2018 over

2018 war hier meistes Sendepause. Dabei gab es genug Themen, zu denen ich hätte bloggen können. Mehr als genug. Rheumi gab mir 2017 Gelegenheit, mir Gedanken über grundsätzliches zu machen und konkretes zu planen. Im denken und planen bin ich gut und das mündet in (oft) grandiosen Plänen, deren Umsetzung etwas schwieriger als deren Entstehung ist und hängt leider nicht nur von mir allein ab.

Weichen stellen

Pläne lassen sich nicht verwirklichen, wenn man nicht bereit ist, Entscheidungen zu treffen. Manchmal sind es nur Nuancen, die angepasst werden, manchmal reißt man das Ruder rum, um einen anderen Weg einzuschlagen. 

Ohne Moos nix los

Beruflich hätte ich gern letzteres getan, aber von irgendwas muss ich leben und deshalb reichte es nur zu minimalen Anpassungen. Immerhin habe ich meine relative Gesundheit erhalten und aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Neben dem, was nach fast 30 Dienstjahren nicht mehr ganz so spannend und inspirierend ist, konnte ich in diesem Jahr wieder meinen Lieblingsworkshop durchführen und politisch engagierten Menschen zu mehr „Stimme“ verhelfen. Nein, keine Rhetorik- es geht um den Einsatz und Training unserer Sprechwerkzeuge, und jeder Workshop ist voller aha-Momente auch für geübte Redner_innen. Außerdem lachen wir uns über uns selbst schlapp, wenn Verhaspler, Kickser und Koordinationsschwierigkeiten mal überhand nehmen.
Bitte mehr davon in Zukunft.
Soviel sei verraten: ich stricke an einem Konzept für junge Autist_innen, die mehr Sicherheit in Gesprächen erlangen wollen. Darauf bin ich sehr gespannt.

Verdummt euch doch selber

Im Frühjahr war das Maß voll.
Lieber keine Maßnahmen von welchem Sozialträger auch immer als solche, in der Würde, Selbstbestimmung und Entwicklung nichts als leere Worthülsen sind.
Auch keine Begleitung von Therapeut_innen, die es nicht ertragen können, dass es nicht um Heilung bei Autismus geht. Die soziale Anpassung
(Maskierung) dafür halten, um sich selbst erfolgreich zu fühlen.
Seitdem Twen nicht mehr von sogenannten Fachleuten in die Selbstverleugnung, Unselbständigkeit und Depression getrieben wird, geht es ihr zunehmend besser.
Wir trauten uns kaum, diesen krassen Schritt zu gehen, weil ja Nichts-(erwerbsmäßiges)- Tun das vermeintlich Schlimmste überhaupt in unserer Leistungsgesellschaft ist. Und weil es doch für jede_n eine passendende Maßnahme gäbe.
Für Twen und auch für mich als Begleiterin ist es richtig wie es jetzt ist. Andere Jugendliche bekommen 1 Jahr Ausland gesponsert. Und ich soll mich schlecht fühlen, wenn ich meinem Kind 1 Jahr Auszeit von institutioneller Diskriminierung, Bevormundung und Demütigung schenke? Wenn Twen später evtl. einen miesen Job machen muss, dann wenigstens gegen Entgelt und nicht nur für Taschengeld weit unter Mindestlohn. Aber soweit ist sie noch nicht. Kommt Zeit, kommt Rat. Und mit etwas Glück: Tat.

Durchgeboxt

Einfach teilhaben–  so heißt eine Broschüre des BMAS, in der die Möglichkeit von Teilhabe-Leistungen als persönliches  Budget (PB) erklärt wird. Wer das PB bekommt, kann sich seine Assistenzleistungen mit dem ihm zur Verfügung gestellten Geld selbst einkaufen. Das heißt, die Assistent_innen selbst aussuchen und tritt als Arbeitgeber_in auf, nicht als Teilnehmer_in irgendeiner Maßnahme. Ein großer Schritt in Richtung Selbstbestimmung für Menschen mit Behinderungen.
„Einfach“ zu haben ist das aber nicht.
Zumindest in der Stadt der Pfeffersäcke bevorzugen die Sozialbehörden pauschale Leistungen an große Maßnahmeträger, in deren Konzept sich die Menschen mit Behinderungen dann mit (oder entgegen?) ihren Bedürfnissen einzufügen haben.

Obstinat

Schon meine Oma sagte immer zu mir: sei doch nicht so obstinat!
Doch, bin ich. Besonders bei Behörden und wenn es um Twen geht. 
Deshalb kann Twen jetzt selbst bestimmen, wer sie unterstützt, natürlich in dem Rahmen, in dem ihr vom Amt Unterstützungsbedarf zugestanden wird. Dafür bekommt sie ein monatliches Budget, mit dem sie ihre Leute bezahlen kann.
Das Ganze war für uns sehr anstrengend und eine, wenn auch unfreiwillige Bildungsmaßnahme zugleich.
Nun freue ich mich darauf, dass ich mein durch diesen Höllenritt erworbenes Wissen 2019 weitergeben darf als Referentin in diversen Autismus -Selbsthilfegruppen und Vereinen.

