2018 over

2018 war hier meistes Sendepause. Dabei gab es genug Themen, zu denen ich hätte bloggen können. Mehr als genug. Rheumi gab mir 2017 Gelegenheit, mir Gedanken über grundsätzliches zu machen und konkretes zu planen. Im denken und planen bin ich gut und das mündet in (oft) grandiosen Plänen, deren Umsetzung etwas schwieriger als deren Entstehung ist und hängt leider nicht nur von mir allein ab.

Weichen stellen

Pläne lassen sich nicht verwirklichen, wenn man nicht bereit ist, Entscheidungen zu treffen. Manchmal sind es nur Nuancen, die angepasst werden, manchmal reißt man das Ruder rum, um einen anderen Weg einzuschlagen. 

Ohne Moos nix los

Beruflich hätte ich gern letzteres getan, aber von irgendwas muss ich leben und deshalb reichte es nur zu minimalen Anpassungen. Immerhin habe ich meine relative Gesundheit erhalten und aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Neben dem, was nach fast 30 Dienstjahren nicht mehr ganz so spannend und inspirierend ist, konnte ich in diesem Jahr wieder meinen Lieblingsworkshop durchführen und politisch engagierten Menschen zu mehr „Stimme“ verhelfen. Nein, keine Rhetorik- es geht um den Einsatz und Training unserer Sprechwerkzeuge, und jeder Workshop ist voller aha-Momente auch für geübte Redner_innen. Außerdem lachen wir uns über uns selbst schlapp, wenn Verhaspler, Kickser und Koordinationsschwierigkeiten mal überhand nehmen.
Bitte mehr davon in Zukunft.
Soviel sei verraten: ich stricke an einem Konzept für junge Autist_innen, die mehr Sicherheit in Gesprächen erlangen wollen. Darauf bin ich sehr gespannt.

Verdummt euch doch selber

Im Frühjahr war das Maß voll.
Lieber keine Maßnahmen von welchem Sozialträger auch immer als solche, in der Würde, Selbstbestimmung und Entwicklung nichts als leere Worthülsen sind.
Auch keine Begleitung von Therapeut_innen, die es nicht ertragen können, dass es nicht um Heilung bei Autismus geht. Die soziale Anpassung
(Maskierung) dafür halten, um sich selbst erfolgreich zu fühlen.
Seitdem Twen nicht mehr von sogenannten Fachleuten in die Selbstverleugnung, Unselbständigkeit und Depression getrieben wird, geht es ihr zunehmend besser.
Wir trauten uns kaum, diesen krassen Schritt zu gehen, weil ja Nichts-(erwerbsmäßiges)- Tun das vermeintlich Schlimmste überhaupt in unserer Leistungsgesellschaft ist. Und weil es doch für jede_n eine passendende Maßnahme gäbe.
Für Twen und auch für mich als Begleiterin ist es richtig wie es jetzt ist. Andere Jugendliche bekommen 1 Jahr Ausland gesponsert. Und ich soll mich schlecht fühlen, wenn ich meinem Kind 1 Jahr Auszeit von institutioneller Diskriminierung, Bevormundung und Demütigung schenke? Wenn Twen später evtl. einen miesen Job machen muss, dann wenigstens gegen Entgelt und nicht nur für Taschengeld weit unter Mindestlohn. Aber soweit ist sie noch nicht. Kommt Zeit, kommt Rat. Und mit etwas Glück: Tat.

Durchgeboxt

Einfach teilhaben–  so heißt eine Broschüre des BMAS, in der die Möglichkeit von Teilhabe-Leistungen als persönliches  Budget (PB) erklärt wird. Wer das PB bekommt, kann sich seine Assistenzleistungen mit dem ihm zur Verfügung gestellten Geld selbst einkaufen. Das heißt, die Assistent_innen selbst aussuchen und tritt als Arbeitgeber_in auf, nicht als Teilnehmer_in irgendeiner Maßnahme. Ein großer Schritt in Richtung Selbstbestimmung für Menschen mit Behinderungen.
„Einfach“ zu haben ist das aber nicht.
Zumindest in der Stadt der Pfeffersäcke bevorzugen die Sozialbehörden pauschale Leistungen an große Maßnahmeträger, in deren Konzept sich die Menschen mit Behinderungen dann mit (oder entgegen?) ihren Bedürfnissen einzufügen haben.

Obstinat

Schon meine Oma sagte immer zu mir: sei doch nicht so obstinat!
Doch, bin ich. Besonders bei Behörden und wenn es um Twen geht. 
Deshalb kann Twen jetzt selbst bestimmen, wer sie unterstützt, natürlich in dem Rahmen, in dem ihr vom Amt Unterstützungsbedarf zugestanden wird. Dafür bekommt sie ein monatliches Budget, mit dem sie ihre Leute bezahlen kann.
Das Ganze war für uns sehr anstrengend und eine, wenn auch unfreiwillige Bildungsmaßnahme zugleich.
Nun freue ich mich darauf, dass ich mein durch diesen Höllenritt erworbenes Wissen 2019 weitergeben darf als Referentin in diversen Autismus -Selbsthilfegruppen und Vereinen.

Dreamteam 

Unser Fell-Peer Locke ist das Beste, was sich dieses Jahr in unser Leben gewuselt, getobt und geschmust hat. Twen und sie sind ein Dreamteam. Seit September sind die beiden  ein Azubi-Team in der Assistenzhundeschule. Sie machen beide ihre Sache bestens.IMG_1896 Im kommenden Frühjahr legen beide ihre erste Prüfung ab und bis dahin wird noch fleißig geübt. Dann gibt es auch eine Erwachsenen-Kenndecke 🙂
Das Verhalten von Kaniden und Pferden -und ihre Bindung zu Menschen – ist u.a. schon lange Twens Spezialthema und ich staune immer wieder, wie einfach und tiefgreifend die Verständigung zwischen ihr und Tieren ist. Und wie leicht sie im Umgang mit Tieren ihr theoretisches Wissen umsetzt.
Twen bekommt nun endlich eine konkrete Vorstellung davon, was Teilhabe heißen kann: so viele freundliche und wertschätzende Kontakte zu anderen Menschen hatte sie noch nie. 

Zur Kasse bitte und draußen bleiben

Schlecht ist leider die Rechtslage in Deutschland, was die Anerkennung von Assistenzhunden als Hilfsmittel angeht. Das heißt, Anschaffung und Ausbildungskosten trägt der Hundehalter.
Damit sich das ändert, wird Pfotenpiloten e.V. im kommenden Jahr eine
 Zutrittskampagene, unterstützt vom BMAS, durchführen. Achtet mal drauf.  Ausgebildete Assistenzhunde sollen überall willkommen sein, wo Menschen sich in Straßenkleidung aufhalten dürfen. In anderen Ländern schon längst kein Problem mehr. Dort gibt es Standards für die Ausbildung und klare Rechte auch für Assistenzhunde, die nicht Blindenführhunde sind.

