Unser Haus hat einen Hinterhof.
Nicht so einen, in dem Kinder Gummitwist spielen und Nachbarn sich zum Klönschnack treffen.
Hier wohnen die Mülltonnen, Fahrräder, sicherlich auch die eine oder andere Ratte.
Der Zugang zu den Kellern.
Meine Wohnung hat einen Balkon.
Schattig, die gegenüberliegende Hauswand ca. 5 Meter entfernt.
Tauben wissen das zu schätzen.
Aber nun ist alles anders.
Eine Fassadensanierung hat auch meinem Balkon ein neues Outfit verpasst.
Die Tauben sind verjagt.
3 kleine Blümchen zieren das frisch gestrichene Geländer.
Tisch und Stühle stehen sicher auf dem neuen Fußboden.
Nikotinabhängige Gäste werden vor Freude juchzen.
Urlaub.
Während Teenie ihr Zimmer ausmistet, sich vom letzten Kinderkram trennt, kramt, putzt, Möbel schiebt und ansonsten lange schläft, störe ich ihre Kreise nicht und verziehe mich in das neu gewonnene Terrain.
Kaffee, Buch und Tablet.
Ab und an ein Klönschnack mit der Omi gegenüber.
Sogar den Himmel kann ich sehen.
Fernes Türklingeln, Fahrradgeklapper, eine Klospülung, Stimmen, gelegentlich ein Motorengeräusch, Tür auf – Tür zu, ein Kind ruft „Mamaaaaa, schau mal“ , sogar Glockengeläut.
Erstaunlich, wie viel Bewegung hier ist, mitten in der Woche.
Manchmal übt jemand Klavier.
Leise Radioklänge.
Vorgestern spielte jemand bekannte Melodien auf der Melodica.
Ich konnte nicht widerstehen, hab‘ schnell meine Gitarre geholt und die Akkorde dazu gespielt – abrupt brach das Melodicaspiel ab.
Um kurz darauf wieder einzusetzen und sich von den Akkorden begleiten zu lassen.
Yeah.
Mittlerweile bin ich mutiger geworden. Meine Gitarren kommen gern hier zum Einsatz. Selbst wenn ich leise dazu singe, beschwert sich niemand ( außer Teenie), im Gegenteil.
Die Omi freut’s.
Und es hat sich wer gefunden, der seine Trommel lüftet, ebenfalls dezent, versteht sich.
Heute musste ich es dann mal mit dem Cello probieren.
Und bin gescheitert: zu eng, zu laut, zu fehlerbehaftet.
Schade.
Wer sind die anderen Musikanten oder möchte ich das gar nicht wissen?
Es ist das erste Mal, dass ich Urlaub auf Balkonien mache, wörtlich genommen.
Verschwende ich kostbare Urlaubszeit, weil ich doch nichts erlebe?
Ich nicht inmitten von Touristenströmen von Kulturdenkmal X zu Austellung Y zu Event Z treibe?
Mitnichten, schon lange nichts so Besonderes erlebt wie zur Zeit.
Die Zeit tröpfelt auf angenehme Weise vor sich hin.
Urlaub auf Balkonien wird wirklich unterbewertet!
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