Dreamteam 

Unser Fell-Peer Locke ist das Beste, was sich dieses Jahr in unser Leben gewuselt, getobt und geschmust hat. Twen und sie sind ein Dreamteam. Seit September sind die beiden  ein Azubi-Team in der Assistenzhundeschule. Sie machen beide ihre Sache bestens.IMG_1896 Im kommenden Frühjahr legen beide ihre erste Prüfung ab und bis dahin wird noch fleißig geübt. Dann gibt es auch eine Erwachsenen-Kenndecke 🙂
Das Verhalten von Kaniden und Pferden -und ihre Bindung zu Menschen – ist u.a. schon lange Twens Spezialthema und ich staune immer wieder, wie einfach und tiefgreifend die Verständigung zwischen ihr und Tieren ist. Und wie leicht sie im Umgang mit Tieren ihr theoretisches Wissen umsetzt.
Twen bekommt nun endlich eine konkrete Vorstellung davon, was Teilhabe heißen kann: so viele freundliche und wertschätzende Kontakte zu anderen Menschen hatte sie noch nie. 

Zur Kasse bitte und draußen bleiben

Schlecht ist leider die Rechtslage in Deutschland, was die Anerkennung von Assistenzhunden als Hilfsmittel angeht. Das heißt, Anschaffung und Ausbildungskosten trägt der Hundehalter.
Damit sich das ändert, wird Pfotenpiloten e.V. im kommenden Jahr eine
 Zutrittskampagene, unterstützt vom BMAS, durchführen. Achtet mal drauf.  Ausgebildete Assistenzhunde sollen überall willkommen sein, wo Menschen sich in Straßenkleidung aufhalten dürfen. In anderen Ländern schon längst kein Problem mehr. Dort gibt es Standards für die Ausbildung und klare Rechte auch für Assistenzhunde, die nicht Blindenführhunde sind.

Platz da

Mit einem heldenhaften Einsatz hat die weltbeste aller Nichten mich vom Chaos meiner langjährig gehorteten Bürokratie befreit. Sie staunte nicht schlecht, was für Kram man im Leben alles ansammeln kann, welche absurden Schriftwechsel geführt werden und verdammt noch mal: so viele Behörden gibt es? Fortan heißt es, wehret den Anfängen, was leichter gesagt als getan ist. Ablage ist noch schlimmer als abwaschen als Wassergymnastik..
Kleiner Tipp: Tapeziertische sind multifunktional.

Engagement

Es ist toll, wenn man Ideen verwirklichen kann. Wenn man Mitstreiter*innen hat, die mit einem gemeinsam Dinge voran bringen.

Trampelpfade

  • Netzwerk

2018 war ein Jahr, in dem uns das mehrfach gelungen ist. Aufgrund einer großen Veranstaltung 2017 zum Thema Arbeit und Beruf für Autistinnen ist ein Netzwerk der norddeutschen  Berufsbildungswerke entstanden, in dem konkret personenzentrierte Maßnahmen entwickeln werden. Das Schöne dabei: das Eltern-Know-How wird abgefragt  und auch Betroffene sind einbezogen.

  • Fachtag

Mit einem Fachtag „Wege entstehen, indem man sie geht“- im Herbst zum selben Thema erreichten wir 160 Menschen. Fachkräfte der Maßnahmeträger, Verantwortliche der Kostenträger und Verbände sowie Arbeitgeber_innen.  Die Resonanz war sehr positiv: erstmals hatten wir es vor Ort geschafft, dass sowohl NTs als auch ATs referierten oder Workshops leiteten. Auf Augenhöhe. 

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Dr. Riedel, Universität Tübingen

Deutlich wurde, wie viel Unwissen es noch immer über das Autismus Spektrum gibt und wie hartnäckig sich Vorurteile über Möglichkeiten der Berufsausübung halten. Etwas aufgeräumt damit  hat ein Arbeitgeber, der mit der Beschäftigung einiger Autist_innen, darunter auch ein  Rettungssanitäter,  gute Erfahrungen gemacht hat.

Muss ich noch erwähnen, dass das Team Twen-Locke dabei war und in vielen Einzelgesprächen Aufklärungsarbeit geleistet hat?

Einfach Meer erleben

Die größte Schnapsidee des Jahres war unsere Urlaubsreise an die Steilküste der Ostsee mit uns zuvor nicht bekannten jungen Autistinnen. 

Ich ärgere mich schon so lange darüber, dass es für junge Autistinnen keine guten Reiseangebote gibt. Also habe ich kurzerhand gemeinsam mit Twen und Locke eines entwickelt. Mein Job war im Wesentlichen die Organisation dieser abenteuerlichen Expedition von 6 Frauen und 3 Hunden und die Koordination vor Ort.

Vieles habe ich dazu gelernt, z.B. was besser ganz klar im Vorfeld abgeklärt werden sollte. Sagen wir mal so: wäre es eine NT-Reisegruppe (oder Seminar) gewesen, so hätten spätestens am ersten Abend die wechselseitigen Ausgrenzungsmaßnahmen begonnen. Wir aber waren ALLE daran interessiert, trotz unserer Unterschiedlichkeiten einige erholsame Tage miteinander zu haben und die gegenseitige Toleranz war entsprechend hoch.IMG_1931
Das ist Motivation für weitere Reisen dieser Art. 
Im Gegensatz zu herkömmlichen Angeboten wird es weder pädagogische, noch therapeutische Begleitung geben, sondern nur eine organisatorische Klammer. 

