Zwischen dem derzeitigen Umgang mit Behördenwillkür, Behinderte ausgrenzender Arbeitswelt , Rheuma, Polizeifestspielen G20 und viel, viel, Bürokratie gibt es in unserem privaten Universum immer wieder Lichtblicke.
Umstritten, teuer und genial
Zu Recht umstritten: das neue Konzerthaus vor Ort. Als Rheumi hat man ja nicht so viel zu tun und kann sich stundenlang vor den Rechner hocken. Besonderes Highlight ist immer wieder die überlastete Software für die Kartenbestellung.
Immerhin hatte ich das Glück, bereits einigen Konzerten im großen Saal zu lauschen, wenn auch nicht ganz so, wie gewünscht: das Geburtstagsgeschenk für meinen Gefährten verbrachten wir mit 12 Reihen zwischen uns, dafür bekam ich für ein weiteres Konzert aus der sehr preisgünstigen Reihe „Konzerte für Hamburg“ von den 2 georderten Tickets nur eines ( das habe ich dann verschenkt) und zu den Elph-Cellisten habe ich mich aus gleichem Grund ebenfalls unfreiwillig ohne Begleitung ins Konzert begeben. Was sich musikalisch mehr als gelohnt hat. Übrigens, kaum zu glauben, wie viele ältere Herren dort alleine rum lungern…. ich hatte nette Pausen-Gespräche, ist das die Alternative zum alleine-in -die Disco-gehen für Ü50? 😉
Gut geklappt hat die Kartenbestellung für ein Sonntag-Vormittags-Konzert einer jungen Geigerin aus Norwegen, bei dem mich Teenie begleitet hat. Ganz prima war die konzertante Aufführung von Wagners Rheingold….auch wenn stundenlanges Sitzen ohne Pause die Gelenke gut gefordert hat. Letzteres übrigens ein Geschenk zum Geburtstag, welches gleichzeitig schönen Stunden mit der besten Freundin bescherte…
Nein, ich bin nicht reich geworden. Für die Karten haben ich zwischen 18 und 35 Euro gezahlt. Und immer gute Plätze gehabt. „Konzerte für Hamburg“ ist ein gutes Konzept, dass es möglich macht, für recht wenig Geld in den Genuss von guter, nicht nur klassischer Musik zu kommen. Ebenfalls positiv : 50% Ermäßigung bei Schwerbehinderung bei fast allen Konzerten, und zwar ab GdB 50. Ungewohnt sogar bei den regulären Konzerten: das gemischte Publikum. Teenie hatte in den letzten Jahren nicht wirklich Lust, klassische Musik zwischen Rentnern sitzend zu hören… das war in der Elbphilharmonie deutlich anders bei unserem gemeinsamen Besuch. Hier fanden sich zudem nicht nur Bewohner*innen der Elbvororte ein. Ich hoffe sehr, dass das bleibt und nicht nur der Neugier auf den neuen teuren Musiktempel geschuldet ist.
Die Akustik ist super. Was mir jedoch gefehlt hat, ist die Übertragung der Schallwellen durch das Baumaterial…in der guten alten Musikhalle spürt man die Musik oft körperlich durch leichte Vibrationen, sogar wenn man ganz oben und weit weg von der Bühne sitzt. Na ja, vielleicht soll das heute mehr so studio-mäßig sein.
Nicht so groß gewachsene Menschen wie ich können überall gut sehen. Mir gefällt der Blick in das Orchester hinein. Zu sehen, wie die Musiker*innen zusammen arbeiten, sich mit ihrem Instrument einbringen, die Musik entstehen lassen.
Wehrmutstropfen: Karten für Pop,- Jazz oder Worldmusik habe ich noch nicht ergattert. Aber da bleibe ich dran.
Sommer, Sonne, Stadteilfest
Umsonst und draußen kann man sich ebenfalls beschallen lassen. Einfach in der Sonne sitzen, die Menschen an sich vorüber ziehen lassen, der Musik lauschen. Teenie liebt die Musik indigener Völker und es gibt eine ganz spezielle Gruppe, die jedes Jahr wieder zu unserem Fest kommt und für ihre Darbietung ein recht lauschiges Plätzchen inmitten des Trubels gefunden hat. Der Krach von den großen Rock-Bühnen ist ja heftig und mischt sich meist mit den Disco-Sounds irgend welcher Fressbuden. Und so kommt es, dass sich etwas abseits vom großen Remmidemmi ein kleines freakiges Stammpublikum einfindet, gemischt mit den eher Verlorenen unserer Gesellschaft, die sich auch ohne Fest an diesem Ort aufhalten. Das wirkt erst ein wenig befremdlich, aber wenn man sich darauf einlässt, ist es recht vergnüglich. Es wird zugehört, getanzt und geklatscht und es ist ganz egal , ob man dabei Markenschuhe trägt oder Discounter-Treter, ein bürgerliches Äußeres zu bieten hat, jung, alt, hübsch oder hässlich ist.
Nebenbei bekommt man auch von dort genug vom allgemeinen Treiben mit.
Der Wind, der Wind….
Nach dem G20 suchen wir Ruhe und Natur auf dem Deich in der Nähe.
Eingepackt unser Lenkdrachen, dessen Mitnahme bisher absolute Windstille sogar an der Küste garantiert hat. Aber schon auf dem Weg, den Deich längs, schreit Teenie mir ins Ohr: „muss der Wind so laut sein ?“
Dabei reichte er gerade so, dass es zum Jungfernflug des Drachens kommen konnte und damit strahlende Augen und Dauerlächeln in Teenies Gesicht zauberte.
So einfach kann abschalten sein. Auch vom Windgetöse.
Malle to stay ?
Das älteste Theater Hamburgs, direkt auf dem Kiez, bietet zur Zeit eine Musik-Show über das Motown-Label. Auf der Bühne gute Arbeit der Musiker*innen, das hätte was werden können. So ohne Publikum, oder mit anderem. Hinter uns eine Gang mittelalter angetrunkener Frauen, die es noch mal krachen lassen wollen. Und mitsingen, sehr laut und falscher geht’s nicht. Nicht nur für Teenies sensible Ohren eine Herausforderung.
Von „Malle für alle“ haben wir uns urlaubsmäßig bisher fern gehalten, das ist nicht so unseres. Ok, das kann man also auch hier bekommen. Angetrunkenes Party-Volk gehobenen Alters…meine Güte. Schade für die Show.
Der Gang danach auf der Reeperbahn eher traurig. Das war schon früher nicht meine Gegend. Aber jetzt… da hilft auch kein Beatles-Platz.
Teenie dauert es, dass sie keine Freund*innen hat, mit denen sie mal losziehen kann. Was sie hier sieht, ist ihre Welt nicht.
Und so klingt dieser Abend aus mit Gesprächen über Vermarktung afro-amerikanischer Musik, Benehmen im Theater, Sehnsucht nach dabei sein und angenommen werden und dem Wunsch, eine Jugend zu haben wie andere auch und doch anders sein zu dürfen.
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