Platz da

Mit einem heldenhaften Einsatz hat die weltbeste aller Nichten mich vom Chaos meiner langjährig gehorteten Bürokratie befreit. Sie staunte nicht schlecht, was für Kram man im Leben alles ansammeln kann, welche absurden Schriftwechsel geführt werden und verdammt noch mal: so viele Behörden gibt es? Fortan heißt es, wehret den Anfängen, was leichter gesagt als getan ist. Ablage ist noch schlimmer als abwaschen als Wassergymnastik..
Kleiner Tipp: Tapeziertische sind multifunktional.

Engagement

Es ist toll, wenn man Ideen verwirklichen kann. Wenn man Mitstreiter*innen hat, die mit einem gemeinsam Dinge voran bringen.

Trampelpfade

  • Netzwerk

2018 war ein Jahr, in dem uns das mehrfach gelungen ist. Aufgrund einer großen Veranstaltung 2017 zum Thema Arbeit und Beruf für Autistinnen ist ein Netzwerk der norddeutschen  Berufsbildungswerke entstanden, in dem konkret personenzentrierte Maßnahmen entwickeln werden. Das Schöne dabei: das Eltern-Know-How wird abgefragt  und auch Betroffene sind einbezogen.

  • Fachtag

Mit einem Fachtag „Wege entstehen, indem man sie geht“- im Herbst zum selben Thema erreichten wir 160 Menschen. Fachkräfte der Maßnahmeträger, Verantwortliche der Kostenträger und Verbände sowie Arbeitgeber_innen.  Die Resonanz war sehr positiv: erstmals hatten wir es vor Ort geschafft, dass sowohl NTs als auch ATs referierten oder Workshops leiteten. Auf Augenhöhe. 

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Dr. Riedel, Universität Tübingen

Deutlich wurde, wie viel Unwissen es noch immer über das Autismus Spektrum gibt und wie hartnäckig sich Vorurteile über Möglichkeiten der Berufsausübung halten. Etwas aufgeräumt damit  hat ein Arbeitgeber, der mit der Beschäftigung einiger Autist_innen, darunter auch ein  Rettungssanitäter,  gute Erfahrungen gemacht hat.

Muss ich noch erwähnen, dass das Team Twen-Locke dabei war und in vielen Einzelgesprächen Aufklärungsarbeit geleistet hat?

Einfach Meer erleben

Die größte Schnapsidee des Jahres war unsere Urlaubsreise an die Steilküste der Ostsee mit uns zuvor nicht bekannten jungen Autistinnen. 

Ich ärgere mich schon so lange darüber, dass es für junge Autistinnen keine guten Reiseangebote gibt. Also habe ich kurzerhand gemeinsam mit Twen und Locke eines entwickelt. Mein Job war im Wesentlichen die Organisation dieser abenteuerlichen Expedition von 6 Frauen und 3 Hunden und die Koordination vor Ort.

Vieles habe ich dazu gelernt, z.B. was besser ganz klar im Vorfeld abgeklärt werden sollte. Sagen wir mal so: wäre es eine NT-Reisegruppe (oder Seminar) gewesen, so hätten spätestens am ersten Abend die wechselseitigen Ausgrenzungsmaßnahmen begonnen. Wir aber waren ALLE daran interessiert, trotz unserer Unterschiedlichkeiten einige erholsame Tage miteinander zu haben und die gegenseitige Toleranz war entsprechend hoch.IMG_1931
Das ist Motivation für weitere Reisen dieser Art. 
Im Gegensatz zu herkömmlichen Angeboten wird es weder pädagogische, noch therapeutische Begleitung geben, sondern nur eine organisatorische Klammer. 

 

Wohn-Idee

Kleine Wohnungen für junge Autist_innen. Dafür sorgt unser kleiner Verein, der mit einer Wohnungsbaugenossenschaft eine Kooperation eingegangen ist. Alleine wohnen, ohne zu vereinsamen. Das ist die Idee. Da stecke ich gerne Energie rein. Nicht ganz uneigennützig.

Die Weltlage 

Krieg, Flucht, Rassismus, Diskriminierung,  Ausbeutung, Umweltzerstörung. Zu viele Menschen, denen das bestenfalls egal ist. Zu wenige, die sich für einen Gegenentwurf engagieren.
Soviel dazu.

Musik, Freunde und Kultur

… kamen 2017 zu kurz. Das Cello glotzt mich vorwurfsvoll an. Für 2019 habe ich Besserung gelobt. Einige Tickets sind schon geordert. Im Chor wird zunehmend nicht nur gesungen, sondern auch gefeiert. Das wurde mir oft zu viel. Der Auftritt in der Elphie und unser Jahreskonzert waren toll.  Ein Doppelkonzert habe ich geschwänzt und auch unsere Studioaufnahme. Mein Agreement deshalb mit dem Chor für die Zukunft: singen ja, Smalltalk in Großgruppen eher nein. 

6 Jahrzehnte Gurkenbekannte *

Ich bin ein Kind der Dunkelheit, wenn man von der Rundum-Festbeleuchtung der weihnachtlich geschmückten Umgebung absieht. Noch bevor das Hosianna am heiligen Abend in den Kirchen erklingt, gibt es für mich jährlich ein Geburtstagsständchen. Diesmal etwas lauter angesichts meines ehrwürdigen Jahrestages. 

Meine lieben mehr oder weniger speziellen Freund_innen, Bekannten und Kolleg_innen waren geladen und sogar erschienen. Da der kleinste gemeinsame Nenner der meisten von ihnen Zerstreutheit ist, wurde immer wieder vergessen, wann es denn losgeht und wann endet. Das war jedoch nicht weiter schlimm. Fast alle hatten eine längere Anreise, es fand eh´ vor den Stadttoren statt und so kamen einige bereits am Freitag in der Unterkunft an, andere blieben bis Montag. Dank meiner geduldigen Erinnerungs-Nachrichten klappte es dann doch mit einer gemeinsamen Feier ALLER Gäste. Für Twen, Locke und mich war es jedoch ein 4-Tage-Feier-Marathon.
Schmerzlich vermisst  habe ich meine beiden Schwestern und meine Mutter, die mich vor 4 Jahren vom Mitglied eines Weiberclans zur geschlechterparitätisch besetzten Hälfte einer Restfamilie – zumindest wenn man die Nachkommen außer Betracht lässt – gemacht haben.
Erfreut war ich hingegen über einen großen Tisch mit politisch interessierten und engagierten Youngstern der Familie.