 

Wohn-Idee

Kleine Wohnungen für junge Autist_innen. Dafür sorgt unser kleiner Verein, der mit einer Wohnungsbaugenossenschaft eine Kooperation eingegangen ist. Alleine wohnen, ohne zu vereinsamen. Das ist die Idee. Da stecke ich gerne Energie rein. Nicht ganz uneigennützig.

Die Weltlage 

Krieg, Flucht, Rassismus, Diskriminierung,  Ausbeutung, Umweltzerstörung. Zu viele Menschen, denen das bestenfalls egal ist. Zu wenige, die sich für einen Gegenentwurf engagieren.
Soviel dazu.

Musik, Freunde und Kultur

… kamen 2017 zu kurz. Das Cello glotzt mich vorwurfsvoll an. Für 2019 habe ich Besserung gelobt. Einige Tickets sind schon geordert. Im Chor wird zunehmend nicht nur gesungen, sondern auch gefeiert. Das wurde mir oft zu viel. Der Auftritt in der Elphie und unser Jahreskonzert waren toll.  Ein Doppelkonzert habe ich geschwänzt und auch unsere Studioaufnahme. Mein Agreement deshalb mit dem Chor für die Zukunft: singen ja, Smalltalk in Großgruppen eher nein. 

6 Jahrzehnte Gurkenbekannte *

Ich bin ein Kind der Dunkelheit, wenn man von der Rundum-Festbeleuchtung der weihnachtlich geschmückten Umgebung absieht. Noch bevor das Hosianna am heiligen Abend in den Kirchen erklingt, gibt es für mich jährlich ein Geburtstagsständchen. Diesmal etwas lauter angesichts meines ehrwürdigen Jahrestages. 

Meine lieben mehr oder weniger speziellen Freund_innen, Bekannten und Kolleg_innen waren geladen und sogar erschienen. Da der kleinste gemeinsame Nenner der meisten von ihnen Zerstreutheit ist, wurde immer wieder vergessen, wann es denn losgeht und wann endet. Das war jedoch nicht weiter schlimm. Fast alle hatten eine längere Anreise, es fand eh´ vor den Stadttoren statt und so kamen einige bereits am Freitag in der Unterkunft an, andere blieben bis Montag. Dank meiner geduldigen Erinnerungs-Nachrichten klappte es dann doch mit einer gemeinsamen Feier ALLER Gäste. Für Twen, Locke und mich war es jedoch ein 4-Tage-Feier-Marathon.
Schmerzlich vermisst  habe ich meine beiden Schwestern und meine Mutter, die mich vor 4 Jahren vom Mitglied eines Weiberclans zur geschlechterparitätisch besetzten Hälfte einer Restfamilie – zumindest wenn man die Nachkommen außer Betracht lässt – gemacht haben.
Erfreut war ich hingegen über einen großen Tisch mit politisch interessierten und engagierten Youngstern der Familie.

Knobeln und Hibbeln

Puzzlespiele und Holzkreisel  auf den Tischen ersetzten die mir empfohlene anfängliche Schnitzeljagd zum Kennenlernen der anderen Gäste
(allgemeine Erleichterung),  Twen führte Interviews mit ausgewählten Gästen durch ( Erhellung und Erheiterung ) , es gab die erste widersynnige Gurkenpreisverleihung an die schrägsten meiner  Lieben
(Spaß und wohlwollende Verwunderung ) und ordentlich Speis und Trank.

Satz mit X

Ja, das gab es auch in diesem Jahr. Missglückte Versuche, unrealistische Pläne, die üblichen Fahrplanabweichungen des Lebens. So what…

Tempo raus

Gefühlt  hatten wir in diesem Jahr Veränderungen im viertel-Stunden-Takt. Und dabei ist doch gar nicht so viel passiert. Alleine die Abwesenheit diverser Energiefresser hat  viel Lebensqualität gebracht. Und dann noch dieser Sommer. Seit langem eine positive Bilanz.  Twen schaut bei aller materiellen Unsicherheit zuversichtlich in die Zukunft. Dennoch – nach diesem ereignisreichen Jahr darf es ruhig wieder etwas ruhiger werden.  Neue Verbindungen und Veränderung, ja. 
Aber alternsgerecht, wenn ich bitten darf.
Dann bleibt auch wieder mehr Zeit für meine Freund_innen.
Wir sind bereit für 2019.

Euch, liebe Blogger_innen und Leser_innen…

… möchte ich weiterhin nicht missen, weder aktiv noch passiv. Über Kommentare freue ich mich immer und auch wenn in diesem Jahr hier weniger blogs zu lesen waren, so habe ich dennoch viele von euch gelesen. So manches Mal habe ich überlegt, ob ich diesen Blog weiterführen will. Zu viel Privatkram? Oft schon habe ich eure schlauen Gedanken bei der Bewältigung meines Alltags aufgegriffen. Dafür vielen Dank. Ich schreibe weiter, vielleicht kann ich ja was zurückgeben damit.

