„Wehe, wenn du mich enttäuscht,“ sagte Rosie.
„Ich erwarte permanente Verrücktheit.“
Das Rosie Projekt, Graeme Simsion , Fischer Krüger 2014
Don hat eine Assistenzprofessur am Institut für Genetik.
Gene, sein einziger und bester Freund , ausgewiesener Halodri vom Institut für Psychologie bittet ihn, einen Vortrag über das Asperger -Sydrom für ihn zu übernehmen.
Trotz geringer Vorkenntnisse und einem extrem durchgeplanten Tagesablauf, in den so ein Extra eigentlich nicht passt, übernimmt Don. Nicht ohne Recherche:
Natürlich wurden in den Büchern und Forschungsarbeiten auch die Symptome des Asperger-Syndroms beschrieben, und ich kam zu dem vorläufigen Schluss, dass die meisten davon lediglich Variationen der menschlichen Hirnfunktionen seien, die man unzutreffend als medizinisch auffällig eingestuft hatte, weil sie nicht den gesellschaftlichen Normen entsprachen. Gesellschaftliche Normen sind dabei jedoch kulturell bedingt und spiegeln nur die gängigsten menschlichen Konfigurationen wider anstatt das gesamt Spektrum.
Der Vortrag war für 19:00 an einer Schule in einem nahe gelegenen Vorort angesetzt. Ich kalkulierte zwölf Minuten für die Fahrt mit dem Fahrrad ein und gab weitere drei Minuten dazu, um meinen Computer hochzufahren und mit dem Projektor zu verbinden. ( S.13 )
Schnell wird dem Leser klar, dass Don mit dem Thema selbst mehr zu tun hat, als er selbst ahnt. Als er seinen Freund bei der Veranstalterin mit Angabe des wahren Grundes – ein Date – entschuldigt, kommt er hinsichtlich der Ausrede in Bedrängnis:
Es scheint mir kaum möglich, eine derart komplexe Situation, in der es um Täuschung und Einschätzung der mutmaßlichen emotionalen Reaktion eines anderen Menschen geht, zu analysieren und dann eine eigene plausible Lüge zu entwerfen, während man gleichzeitig ein Gespräch in Gang halten muss. Aber genau das ist es, was die Leute von einem erwarten. ( S. 16 )
Don macht seine Sache gut.
Die Zuhörer, betroffene Kids, sind begeistert, die Eltern und Veranstalterin eher weniger.
In einem nachfolgenden Gespräch mit der Veranstalterin des Vortrags weist diese ihn darauf hin, dass viele Menschen gar nicht wissen, dass sie Asperger -Autisten sind. Und während Don noch daran denkt, dass man das doch mit einem Fragebogen ermitteln könnte, bekommt er eine geniale Idee, um eines seiner eigenen, ihm unter den Nägeln brennenden Probleme anzugehen.
Eine Zeitlang haben Gene und Claudia ( Genes Frau, A.d.V.) versucht, mir beim Partnerin- Problem zu helfen. Leider beruhte ihr Ansatz auf dem traditionellen Verabredungsparadigma, das ich bereits aufgegeben hatte, da die Erfolgswahrscheinlichkeit in keinem Verhältnis zu Aufwand und negativen Erfahrungen stand.
Ich bin neununddreißig Jahre alt, groß, durchtrainiert und intelligent, mit relativ hohem gesellschaftlichen Status und überdurchschnittlichem Einkommen als Assistenzprofessor.
Gemäß den Gesetzen der Logik sollte ich für eine ganze Reihe von Frauen attraktiv sein. …….
……Schon immer habe ich mich schwergetan, Freundschaften zu schließen. Und die Mängel, die diesem Problem zugrunde liegen, scheinen auch meine Bestrebungen hinsichtlicher romatischer Beziehungen zu beeinträchtigen.
( S. 9 )
Don beschließt, einen Fragebogen zur Ermittlung der perfekten Ehepartnerin zu entwickeln und geht dabei äußerst akkribisch vor.
Beratung dabei erhält er von seinen Freunden Gene und Claudia.
Mit dem Fragebogen ist es natürlich nicht getan, er muss Frauen finden, die ihn ausfüllen und eine Reihe von realen sozialen Begegnungen in Kauf nehmen.
Die kommunikativen und konventionellen Fallstricke, in denen er sich dabei immer wieder verheddert, hindern ihn nicht, sein Ziel hartnäckig zu verfolgen.
Er lernt die eher chaotische Rosie kennen, die sich von Anfang an als Ehefrau disqualifiziert und ihm seinerseits ihr Projekt, die Suche nach ihrem biologischen Vater, schmackhaft macht.
Wir erleben eine Reihe von tragisch- komischen Ereignissen, in denen Don zum einen über sich selbst hinaus wächst, zum anderen aber seine Grenzen erkennt und schlussendlich zu sich selbst findet.
Letzteres führt jedoch über den Irrweg des sich Verstellens, woran seine Freunde Gene und Claudia mit ihren (neurotypischen) Tipps nicht ganz unschuldig sind und was fast beinahe dazu führt, dass Don seine absolut unpassende Rosie doch nicht bekommt.
Eine kurzweilige, humorvolle Geschichte mit einer Spur (Selbst?)Ironie erzählt.
Beste Urlaubslektüre.
Und wer jemals mit Asperger-Autisten zu tun hatte oder selbst einer ist, wird so einiges aus seinem eigenen ( Beziehungs-)Leben wieder erkennen.
Aber natürlich komplett unwissenschaftlich.
Daran ändert auch der beste Fragebogen als roter Faden der Geschichte nichts.
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