Knobeln und Hibbeln

Puzzlespiele und Holzkreisel  auf den Tischen ersetzten die mir empfohlene anfängliche Schnitzeljagd zum Kennenlernen der anderen Gäste
(allgemeine Erleichterung),  Twen führte Interviews mit ausgewählten Gästen durch ( Erhellung und Erheiterung ) , es gab die erste widersynnige Gurkenpreisverleihung an die schrägsten meiner  Lieben
(Spaß und wohlwollende Verwunderung ) und ordentlich Speis und Trank.

Satz mit X

Ja, das gab es auch in diesem Jahr. Missglückte Versuche, unrealistische Pläne, die üblichen Fahrplanabweichungen des Lebens. So what…

Tempo raus

Gefühlt  hatten wir in diesem Jahr Veränderungen im viertel-Stunden-Takt. Und dabei ist doch gar nicht so viel passiert. Alleine die Abwesenheit diverser Energiefresser hat  viel Lebensqualität gebracht. Und dann noch dieser Sommer. Seit langem eine positive Bilanz.  Twen schaut bei aller materiellen Unsicherheit zuversichtlich in die Zukunft. Dennoch – nach diesem ereignisreichen Jahr darf es ruhig wieder etwas ruhiger werden.  Neue Verbindungen und Veränderung, ja. 
Aber alternsgerecht, wenn ich bitten darf.
Dann bleibt auch wieder mehr Zeit für meine Freund_innen.
Wir sind bereit für 2019.

Euch, liebe Blogger_innen und Leser_innen…

… möchte ich weiterhin nicht missen, weder aktiv noch passiv. Über Kommentare freue ich mich immer und auch wenn in diesem Jahr hier weniger blogs zu lesen waren, so habe ich dennoch viele von euch gelesen. So manches Mal habe ich überlegt, ob ich diesen Blog weiterführen will. Zu viel Privatkram? Oft schon habe ich eure schlauen Gedanken bei der Bewältigung meines Alltags aufgegriffen. Dafür vielen Dank. Ich schreibe weiter, vielleicht kann ich ja was zurückgeben damit.

Euch allen frohe Festtage und einen guten Start in ein engagiertes 2019.

Eure LEIDENSCHAFTLICHWIDERSYNNIG

* Teenies pubertäre Bezeichnung für meine wunderbaren  neurodiversen Freund_innen

 

 

Ansehen?

Uneins

Teenie und ich sind uneins: soll man sich Spielfilme (und Theaterstücke), in denen Autisten oder ADHSler vorkommen ansehen oder nicht?

Also ich mache das schon allein deshalb, weil ich wissen will, wie  diese in den Medien dargestellt werden.  Aber auch, weil in dem einen oder anderen Film wenigstens mal ein Protagonist im  Bildschirm erscheint, der sich halbwegs  normal benimmt. Wenn man Glück  hat, zeigt der Film sogar annnähernd realistisch die Problemfelder des Alltags und bei noch mehr Glück, Ressourcen /Stärken in nicht verklärter Form auf.

Teenie findet die meisten Filme unrealistsch, diskriminierend und überwiegend langweilig.
Was ich leider oft unterschätzt habe: viele Filme haben für Teenie nicht nur diesen  Ärger-Faktor, sondern auch einen Verwirrungs- und einen Trigger-Faktor. Letzteres trifft besonders auf Theatervorstellungen zu.

Ganz nett

Das sind so die Filme, die in der letzten Zeit im Kino und TV zu sehen waren.
Meist Geschichten um einen Asperger-Autisten_in, der irgendwie kauzig, aber liebenswert ist. Nicht selten hilft er den NTs mit seinem analytischen Handeln aus der Klemme und  weil er nicht so durch die Welt hetzt wie die NTs, wirkt er entschleunigend auf die – ihm im Verlauf des Films wohlgesonnen- Menschen in seinem Umfeld. Selbstverständlich gibt es auch kritische/gefährliche Situationen, aber die gehen immer gut aus.

Dazu gehören z.B.: Birnenkuchen und Lavendel, Ein Sommer in Masuren, Adam.

Am Ende haben Zuschauer, die überhaupt nichts von Autismus wissen, immerhin ein anderes Bild davon bekommen, als Rain Man es vermittelt.

Verwirrungs -und Trigger-Faktor relativ gering, Ärger-Faktor wegen der stereotypen Darstellung der Autist_inn_en groß: keine Mimik, keine Emphatie, Mathe-Vorliebe, Wissen verbal abspulen in Stress-Situationen etc.
Nicht so wie im wahren Leben eben. Langweilig ( Teenie).

Immer wieder gerne

Dies sind Filme, in denen Autismus oder ADHS nicht im Vordergrund stehen, sondern in einem ganz gewöhnlichen cineastischen Handlungsrahmen ( Krimi etc.) eine der Hauptrollen neurodivers agiert. Da freut man sich, wenn die Darstellung nicht zu stereotyp ist, wenn dieser Mensch irgendwie im Team akzeptiert ist und empört sich, wenn Vorurteile, Ausgrenzung und Mobbing gezeigt werden.Häufig ist auch keine Diagnose genannt, was wir gut finden.

Selbstverständlich verfügt  der  „Held_in “ über besondere Talente, aber dass ist ja bei allen spannenden Filmen so.

In diese Kategorie für uns : Die Brücke ( Serie), Criminal Minds, Larssons Triologie Verblendung usw. ( ohne Teenie). Eigentlich schade, dass es meist Detective und Co sind, die  diese Rolle innehaben. Immerhin gibt es eine vergleichsweise positive Sicht  auf Autismus.

Verwirrungs-und Triggerfaktor mittel, Ärgerfaktor gering.

Schulfunk

In diese Kategorie fallen für uns Filme, in denen es in erster Linie um die Themen Autismus oder ADHS geht. Die Geschichten ranken sich meist um die Entwicklung eines Betrofffenen. Manchmal sind sie gut gemacht und sehr informativ und eine gute Alternative zu Dokumentarfilmen, die sich eh´ nur  besonders Interessierte ansehen.

Der Kalte Himmel ( Autismus) oder Keine Zeit für Träume ( ADHS) gehören hier her.

Hier scheiden sich unsere Geister am meisten: Trigger-, Ärger-, Langweil,- Verwirrungsfaktoren allesamt für Teenie hoch. Aus Elternperspektive ist der Trigger-Faktor hoch, geht es doch oft auch gerade um die Stigmatisierung der ganzen Familie, bzw. die Anstrengung der Eltern, für ihr Kind gute Entwicklungs- und  Lernbedingungen zu organisieren.