Euch allen frohe Festtage und einen guten Start in ein engagiertes 2019.

Eure LEIDENSCHAFTLICHWIDERSYNNIG

* Teenies pubertäre Bezeichnung für meine wunderbaren  neurodiversen Freund_innen

 

 

Teilhabe, die x-te

Seitdem ich für mich beschlossen habe, dass ich mich mit meinem nun in mehr als 2 Jahrzehnten (bewusst)   angesammeltem  Wissen über Neurodiversität nicht in mein stilles Kämmerlein zurückziehen werde ( wonach mir manchmal ist),  sondern auch weiterhin für Inklusion, Teilhabe und ein selbst bestimmtes Leben für alle Menschen aktiv sein möchte, besuche ich wieder öfter  Veranstaltungen zum Thema. Manchmal sind es Fachveranstaltungen, manchmal kulturelle Anlässe.

Schöne Konzepte

Im Rahmen der örtlich gerade stattgefundenen Inklusionswoche wählte ich zunächst die Veranstaltung einer gewerkschaftsnahen Organisation, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Betriebe darin zu unterstützen, schwerbehinderte Menschen weiter oder erstmals zu beschäftigen. Konkret ging es um den Einstieg in das Erwerbsleben nach der Schule. Ziel der Veranstaltung war, Möglichkeiten aufzuzeigen, wie Inklusion auch in der Arbeitswelt umgesetzt werden kann. Es wurde ein Pilotprojekt der Berufsorientierung vorgestellt, dann erklärte die Bundesagentur für Arbeit, welche Maßnahmen und Fördermöglichkeiten es gibt.
Im Publikum: interessierte Profis von Maßnahme -Trägern, Berufsschule, Handwerkskammer, Betriebsräten, Schwerbehindertenvertretungen usw.
Ach ja, es gibt wirklich tolle Konzepte. Wie kommt es nur, dass bei den Betroffenen so wenig davon ankommt?
Wer absoluter Neuling auf diesem Gebiet war, hat sicherlich etwas  gelernt. Für alle anderen lag der Nutzen der Veranstaltung wohl eher in der Möglichkeit der Vernetzung. Ist ja schon mal was.

Im Pausengespräch merkbar: fast alle Teilnehmer, die sich hier engagierten, sind durch eigene Betroffenheit oder durch betroffene Familienangehörige zum Thema – auch der beruflichen Vertiefung damit- gekommen. So viel zur Verantwortung ALLER.

Knapp vorbei ist auch daneben

Um Armut und  Behinderung sollte es bei einer weiteren Veranstaltung, zu der eine Bürgerschaftsfraktion eingeladen hatte, gehen. Das Setting: die klassische Podiumsdiskussion. Immerhin waren hier 2 Vertreter von Schwerbehindertenverbänden geladen, ansonsten sich selbst als inklusive Einrichtungen verstehende Träger ( Integrationsfachdienst und Integrationsfirma) sowie ein Sozialverband, der Menschen unterstützt, deren Arbeitsfähigkeit unterhalb der für eine Werkstatt geforderten 3 Stunden täglich liegt. Um es vorweg zu nehmen: Der Vertreter dieser Gruppe war der einzige Podiumsteilnehmer,  der Selbstbestimmung und Würde unabhängig von individueller Leistungsfähigkeit einforderte. Wobei auch ihm klar war, wie utopisch sich so eine Forderung in unserer exklusiven Leistungsgesellschaft – ja, davon redete er- anhört

Zwar wurde in der Einführung zum Thema geschildert, dass Behinderung fast schon ein Garant für Armut ist bzw. zumindest meist die Gefährdung von Armut mit sich bringt. Aber auch dann wieder: Berichte über schöne Konzepte und Möglichkeiten. Kritisch zum Glück die Vertreter der Behindertenverbände, wenngleich sie überwiegend darstellten, dass der Behördendschungel eine der größten Barriere für Teilhabe darstellt und ansonsten die Besonderheiten ihrer jeweiligen Bedarfe schilderten ( Sehen und Hören ).

Auch auticon war mit einem Kurzbeitrag zugegen.

Das Publikum: Interessierte, Eltern, Werkstatt-Beschäftigte. Leider gab es immer nur wenig Zeit für den Austausch. Beschäftigte aus den WfbM kritisierten zu Recht, dass es dort noch nicht einmal den Mindestlohn gibt.

Die Moderation ( oder war es das Konzept?) ließ zu wünschen übrig, denn nach jeder Wortmeldung kam die penetrante Rückfrage, an welchen Podiumsteilnehmer sich die Frage denn richte – auch wenn es gar keine Frage war. Was ich kritisierte, denn ich hatte nicht nur Fragen, sondern Ideen, was denn unsere Landesregierung mal anfassen könne ( ich glaube, die Kernpunkte kann ich schon im Schlaf aufsagen, gebetsmühlenartig…..).

Peinlich: das Thema Armut kam fast gar nicht mehr vor in der Diskussion, falls man den Austausch überhaupt so nennen darf. Ich habe das Unwort trotzdem mehrmals genannt. Denn selbst, wenn ein Behinderter einen Job auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt findet, ist das oft ein Job, der im Niedriglohnsektor angesiedelt ist. Muss er dann vllt. Teilzeit arbeiten, muss er aufstocken. Wer in einer WfbM arbeitet, ist sowieso arm.

