Märchenstunde

Wisst ihr noch, wie das als Kind war, wenn ihr auf Entdeckungstour  ward?

Da gespielt habt, wo es ausdrücklich  verboten war?

In meiner Auszeit bin ich zufällig an so einen Ort gestolpert: ein stillgelegtes Sudwerk lud zum Verweilen im Hof ein.

Erst genoss ich eine Weile die an 3 Haselnüsse für Aschenbrödel erinnernde Kulisse, brav den Hof besichtigend. Eine riesengroße Linde in der Mitte. Ein Brunnen. Aber dann: die eine Tür da, halb offen. Dahinter eine Werkshalle, unbekannte alte Maschinen, die wohl zum Teil noch manuell bedient wurden. Leere Kanister, einiges Gerät, eine Öllampe und eine Tafel mit den letzten Aufträgen standen da herum.

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Auch die anderen Hallen mehr als verlockend. Durch die milchigen Fenster konnte ich ab und an einen Blick erhaschen in verstaubte Werkräume, die von einer anderen Zeit erzählten.

Das Beste aber war ein Schuppen, nur leicht mit Brettern zugenagelt. Kein Schloss weit und breit. Dafür zwei Bretter, die einen recht ordentlichen Abstand ließen, gerade genug, um mich hindurch zu zwängen. Klar, dass die ganze Bude einsturz-gefährdet war … aber zählt das in einem solchen Moment?

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Ich also rein und auch mein Begleiter, nicht ganz so schmal, hatte Glück und eine Latte wollte ein wenig Pause vom Zuhalten haben und löste sich mit nur sanftem Zug von den Streben.

Spinnweben, das unsichere Dach, rostige Nägel und allerlei anderes Bedrohliches waren schnell vergessen und wir bestaunten unseren Fund.

Fliesen, diverse Holz-und Emaille-Wannen, Werkzeug …. und Fasssadenornamente im Jugendstil.

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Selbstverständlich war auch ein weißes Pferd da. Ich meine, wenn man schon mal in einen Märchenfilm gebeamt wird, dann muss auch alles passen, oder?

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Ein kleines Erinnerungsstück in Form des großen, rostigen Nagels welcher raus musste um den Zugang zu ermöglichen, liegt nun vor mir und lädt mich dazu ein, öfter mal auf Zeitreise zu gehen. Tut nämlich saugut.

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Schattenspiel

»Ach,« sagte der gelehrte Mann, »ich schreibe über das Wahre und das Gute und das Schöne; aber kein Mensch macht sich etwas daraus, dergleichen zu hören. Ich bin ganz verzweifelt, denn ich nehme es mir so zu Herzen.«

»Das tue ich nie,« sagte der Schatten, »ich werde fett, und danach soll man trachten! Ja, Sie verstehen sich nicht auf die Welt, und Sie werden dabei krank.

Aus: Der Schatten von Christian Andersen

Gemessen an meinen Einkünften leiste ich mir/ uns ein nicht unbedeutendes Kulturbudget. Was allerdings nicht bedeutet, dass davon allzu viel für Kultur- Konsum übrig wäre. Aber dann und wann gönne ich mir ( und den Künstlern) dann doch mal ein Ticket, meinst spontan. So auch dieses Mal.

Chilly Gonzales mit seinem neuen Stück “ The Schadow “ spielt am Folgetag und mein Glück beschert mir einen einzelnen Restplatz mit guter Sicht. Ich hatte es bislang immer verpast, ihn life zu erleben und bin hoch erfreut über meinen Fang.

Die düsteren Märchen des dänischen Dichters Christian Andersen haben es mir schon immer angetan. Sie fangen nicht mit ‚ es war einmal ‚ an und sind in ihrer Sprache und Inhalt, verglichen mit den Märchen der Grimm- Brüder eher kompliziert. Als Kind habe ich oft nur ‚ Bahnhof‘ verstanden…..aber allein die Erzählweise reichte aus, um mich zu fesseln.

So ist es nicht verwunderlich, dass ich mir das Andersen- Märchenbuch unter den Nagel gerissen habe, als ich einst von zu Hause auszog.

Erst am Nachmittag vor der Aufführung schaffe ich es, mich durch die Süterli- bedruckten Seiten des alten Buches zu quälen. Was für eine schöne Konzert- Vorbereitung.

Im Märchen geht es um einen gelehrten Mann, der sich von seinem Schatten trennt, damit dieser Einblick in Welten bekommen kann, die ihm selbst verborgen bleiben. Der Schatten wird zum Menschen und im Verlauf der Geschichte wird der Gelehrte zum Schatten seines Mensch geworden Schattens. Er wird von seinem eigenen Schatten beherrscht und das nimmt kein gutes Ende.

Nachzulesen hier.

Die Show selber hat mir gefallen. Die Musik passte zur literarischen Vorlage und wurde sehr sparsam eingesetzt. Von Gonzales ist man eher Action gewohnt, aber diese blieb diesmal – zum Glück – aus. Es gab Schattenbilder und stummes Theater mit Kostümen aus Andersen‘ s Zeit. Unspektakulär. Auf Effektheischerei wurde verzichtet.

Mir gefällt das Stück. Die Musik passt. Selbst nach einigen Tagen sinniere ich noch über die Bedeutung des Märchens, die Art der Umsetzung auf der Bühne und die Erwartung an einen Künstler, selbst wenn er ein für ihn neues Genre bedient, dennoch wie immer sein zu müssen.

Die Kritiken könnten unterschiedlicher nicht sein : hier und hier

Und das sagt der Meister himself über sich :

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