Hard stuff

Wenn gezeigt wird, wie brutal die Gesellschaft mit Autisten umgeht. Übles Mobbing in Großaufnahme. Verweigerung von Lebensraum durch die Bürokratie mit lebensbedrohlicher Konsequenz. Wenn Depression kein Tabu ist. Verzeiflung sichtbar.

Als Spielfim z.B. in Ben X zu sehen, als Dokumentation in Matthijs Regeln.

Trigger-Faktor hoch.
Kein Unterhaltungsfaktor. Dafür Wut-Faktor auf diese Zustände.

Teenie kann hier nicht mitreden- man muss sich ja nicht alles antun.

Und die Schmuddelkinder?

ADHS ist wohl nicht so gut zu vermarkten. Die meisten Filme handeln von  schwierigen Kindern, die vermeintlich statt mit Erziehung mit Drogen versorgt werden. Daran sieht man, das ADHS  nicht in gleicher Weise als neurodivers wahrgenommen wird wie Autismus. Während Filme über Autisten auch als ganz nette Unterhaltung gedacht sind, haben ADHS-Filme meist etwas dramatisches und verurteilendes.
Angenehme Ausnahme: Rico und Oskar, die beiden Helden aus der gleichnamigen Triologie von Andreas Steinhhöfel. Wobei man da gar nicht weiß, was die eigentlich haben, nur speziell sind sie beide. mehr ( zur Buchvorlage)
Dennoch sind sie häufig zu sehen, die ADHSler in den Medien. Ob als Entertainer_innen oder in den Rollen des Familenchaoten, Halodri oder Klassenclown, unbändigem Halbstarken. In Allerwelts-Filmen, täglichen im TV. Michel von Lönneberga muss man einfach lieben.

ADHS als Thema kommt eher in Dokumentationen oder Talkrunden vor. Da kann halt jeder mitreden, kennt sich vermeintlich aus, hat eine Meinung, selbst ohne die leiseste Ahnung. Einschaltquoten garantiert.

Ärger-Faktor häufig hoch, Trigger selten, Spaß-Faktor bei Filmen wie Findet Nemo mit der sympathischen Dory gibt es  zuweilen aber auch.

Zu echt

Ein  besonderes Erlebnis sind Theateraufführungen. Hier zählt nicht nur die Geschichte.
Gute Schauspieler transportieren echtes Gefühl. Sie schreien, toben, weinen, flüstern. Miteinander, gegeneinander, ins Publikum hinein.  Meint der mich?
Der Ton kann nicht leise gedreht werden. Szenen nicht wiederholt oder vorgespult werden.
Geräuschkulisse Bahnhof – hier ist der Zuschauer mittendrin. Ganz nah dran. Wie schon 100o mal selbst erlebt.

Eine sehr gute Inszenierung von Supergute Tage  hat das junge Schauspielhaus hier geboten. Der Schauspieler hatte sich wirklich gut vorbereitet, sich mit jungen Asperger-Autisten getroffen, Kontakt zur Eltern-Initiative aufgenommen. Und so kamen viele sehr lebensnahe Szenen zusammen. (für Schulklassen gibt es viel Material zum Stück hier )

Das, was Theater ausmacht, dieses unmittelbare, zum Anfassen nahe, erhöht den Trigger-Faktor enorm.

Mir bescherte die Aufführung eine lange nächtliche Diskussion, in der ich lernte,  Filme und Theater über Autisten und ADHSler auch unter diesem Gesichtspunkt zu beurteilen.

Mehr und viel detaillliertes zu diesem Thema nachzulesen in N#mmer , Heft 01/2015.
Listen mit noch mehr Filmen zu den Themen Autismus und ADHS findet man leicht im Netz.

 

Ich freue mich über feedback. Wie immer ohne Registrierung möglich.

 

 

Purer Luxus

Mühselig.

Damit ist eigentlich schon alles gesagt, vor allem auch, warum es im Moment so wenige Beiträge von mir hier gibt.

Schwellenmonate,so könnte man es auch nennen. Eine Veränderung jagt die nächste und sind mit Anstrengung  und Vorfreude verbunden, was widerum Anstrengung bedeutet.

Im Land der Bürokratie gibt es viel zu regeln, auszufüllen, zu begutachten, telefonieren, vorzustellen- das kostest alles Zeit. Kleine Siege gegen große Ämter  haben dazu geführt, dass die Aktenlage uns Unterstützung beschert, aber selbstverständlich nur auf Antrag.

Stärken in Großaufnahme

Mein Ableger hat sich nach 3 Jahren wieder einmal ein ganz privates  Zeugnis, eher eine Urkunde für Lebensbewältigung,  gewünscht. Das gab es früher immer zu den Schuljahreszeugnissen dazu. Der Gedanke dahinter wird hier erklärt.
Bei drei Jahren kommt da Einiges zusammen. Ich kann nur wieder einmal feststellen: diese investierte Zeit lohnt sich auch für uns Eltern, die wir mit den besonderen Herausforderungen in der Begleitung unserer Kids klarkommen müssen. Während man da so sitzt und siniert, was alles war, was alles geschafft wurde, kommt man nicht umhin, auch die Schattenseiten, die schließlich Anlass zu diesen besonderen Anstrengungen waren, noch einmal vor Augen zu haben. Auch den damit verbundenen Schmerz.
Und dann muss man es sich verkneifen, nach dem Lob noch die Dinge zu nennen, an denen noch gearbeitet werden muss/soll. Das machen ja Lehrer immer gerne…nein, bei dieser  Urkunde geht es nur um das, was geschafft wurde.
Das Fazit: es gibt fast keinen Lebensbereich, der von der Neurodiversität nicht berührt wird- oft aber auch positiv.
Am Ende bleiben Stolz und die Hoffnung, dass auch weiterhin schwierige Lebensituationen gut bewältigt werden. (Die Sorge, die sich penetrant auch dazu mogelt, wird einfach mal beiseite geschoben…).
Diese aufgeschrieben Erfolgsbilanzen sind immer wieder eine Stütze für meinen Teenie , wenn es mal nicht so rund läuft. Und nun, am Vortag eines neuen Lebensabschnittes, soll sie  helfen, Anlauf zu nehmen.

