versionen war es immerhin 1 Jahr.

Ich werde versuchen, mir eigene, für mich passende Abschiedsmomente zu organisieren, wie auch immer diese aussehen.

Ansonsten mich fügen.
Nicht laut schreien, das schickt sich nicht, ich weiß.

Aber ich werde nicht in schwarz gehüllt zur letzten Party des geliebten Menschen gehen.
Viel war innig, schön, lustig, abenteuerlich und kreativ mit ihm, viel streithaft, aber wenig konventionell.
Keine Maskerade.

Mögen die Menschen, für die dieser landesübliche Rahmen wichtig ist, mir verzeihen.
Wie diesen stillen Schrei in’s www.

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