Kunst und Kultur

Ein Inklusionsfest sollte es sein. Zumindest gab es Kunst zu betrachten, entstanden von und mit Menschen mit Handicap: Malerei, Theater, Musik.
Bestimmt waren die Beiträge gut. Sicher hätte mir einiges Spaß gemacht.
Ausnahmsweise fehlten mir die Menschen ohne Behinderung. Ist ja sonst anders rum.

Die inklusive Welt war exklusiv für sich.
Ich hab es nicht ausgehalten, dort.

 

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Zusammen kommen

Nachdem die schönen Altbauten eines traditionellen Arbeiterviertels meiner Heimatstadt Anfang der 70er Jahre platt saniert wurden, landete ich als Jugendliche samt Familie in einem noch fast unerschlossenen Hochhausgebiet am Ar*** der Welt.
Bezahlbaren Wohnraum, in dem eine Großfamilie erwünscht war, fanden wir in den beliebten Gegenden unserer Stadt nicht.
Für uns bedeutete das: sehr langer Schulweg, Schwierigkeiten, sich mit Schulfreunden zu treffen, keine Einkaufsmöglichkeiten und ja: Vorurteile, wenn man sagte wo man wohnt.
Aber auch: Natur, Zusammenhalt und Freundschaften, Schulwechsel und Umorientierung, Selbstbewusstsein.

Ein Elternteil konfrontierte uns später 1 mal mit der Frage , ob wir nicht doch in so ein hübsches Reihenhäuschen am Rande des Neubauviertels umziehen wollten und hatte auch schon was Feines ausgesucht….. unser Protest hätte nicht größer sein können.
Wir hatten ‚ unser ‚ neues Viertel gefunden und wollten dort bleiben, was sollten wir in so einem ‚ Spießerhäuschen‘ ?
Zum Glück hatten wir Eltern, die sich nicht als alleinige Bestimmer sahen.

Meine Mutter lebt noch immer dort.
Sie möchte nicht weg.
Dort sind ihre langjährigen Nachbarn und Freunde, oft Eltern unserer Freunde, es gibt eine Infrastruktur, die Anbindung an den Rest der Welt per U-Bahn, Vereine und Kultur.

Sie nimmt aktiv teil am kulturellen Geschehen des Viertels.
Hat viele neue Freunde dort gefunden, manche deutlich jünger und selbst jetzt, schwer erkrankt, wird sie von eben diesen rührend umsorgt.
Wer auch immer behauptet, in diesen Stadtvierteln gäbe es nur Anonymität, Kriminalität und Hoffnungslosigkeit hat, gelinde gesagt, keine Ahnung.

Da gibt es z.B. das Café Carré.
Ein Treffpunkt für Senior_innen.
Schachspiel, Tanz, Gymnastik, Musik, Literatur und mehr wird von überwiegend ehrenamtlich engagierten Menschen organisiert und durchgeführt.

Meiner Mum liegt das Literaturcafé am Herzen.
1 Mal im Monat wird ein deutscher Dichter vorgestellt.
Liebevoll werden Zitate des jeweiligen Dichters herausgesucht, auf Kärtchen zum Mitnehmen gedruckt, Texte gesichtet und ausgewählt.

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Ich war schon lange neugierig darauf , stellte mir aber im Prinzip so etwas wie eine Vorlesestunde von und für alte Leute vor.

Aktuell war Bertold Brecht angesagt.
Mit Skepsis ging ich hin, begeistert wieder weg.
Für 4 € Eintritt wurde ein wirklich schöner und anspruchsvoller Nachmittag geboten.

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Wein und Käse, absolut keine Altenheim-Atmosphäre.

Es wurde fundiert ein Überblick über Brechts Leben und seine Werke gegeben.

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Die Auswahl der Texte war repräsentativ für sein Schaffen und auch die politischen Dimensionen seiner Werke wurden nicht klein geredet.
Es war keine one-woman- show, sondern ein gutes Team arbeitete Hand in Hand, egal ob Küche, Deko, Musik, Lesung .

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Selbstgestrickt, nicht kommerziell

Das ist es, was unser Leben in diesem unfertigen
Stadtteil ausmachte: sollte etwas statt finden, so musste man es organisieren, sich mit anderen zusammentun, vllt. seine Räumlichkeiten zur Verfügung stellen usw.

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Es freut mich, dass davon noch etwas übrig ist.
Ebenso, wenn Gemeinden und Kommunen dieses Engagement durch Kulturzentren etc. erleichtern.
Was immer seltener wird….

Schon als Kind habe ich Gedichte geliebt und bis heute bewundere ich meine Oma, die uns oft und gerne frei aus dem Kopf heraus Balladen und Gedichte vortrug.

Nächstes Mal ist deine Lieblingsdichterin dran…., der spitze Unterton meiner Mum ist nicht zu überhören.
Schaurig – schöne Worte, oft unverständlich, die mich in ihren Bann zogen und mir eine Gänsehaut bescherten…..hat sie als Kind als nervtötend empfunden, und damit zieht sie mich bis heute auf.