Aus Kindern werden Erwachsene, aus Eltern Alte

Noch eine Schwelle. Die Einen auf dem Sprung, die Anderen im Landeanflug.
Hört sich dramatisch an, aber warum eigentlich?
Liegt es  vielleicht daran, dass ich mindestens noch so viele Pläne in meinem Kopf habe, wie Teenie, aber weder Zeit noch Kraft für die Umsetzung ? Da muss sich so ein Gehirn, das immer 1000 Ideen , Projekte usw. gleichzeitig ausbrütet, erst mal mit abfinden. Das tut es natürlich nicht und deshalb hilft der Körper  beim Begreifen etwas nach.
Aber noch werde ich die Kategorie „Beste Jahre“ nicht in „Letzte Jahre “ umbenennen…
Ich setze doch sehr auf die ADHS-typische Entwicklungsverzögerung .

Mutter allein zu Haus

Und dann ist da so ein Wochenende. Die Wohnung ganz für mich allein, was äußerst selten vorkommt. Erst der Anspruch, diese Zeit sinnvoll zu nutzen, mal was für mich zu machen. Dann die Erkenntnis: ich muss gar nichts.
Strassenmusik

Bummeln, Straßenmusik: der jungen Mann ist ungefähr so alt wie mein Teenie, stand schon mit ca. 10 Jahren am Wochenende mit seinem Dad da und hat Geige gespielt. Nun ist auch er erwachsen und spielt richtig gut. Ich setze mich und höre zu. Es gefällt mir, dass auch diese beiden einen gemeinsamen Weg zu gehen scheinen. Wenn auch klar erkennbar ist: der Sohn gibt mittlerweile den Ton an, Papa begleitet.

 

 

Wieder zu Hause. Nutzloses sich treiben lassen.
Keiner will was von mir. Ich rede nur mit Menschen, die ich anrufe. Lesen. Ein Nickerchen. Einem mittlerweile renomierten Schauspieler in einem seiner ersten Filme anschauen, der Film hohl, er jung und hübsch.
Nachdenken. Ein bisschen traurig sein, noch ein Nickerchen, lesen,  im Netz daddeln und dann die Küche aufräumen.
Passt.

 

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Anders

Mein Vater gibt sich Mühe. Meine Mutter nennt mich weiter Felix. Sie erträgt es schlecht, wenn Dinge sich ändern. Man muss dafür Verständnis haben, oder?

Anders‚  von Andreas Steinhöfel – eine Buchbesprechung

Felix ist ein eher unscheinbarer, gut behüteter 10jähriger Junge.

Bis er einen Unfall hat, der ihm eine Kopfverletzung,  eine Zeit im Koma und  eine partielle Amnesie beschert. Zwar beherrscht er noch immer unsere Kulturtechniken, aber an die Menschen aus der Zeit vor dem Unfall kann er sich nicht mehr erinnern. Auch nicht an sich selbst.

Nicht nur er muss seine Eltern und Freunde neu kennenlernen, sondern auch umgekehrt. Felix benimmt sich völlig anders, hat andere Vorlieben, Stärken und vor allem: er nimmt die Welt auf eine besondere Weise war und verhält sich entsprechend.
So ist es nur konsequent von ihm, dass er nicht mehr Felix heißen möchte.
Anders, diesen Namen hat er sich ausgesucht, denn so fühlt er sich auch.

Die Mutter, gewohnt, ihrem Sohn den Alltag vorzugeben, zu bestimmen was wichtig ist und was nicht und damit seine Entwicklung akribisch zu lenken, sieht sich nun mit der Unmöglichkeit der Fortsetzung ihres Konzeptes konfrontiert.
Aus dem formbaren Sohnemann ist ein eigenwilliger Mensch, der seinen Weg auf seine Weise geht, geworden.
Plötzlich ist sie eine Mutter, dessen Kind nicht mehr funktioniert, wie es in ihrem sozialen Umfeld sonst üblich ist. Kein Kind zum Vorzeigen.

Nicht ganz so schwer tut sich der Vater.
Auch er nimmt sich vor, seinen Sohn neu kennen zu lernen. Und merkt, dass er ihn auch vorher nicht besonders gut kannte. Er schafft es, sein verändertes Kind anzunehmen, vielleicht sogar mehr als das Kind vor dem Unfall.
Konflikte zwischen den Eltern sind vorprogrammiert.

Bleibt noch die Sicht der Kinder, denn  Anders/Felix  hat Freunde, geht zur Schule und wie es sich für ein Jugendbuch gehört, liegt der Focus der Geschichte nicht bei den Befindlichkeiten der Eltern sondern dem Treiben der Kinder in Form einer spannenden Geschichte. Denn eigentlich ist es aus deren Sicht gar nicht so wünschenswert, wenn Anders sich an früher erinnert….

Gekauft habe ich Andreas Steinhöfels Buch ‚Anders‘ nicht für mich, sondern für Teenie. Nach ein paar Seiten hab ich es nicht mehr her gegeben.
Mir gefiel, wie Anders Eigenheiten die Mutter mit ihrem Perfektionismus ausbremste.
Der Wandel von Felix zu Anders eröffnet dem Vater hingegen eine Beziehung zu seinem Kind, wie er sie vorher nicht haben konnte und setzt zudem einen ganz persönlichen Emanzipationsprozess bei ihm in Gang.

Im Vergleich zwischen Felix und Anders schnitt Letzterer mit seiner inneren Autonomie gesellschaftlichen Normen gegenüber deutlich besser auf meiner Sympathie-Skala ab.
Sicher auch, weil ich in Anders neuer Sensibilität, Reizoffenheit und ungewöhnlichen Fähigkeiten häufig mein eigenes Kind wieder erkannte.

Ohne sich medizinischer Diagnosen zu bedienen, beschreibt Steinhöfel ein Kind, für das unsere Gesellschaft die Schubladen des DSM 5 bereit hält.
Er beschreibt es mit Sicht auf seine Stärken. Wie schon bei den Büchern über Rico und Oscar, schafft er es, stigmatisierende Wahrnehmungs- und Verhaltensweisen wie z.B. ADHS, Autismus, Synästhesie als ganz gewöhnlich und überhaupt nicht bedrohlich darzustellen.

Steinhöfels neues Buch geht über die Beschreibung der Welt der Kinder weit hinaus. Es zeigt auch auf, in welchen gesellschaftlichen Mustern die Erwachsenen verhangen sind. Wie sie den Schein der perfekten Familie wahren. In der Leistungsgesellschaft dabei sein wollen. Ihren Kindern um den Preis der Kindheit versuchen, einen guten Platz darin zu verschaffen. Zur Reflexion ihres Tuns nicht in der Lage sind.

Sie holt mich immer ab. Überall…..Man ist dauernd überwacht. Man kann nichts alleine machen. Mein ganzes Leben ist ein Scheiß-Überwachungsstaat. (S. 116)

Sich selber, auch wenn sie spüren, dass das alles nicht gut und richtig ist, dennoch den Gepflogenheiten und deren Hütern unterordnen.

Einen Menschen wie Anders brauchen, um endlich zu sehen, was falsch läuft in ihrem Leben.
Aber auch, dass ein Wandel dieser gesellschaftlichen Werte nebst Veränderung der Lebensgewohnheiten derzeit den Preis des Nicht-Mehr-Dazu-Gehörens hat.

Weitere Protagonisten wie eine Nachbarin, ein ex-Nachhilfelehrer, das pädagogische Personal und die Kinder nebst ihren Eltern in der Schule verdeutlich die möglichen Reaktionen auf Menschen wie Anders: Abgrenzung, Angst, Bewunderung, Respekt, Verunsicherung.

Ich bin gespannt, was Teenie zu dieser Geschichte sagt.

Ihre erste Ablehnung gegen das Buch ( lass mich mit dem anders-Scheiß in Ruhe, ich bin Teenie, mich interessiert das nicht, nicht ich hab Probleme sondern der Rest der Welt ) ist der Neugier gewichen, schließlich geht es um ihr bekannte Wahrnehmungsweisen und es ist von einem ihrer Lieblingsautoren.

Außerdem reizt sie der Diskurs darüber mit mir.
Ein willkommener Anlass, wieder einmal über unser Zusammenleben und die uns leitenden Werte zu reden. Ich bekomme da manchmal mein Fett ab… aber dennoch:
Ich freu mich drauf.

Mit Anhieb schafft dieses Buch den highscore auf meiner Lieblingsbuch-Liste.
Steinhöfel ist ein tolles, unaufdringliches Plädoyer für Inklusion gelungen.

Unbegingt lesenswert.

Leise Zweifel bleiben lediglich bei der Altersangabe des Verlages. Für 12jährige scheint es mir noch etwas früh.

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Wenn ich Dich umarme, hab keine Angst : eine wahre Geschichte / Fulvio Ervas

Heute nur ein Hinweis auf eine tolle Buchbeschreibung.
Eltern von Kindern, die die Welt anders erleben als Andere lernen fast immer auch diesen anderen Blick, zumindest ein wenig.
Das entschädigt auf wunderbare Weise für den ganzen Stress und Ärger mit der Normalo-Welt, nimmt aber leider nicht die Sorge und Verletztheit.

Kommt auf die lange -Winterabende-Leseliste.

By the way…

So. Der Kinderpsychologe, der Ihnen gegenüber sitzt, hat Ihnen gerade gesagt, dass Ihr Dreijähriger „ein Verhalten zeigt, das mit dem eines Menschen aus dem autistischen Formenkreis übereinstimmt“. Was Sie jetzt spüren, ist Beklommenheit, klar, eine Vorahnung, dass Ihr Leben als Eltern viel härter werden wird, als Sie es sich ausgemalt hatten, allerdings auch ein bisschen Bestätigung.
Wenigstens haben Sie jetzt einen zehnseitigen Bericht, den Sie Freunden und Verwandten vorlegen können, die immer wieder behauptet haben, Jungs seien nun mal langsamer als Mädchen ………
An Leute, die es zuerst erfahren sollten, schicken Sie ein paar allgemein gehaltene E-Mails mit Wendungen wie „ach übrigens“, „wie’s aussieht“, „hat Autismus“, „mach dir aber keine Sorgen“ und „bestätigt, was wir sowieso schon vermutet hatten“. Die Antworten folgen prompt, klingen aber unbeholfen: Beileidsbekundungen sind eben mangels Leiche unangemessen, und E-Cards mit „Tut mir leid, dass euer Sprössling ein Autist ist“ gibt es noch nicht. Manche Leute schicken Ihnen Zeitungsausschnitte über Autismus – darüber, wie das Reiten und Schamanen in der Mongolei einem Kind geholfen haben, über einen berühmten Schriftsteller, dessen autistischer Sohn ganz gut zurechtkommt, über eine bahnbrechende Diät auf der Grundlage von Hanf und Açaifrüchten. Die Ausschnitte wandern in den Kompost……

Wie der Schriftseller David Mitchell lernt, seinen kleinen Sohn zu verstehen, beschreibt er in einem lesenswerten Artikel in der DIE WELT online hier.

Sehenswert ebenfalls Bettina Böttingers Reportage B.sucht im wdr, leider zu vorgerückter Sendezeit, aber immerhin über die Mediathek abrufbar hier.
Besonders hat mir das Porträt von Sabine Kiefner gefallen, auf deren sehr informativen Blog ich gerne hinweise: Aspergerfrauen.
Auch Dr. Peter Schmidt ist kein Unbekannter in der “ Szene“ und wer noch nichts von ihm gehört hat, kann sich auf seiner HP schlau machen.
In Kombination mit dem dritten portraitierten Autisten, Julius, wird deutlich, wie vielfältig das autistische Spektrum ist.

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Für gerade mal 30 Minuten kann man nicht mehr erwarten.

Wer mehr über Dr. Christine Preißmann erfahren möchte, wird bei Aktion Mensch fündig. Ein Interwiev mit ihr gibt es hier zu lesen.

Zum Schluss noch einen Tipp für den Wochenend-Einkaufsbummel: kleinen Stop in der Zeitschriften-Abteilung, Fokus Heft 28 S. 94 aufschlagen und diesen Artikel lesen :

Lächeln lernen : Sie leidet am Asperger-Syndrom. Trotzdem schaffte es Christine Preißmann, Ärztin und Buchautorin zu werden.“

Über Preißmanns bemerkenswertes Buch habe ich kürzlich hier geschrieben.

U P D A T E : wer es nicht in den Zeitungsladen geschafft hat, schaut hier

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Ein Kreis ist ein Kreis

Interessante Menschen.
Irgendwie gradlinig, konsequent.
Wenig beirrbar durch Konventionen und Erwartungen Dritter, so scheint es.
Ausgestattet mit einer guten Firewall gegen Fremdbestimmung.
Charakterköpfe, wie man so schön sagt.
Beeindruckend.

Lesen wir vielleicht deshalb gerne über sie?
Finden sie deshalb zunehmend erfolgreich Eingang in die Welt der Literatur und des Films?
Im Gegensatz zu ADHS wird eine autistische Disposition neuerdings zuweilen durchaus positiv dargestellt. Zumindest wenn sie „hochfunktional“ ist. (1)
Das finde ich gut.
Nicht gut, dass z.B. ADHS noch immer in der Schmuddelecke verharrt, da gehört überhaupt keine vom neurotypischen Wahrnehmen und Empfinden abweichende Disposition hin.