Unruhe
Laß uns hier ein wenig ruhn am Strande.
Foibos Strahlen spielen auf dem Meere,
siehst du dort der Wimpel weiße Heere
Ries’ge Schiffe ziehn zum fernen Lande?

Ach! Wie ists erhebend sich zu freuen
An des Ozeans Unendlichkeit,
Kein Gedanke mehr an Maß und Räume
Ist, ein Ziel, gesteckt für unsre Träume
Ihn zu wähnen dürfen wir nicht scheuen.

Unermeßlich, wie die Ewigkeit.

Wer hat ergründet
Des Meeres Grenzen
Wie fern die schäumende Woge es treibt?
Wer seine Tiefe?
Wenn muthlos kehret
Des Senkbley’s Schwere
Im wilden Meere,
Des Ankers Rettung vergeblich bleibt.

Möchtest Du nicht mit den wagenden Seglern
Kreisen auf dem unendlichen Plan?
O! Ich möchte wie ein Vogel fliehen,
Mit den hellen Wimpeln möcht ich ziehen,
Weit, o weit, wo noch kein Fußtritt schallte.
Keines Menschen Stimme wiederhallte
Noch kein Schiff durchschnitt die flüchtge Bahn.

Und noch weiter, endlos ewig neu
Mich durch fremde Schöpfungen, voll Lust
Hinzuschwingen fessellos und frey,
O! das pocht, das glüht in meiner Brust.

Rastlos treibts mich um im engen Leben
Und zu Boden drücken Raum und Zeit,
Freyheit heißt der Seele banges Streben
Und im Busen tönts Unendlichkeit!

Stille, stille, mein thörichtes Herz
Willst du denn ewig vergebens dich sehnen?
Mit der der Unmöglichkeit hadernde Thränen
Ewig vergießen in fruchtlosem Schmerz?

So manche Lust kann ja die Erde geben
So liebe Freuden jeder Augenblick.
Dort stille, Herz, dein glühendheißes Beben
es giebt des Holden ja so viel im Leben,
So süße Lust und, ach! so seltnes Glück!

Denn selten nur genießt der Mensch die Freuden,
Die ihn umnglühn, sie schwinden ungefühlt.
Sey ruhig, Herz und lerne dich bescheiden.
Giebt Foibos heller Strahl dir keine Freuden,
Der freundlich schimmernd auf der Welle spielt?

Laß uns heim vom feuchten Strande kehren,
Hier zu weilen, Freund, es tut nicht wohl,
Meine Träume drücken schwer mich nieder,
Aus der Ferne klingt’s wie Heimatlieder
Und die alte Unruh kehret wieder.
Laß uns heim vom feuchten Strande kehren,
Wandrer, auf den Wogen, fahret wohl!

Fesseln will man uns am eignen Herde!
Unsre Sehnsucht nennt man Wahn und Traum
Und das Herz, das kleine Klümpchen Erde,
Hat doch für die ganze Schöpfung Raum.

Annette von Droste-Hülshoff , 1816 als 17jährige verfasst

Ich wollt, ich könnte hingehen.

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JEA! – Jedem einen Abschluss

Manchen Kids fällt es schwer, einen Schulabschluss zu erlangen.
Was nicht unbedingt mit Intelligenz zu tun hat.

Nachhilfe, Förderunterricht, Lerntherapie bringen oft nicht den gewünschten Erfolg.
Zu vielfältig sind die Ursachen für Schulfrust.
Oft wird sogar viel gelernt und gekonnt und dann klappt es bei den Test oder mit der mündlichen Mitarbeit im Klassenverband doch nicht.
Wiederholtes Schulversagen nagt am Selbstbewußtsein und die Motivation sinkt.

Ich möchte heute einen kleinen Verein vorstellen, der in überwiegend ehrenamtlicher Tätigkeit ein tolles Projekt für diese Kids entwickelt hat : SchlauFox e.V.

JEA! – das ist der Ausruf, wenn man etwas geschafft hat und sich darüber freut. Und genau das wollen wir mit den jungen Menschen erreichen.

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Mit Jedem einen Abschluss reagiert SchlauFox auf die hohe Zahl der Schulabgänger ohne Abschluss und setzt dort an, wo sie noch eine realistische Chance haben: in der Schule.
Mit einem Team aus 4 Mitarbeitern und 1 Koordinator begleiten wir wöchentlich eine Gruppe von 15 Jugendlichen aus der 8. Klasse durch fachliche Nachhilfe, Beratung und Coaching auf ihrem Weg zum Hauptschulabschluss.

2 Schuljahre lang werden die Kids nicht nur in den drei Hauptfächern von Lehramtsstudierenden unterrichtet, sondern erhalten ein richtiges Coaching. Für Kids, die mehr Orientierung im Schulalltag brauchen, als Schule und Lehrer bieten können.
In erster Linie werden hier Beziehungen zu den Coachees aufgebaut….und auch die Gruppe wächst im Laufe der Zeit zu einer “ Wir wollen es schaffen – Gemeinschaft “ zusammen. Dass jemand das Coaching abbricht ist die Ausnahme. Auch wenn es einmal schwer fällt, die beiden zusätzlichen Stunden bis in den Nachmittag hinein in der Schule zu bleiben.
Gemeinsames Kochen und Wochenendworkshops, in denen u.a. eine Probe-Prüfung geschrieben wird, runden das Projekt ab.

Für die Kids toll: die Coaches sind noch sehr jung, benoten nicht und sind hoch engagiert.
Viele von Ihnen kennen Schulprobleme aus eigener Erfahrung, haben auch Mirgrationshuntergrund, haben es dennoch geschafft und möchten nun andere unterstützen.
Lernen in kleinen Gruppen, jenseits des Rahmenplanes.
Schul-und Versagensängste müssen hier nicht versteckt werden.
Selbstverständlich gibt es eine Rückkopplung mit Eltern und Klassenlehrern.
Auch Berufsorientierung hat Platz im Projekt.
Viele Kids erlangen auch noch höhere Schulabschlüsse in der Folgezeit.
Positive Lernerfahrungen, das ist, was den Kids fehlte und die sie in diesem Projekt machen können.

Für die zukünftigen LehrerInnen ebenso: hier können sie Erfahrungen sammeln, praktisch umsetzen, was im Studium nur Theorie ist. Sie haben konkrete Erfolge mit ihren Coachees. Und werden selbst dabei fachkundig begleitet.

Was ursprünglich für Kinder mit Migrationshintergrund u.a. von Gloria Boateng , die als 10jährige aus Ghana nach Deutschland gekommen ist und heute als Lehrerin an einer Stadtteilschule arbeitet, gegründet wurde, nimmt sich heute allen Kindern an, die es brauchen.

Unser Engagement für mehr Bildung!
Wir tragen mit unserer Förderarbeit unseren Teil dazu bei, dass junge Menschen mit und ohne Migrationshintergrund bessere Erfolge auf ihrem individuellen Bildungsweg verbuchen können.
Wir sind eine Plattform für alle, die sich im Bildungsbereich engagieren möchten.
Wir unterstützen Schulen und Eltern bei ihren Erziehungs- und Bildungsaufgaben und handeln gemeinsam mit ihnen.
Wir beschränken uns nicht auf einen Förderbereich, sondern lassen unserer Kreativität freien Lauf und unterstützen dort, wo wir die Notwendigkeit sehen.
Wir bündeln unsere Kompetenzen, Kreativität, Erfahrungen und Qualifikationen und machen sie nutzbar.
Das tun wir für alle Kinder. Für unsere Zukunft. Für uns! Quelle

Klar, dass das nicht ohne Sponsoren geht. Und auch die Schulen, die ein Projekt “ andocken “ möchten, müssen ihr Budget anknabbern. Was immer mehr Schulen tun, da eigene Ressourcen für ein dauerhaftes Coaching leider nicht vorhanden sind.

SchlauFox e.V. hat noch andere beachtenswerte Projekte.
So werden z.B. Studierende mit Migrationshintergrund im Lehramtsstudium mit dem Projekt ProSmile unterstützt.

Zu Recht ist SchlauFox e. V. in diesem Jahr mit „JEA! „ startsocial-Bundessieger im Bereich Bildung geworden.

Yeaah !

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Wir ham’s ja…

Kulturfest in einer Stadtteilschule.
Wahlpflicht – und Neigungskurse der Klassen 5-13 aus den Bereichen darstellendes Spiel, Musik, Tanz , Modesdesign und Kunst präsentieren ihre Jahresergebnisse.
Mit professioneller Unterstützung zweier Theater und gesponsert vom Senat als Schule mit kulturellem Schwerpunkt darf man durchaus gespannt sein.

Eintritt auch für Eltern 3 €.
Kultur kostet eben.
Von den jungen Künstlern keine Spur. Noch ist die Aula zu.
In der Pausenhalle haben die Kunstkurse ausgestellt.

Das Publikum: gewöhnlich.
Hier sieht man weder Business- Look noch Szene-Öko-Fummel.
Die besser gestellte Elternschaft fehlt – deren Kinder lernen eine zweite Fremdsprache, wenn sie denn überhaupt diese Schule besuchen.
Für Künste verbleibt da im Wahlpflicht-Stundenplan keine Zeit.

Viele dunkle Haare, manch‘ exotische Garderobe.
Die Gesichter müde vom langen Arbeitstag.
Geschwisterkinder, aufgeregt.

Bühne frei.
Der Saal ist voll.
Eine kurze Ansprache.
Und dann darf man staunen.
Nein, hier gibt es nicht „Romeo und Julia“ , sondern die Akteure zeigen kurze ausschnittartige Episoden der jeweiligen Produktionen.

Eine Choreographie mit Stuhl, Becher, Bewegung, Rhytmus.
Rap.
„Shelter“ – Kinder, die aus seiner Textilfabrik in einem Entwicklungsland vor ihren “ Eigentümern“ flüchten.
Eine Solo – Jonglage, die sich sehen lassen kann.
Die etwas andere Modeperformance.
Der coolste Reggae aller Zeiten…. wg. pubertärer Peinlichkeitsalluren eher als musikalisches Standbild geboten 😉
Literarisches Sinnieren über die Marktwirtschaft.
Modern Dance – „Jane Bond“.