Das, was wir an ADHSlern sehen, ist eher das, worunter wir mehr oder weniger selbst leiden.
Immer mehr Reize stürmen von allen Seiten auf uns ein und machen uns kirre.
Konzentration ist anstrengend.
Es fällt uns immer schwerer, in der Vielfalt der täglichen Angebote unserer Konsumgesellschaft Entscheidungen zu fällen.
Der Leistungsfächer ist so breit, dass wir kaum noch wissen, welchen Anforderungen wir zuerst nachkommen sollen.
Wir haben eine moderne Lebensweise bei gleichzeitig nicht mehr zeitgemäßen oder kaum erfüllbaren Konventionen.
Täglich üben wir uns in der Quadratur des Kreises.

Gerne erinnere ich mich zurück an vergangene Einkaufsbummel mit einem ehemaligen Partner.
Selbst ein Handwerksmeister, aber tätig in einem der renommiertesten Juweliergeschäfte vor Ort. Von Zeit zu Zeit kleidete er sich neu ein. Eine Rolex verkauft man nicht im Arbeitskittel.
Er liebte es, zu diesem Zweck einen Herrenaustatter aufzusuchen. Ich begleitete ihn gerne und nicht ohne Neid. Dort gab es alles: von der Socke, Unterwäsche, Oberbekleidung für Beruf und Freizeit, Schuhe und Kopfbedeckung bis zu Manschettenknöpfen. Das Angebot war angenehm begrenzt.

Freundliche FachverkäuferInnen nahmen sich seiner an.
Ein klarer Auftrag seinerseits: ich brauche für den Anlass X die entsprechende Garderobe.
Eine systematische Abarbeitung des Auftrags andererseits.
Alles in ruhiger und ungestörter Atmosphäre.
Der Kunde musste nicht durch diverse Abteilungen streunen und jedes Mal sein Verslein aufsagen, das Verkaufspersonal hatte die Möglichkeit, sich auf einen Kunden zu konzentrieren und wirklich seine Fachkenntisse gezielt an den Mann zu bringen.
Ich habe dabei gerne zugeschaut und ab und an durfte ich mein laienhaftes Urteil abgeben.

Einen solchen Ort habe ich lange nicht erlebt. Weder in die Arbeitswelt noch in der Freizeit.

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Multitasking.
Alles und jeder wird bedient. Gleichzeitig.
Natürlich leidet die Qualität.
Keine Zeit für Hingabe.
Dazu bräuchte man einen sicheren Schutz gegen die ständigen Unterbrechungen.
Wir sind darauf getrimmt, allen Anforderungen gerecht werden zu wollen, alle Begehrlichkeiten, die von außen an uns herangetragen werden, zu bedienen.
Besonders am Arbeitsplatz. Unser Sicherheitslevel dort ist allenfalls medium – alles andere könnte als Faulheit, Sturheit, mangelndes Engagement und Desinteresse gewertet werden.
Kleine gut geölte Rädchen im großen Getriebe.

Wer schon einmal einem Menschen mit autistischer Disposition zugeschaut hat, wie er ganz und gar in seinem Spezialinteresse aufgeht und die oftmals beachtlichen Leistungen, die daraus resultieren sieht, denkt sich vielleicht:

boah – das würde ich auch gerne mal schaffen.

Einfach das machen, was ich wichtig und interessant finde. Bis ICH damit zufrieden bin. Egal, was Hans, Franz und sonst wer gerade wollen oder darüber denken.
Firewall high level on.
Zweifellos eine der positiven Seiten des Autismus.
Die andere Seite: es geht meist nicht anders und der Preis dafür in unserer Gesellschaft ist verdammt hoch.
Letzteres jedoch könnte durchaus anders sein.
Wir hätten alle etwas davon.

(1) was für eine blöde Bezeichnung ist das eigentlich?

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Der akzeptierte Kauz – vom Aussterben bedroht

„SAP stellt gezielt Autisten ein“

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Diese Nachricht ging in den letzten Tagen über die Presseticker.
Eltern diagnostizierter AutistInnen mit Affinität zur IT freuen sich. Autismusverbände auch.
Das ist verständlich. Zu viele AutistInnen bekommen keine echte Chance, ihre Fähigkeiten in ein gutes geregeltes Gehalt umzuwandeln.

Einen besonderen und m.E. nicht zu unterschätzenden Aspekt hat Johannes Drischel in einem lesenswerten Artikel eingebracht:

Man sollte nur nicht annehmen, dass diese Idee neu sei und dass noch niemand zuvor auf diese Idee gekommen sei. Es sind nämlich die Autisten selbst, die schon seit langem und ganz von alleine zu SAP, zu BASF und meiner persönlichen Erfahrung in meiner Beratungs- und Seminarpraxis nach, zu VW und dort jeweils in die Entwicklungsabteilungen finden. Nur sind es überwiegend keine diagnostizierten Asperger Autisten, die dort an den PCs sitzen und hervorragende Arbeit leisten. Es sind atypische und hochfunktionale Autisten und es sind hochbegabte Menschen, die dem Autismus-Spektrum nahe stehen.Quelle

Lesenswert auch dieser aktuelle taz-Artikel über Peter Schmidt, promovierter Geophysiker, Autist und bei SAP vor 15 Jahren nicht eingestellt.

Die Möglichkeit, das zu schaffen, ist jungen Menschen aus dem Autismus-Spektrum heute jedoch stärker verwehrt. Wer heute in der Schule auch nur irgend etwas nicht so macht, wie alle anderen, wird nicht nur schief angeguckt, sondern an diverse Diagnose- Maschinen überwiesen.
Selbst Kleinigkeiten werden als “ Auffälligkeiten “ thematisiert, mit dem Kind, in der Klasse , mit den Eltern.
Der Druck zur Konformität ist enorm gewachsen. Auf die Betroffenen Kids, auf die Eltern.
Der Kauz muss repariert werden oder gelabelt.

Hier nur ein kleines Beispiel von „Toleranz“ zu Zeiten der Inklusion im Klassenraum, dem ich noch viele beifügen könnte:

Klassenarbeit. Ein Text muss gelesen werden. Nach dem Lesen muss er umgedreht auf den Tisch gelegt werden. Alle SchülerInnen fangen zur selben Zeit mit der Bearbeitung an.

Wie geht es SchülerInnen , die Texte geradezu rasant sinnentnehmend „inhalieren “ können?
a) “ …du kannst noch gar nicht fertig sein. Lies weiter …“ – also so tun als ob.
b) während des langen Wartens auf die anderen gehen die Gedanken spazieren, weg vom Thema. Neu lesen während der “ Schreibezeit“ : “ fang jetzt mit Schreiben an „…blabla

Folge : Irritation durch Störung des Arbeitsprozesses, schlechte Note.