Allem gemeinsam: sichtbares Engagement, viele Talente, viel Potenzial.

Etliche Familien kenne ich schon aus der Grundschulzeit.
Man trifft sich im Viertel. Weiß um manches Problem.
Für viele ihrer Kinder wird heute ein schöner Abend geboten.

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Erfolg. Sich gut fühlen. Etwas können.

Die Möglichkeit, ihr Licht angemessen zum Strahlen zu bringen, haben nur wenige.
Nach Klasse 9 oder 10 ist arbeiten angesagt, da braucht man so einen schnick-schnack nicht mehr.
Kultur- das ist DANN etwas für die Anderen.

Aber heute, heute dürfen unsere Kids stolz sein und wir auch.

Geleitet von den Musikkursen ließen Publikum und Künstler den Abend dann auch entsprechend krachend ausklingen:

Und da war kaum einer, dem das Mitsingen peinlich war.

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Unbescheiden … tz tz tz

Tagein, tagaus Menschen beraten.
Menschen, die Konflikte am Arbeitsplatz haben.
Oder die mit viel Engagement versuchen, Arbeitsbedingungen für sich und ihre Kollegen besser zu gestalten.
Die immer zu hören bekommen: warum habt ihr nicht….das reicht nicht!
Selbstredend von Kollegen, die es mit dem eigenen Einsatz nicht so eng sehen.
Höre ich auch oft. Nicht schön. Muss ich mir das antun?

Politik….ihhhh.

Wer will schon damit zu tun haben?
Ich auch nicht.
Aber die lässt uns nicht in Ruhe.

Machten wir nicht, kümmerten wir uns nicht – und damit meine ich alle , die persönlich Zeit, Kraft und Geld für unsere Lebensgestaltung einbringen – noch mehr als jetzt würde unser Leben, unsere Arbeit ausschließlich wirtschaftlichen Interessen untergeordnet sein.

Greenpeace macht eine tolle medienwirksame Aktion. Alles jubelt.
Prominente ein Benefiz- Konzert für Afrika oder so….die Einschaltquote ist immens.
Generalstreik in Frankreich. Wow.
Flashmob, auch cool.
Nein, ich möchte das nicht abwerten.

Nur die Abwertung von solidarischem Handeln der kleinen Leute hier vor Ort.
Die passt mir nicht.
Ja, die Gewerkschaften sind alte Organisationen mit überalteten Strukturen. Ja, sie sind oft nicht fordernd und konsequent genug. Und ich hätte noch viel mehr zu meckern, bin ich doch Insider und hab meine eigenen Ideen, wie was gehen könnte.

Aber wenn ich eines bei meiner Arbeit erlebe und liebe, dann das: Menschen, die etwas verbessern wollen.
Nicht alles, was gut gemeint ist, ist gut gemacht. Das passiert mir auch.

Wenn hier in einer norddeutschen Großstadt 4000 Menschen streiken, schreien die Medien gleich wieder: die haben es doch eigentlich gut im öffentlichen Dienst. Was wissen die denn?
Es trifft immer die Falschen….Oh Gott, welch‘ schreckliches Schicksal: jemand konnte sein Kfz nicht ummelden.
Zu viele Menschen schreien mit.
Demo vor einer Schule? Wie brutal, die armen Kinder werden verängstigt!
Ja, was sollen unsere Kids denn lernen?
Dass alle täglich brav in die Lernfabrik traben, unbeschadet dessen, was dort drinnen passiert?
Sogar die angestellten Lehrer und Sozialpädagogen, die viel weniger Geld als ihre verbeamteten Kollegen bekommen, oft nur befristet angestellt sind, auf Honorarbasis arbeiten?
Und für die es keinen Tarifvertrag gibt? Auch zukünftig nicht geben soll, ginge es nach den Arbeitgebern.
Damit die Kids brave Arbeitnehmer werden?

Nein!
In dieser Woche durften zumindest die Kids der betroffenen Schule mal erleben, dass auch Lehrer
arbeiten und nicht alles hinnehmen. Das in Pãdagogen-und Psychologenkreisen so hoch gepriesene Vertrauen in die “ Selbstwirksamkeit“ muss nicht bei kollektiven Interessen aufhören.

Ich hoffe, die Kids haben ihre Eltern und Lehrer mit Fragen gelöchert!

Die dann in der Lage waren, zu antworten… wer weiß?

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Junge Rapper aus einem sogenannten Problemstadtteil machten uns Alten Mut. Ihr Kulturzentrum leidet unter akuter Geldnot. Schule fällt heute aus. Gibt wichtigeres, manchmal.

Streik.
Hierzulande harmlos. Es war, glaube ich Tucholsky, der sinngemäß schrieb:

Bevor die Deutschen einen Bahnhof besetzen, kaufen sie eine Bahnsteigkarte

Vielleicht hat’s auch wer anders gesagt, egal. Weil’s stimmt.

Aber wir arbeiten dran. Das zählt.

Streik.
Es trifft immer jemanden. Manchmal auch dich.
Nimm’s locker.

Und mach mit, wenn deine Behörde/ Betrieb mal dran ist.

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