Die Luft wird dünner für Menschen mit Besonderheiten.

Die Schule soll Kinder passgenau fürs Arbeitsleben machen.
Das klappt schlechter als gewünscht, weshalb viele Wirtschaftsunternehmen und deren Lobby kurze Ausbildungsgänge und Studiensysteme befürworten: dann können sie die jungen Leute selbst passend machen.

Der Freiraum, sich selbst für ein Berufsfeld passend zu entwickeln, wie die oben beschriebenen
“ wilden “ Autisten , schrumpft.

Dass SAP aus reiner Nächstenliebe heraus handelt, wäre mal was Neues.

Dennoch : Einige werden eine Chance dadurch bekommen, was gut ist.

Im Übrigen gibt es auch viele Menschen aus dem Autismusspektrum, die mit IT nicht viel am Hut haben. Nur zur Erinnerung.

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Diagnose: Gehindert

Wem es nicht vergönnt ist, 40 Wochen im schützenden Mutterleib heran zu reifen, muss sehen , wie er mit der kalten, reizüberfluteten Welt klar kommt. Einfach sterben ist nicht erlaubt.
Kämpfen vom ersten Atemzug an ist Programm.

Aus dem Gröbsten raus – sprich außer Lebensgefahr- könnte ja nun eine kleine Erholungspause angesagt sein.
Aber nein. Schnell aufgeholt werden soll nicht nur das Gewicht, sondern auch die sensorische und motorische Entwicklung.
Dafür zuständig ist meistens die Mutter.

Vergleichsmöglichkeiten gibt es viele: andere Kinder, diverse Tabellen in Büchern, Ratgeber, Internet.
An Beratern mangelt es nicht: Eltern, Geschwister, Freunde, Kollegen, Ärzte.
Allen gemein: sie haben keine Ahnung, wenn sie nicht auch ein ebensolches Kind begleitet haben. Nicht einmal die Ärzte.
Klappt es mit der Entwicklung nicht planmäßig, sind gleich diverse Erklärungen parat.

Die Charts:
Falsche Erziehung
Das Kind wird verwöhnt
Die Eltern übertragen Ängste und sonstwas
Falsche Ernährung

Oder
Das Kind hat nichts
Das wird schon
Das wächst sich aus

Bei weitem noch nicht alles.
Niemand traut den Eltern zu, ihr Kind zu kennen und ungefähr richtig einzuschätzen.

Kommt dazu noch Hochsensibilität ins Spiel, wie auch immer sie sich äußern mag, wird es spannend.
Das Kind soll diese verleugnen. Denn sonst ist es nicht NORMAL.
Die Eltern sollen sie verleugnen, und damit ihr Kind. Ist DAS normal?

Normal- ein Zustand der angestrebt werden muss.
Wer das sagt?
Keiner, aber es denken die meisten.
Im Rahmen der Norm. Wessen?

Was wünschen sich Eltern? Ein glückliches Kind? Haben sie in ihm den Schatz des Besonderen entdeckt, bieten sie vielleicht noch eine Weile dem mainstream paroli.

20130222-071147.jpgSpätestens im Laufe der Grundschulzeit der Wunsch: wir möchten es auch einmal einfach nur leicht haben.

Alle Versuche, Institutionen dazu zu bringen, das Kind einfach so (an) zu nehmen wie es ist und dennoch zu fördern, und zwar so, wie es dem Kind entspricht, scheitern.
Eine anerkannte Diagnose muss her.

Eine Odysee beginnt bzw. wird fortgesetzt.
Kinderarzt, Sozialpädiatrisches Zentrum, Psychotherapeut.
Ergotanten , Pädaudiologen und noch mehr – ogen und -euthen.

Statt Hilfe gibt es : das tiefe Bewusstsein, nicht richtig zu sein. Nicht zu passen.

Alle Versuche des Kindes, die Dinge in seiner Weise zu machen, werden kritisiert.

Wer über eine besondere Begabung, mit der gesellschaftlicher Erfolg verbunden ist verfügt, kann sich glücklich schätzen. Kauzig aber intelligent.
Wer eine Begabung hat, die keiner kennt, Synästhesie z.B. , kann sich glücklich schätzen, wenn er nicht für verrückt erklärt oder dumm gehalten wird.
Im ICD 10, 2008 noch als Krankheit (R20.8) aufgeführt. (1)
Nun ja, im künstlerischen Bereich ist das neuerdings chic. Immerhin.
Ist man einfach nur “ gewöhnlich Anders“ hat man Pech.
Summa summarum aber sind alle freaks und als solche werden sie auch behandelt.

Unpassend auch die Eltern, die ihr Kind nicht auf Spur gebracht haben. Oder die einfach nicht kapieren wollen : d b d d h k P ! (2)
Erst Recht wenn sie für ihr Kind trotzdem den Anspruch auf Bildung, Ausbildung und Selbstbestimmung postulieren.
Nicht individuelles Lernen ist angesagt, sondern es wird am Ziel abgespeckt. Geht ganz einfach.

Und nun kommt Inklusion . WOW.
In einer Welt, die es nicht nicht einmal Babys erlaubt, sich für den Aufrichtungsprozess individuell Zeit zu nehmen, sollen Schulen in kurzer Zeit komplett akzeptieren was vorher undenkbar war.
Kosten darf das alles nichts, das ist klar.
Ist hier nicht eher noch Sparpotential – fragt sich da der findige Politiker.
Auch hier wieder : ohne Diagnose geht gar nichts.
Nicht unbedingt einleuchtend, ist doch die Teilhabe aller das erklärte Ziel.
Wozu dann also das Ettikett?
Können wir leere Schubladen nicht ertragen?

Wer sich mit seinem Kind im Strudel der äußeren Anforderungen, eigenen Wahrnehmung und Einschätzung sowie den Wünschen und Bedürfnissen des Kindes befindet, sehnt sich aus gutem Grund nach einem Namen für das “ Anders sein „. Was keinen Namen hat n‘ existe pas.
Irgendwann die Frage: bin ich behindert? Was auch immer das sein mag.

Wer Hilfen vom Amt bekommen kann, kommt ohne anerkannte Diagnose nicht weit (es muss ja nicht die Richtige sein).
Wer einen Arbeitsplatz braucht, der speziell ausgestattet sein muss, auch nicht.
Das alles wäre kein Ding, wenn da nicht der negative Touch, die “ sei froh dass du mitspielen darfst“ – Haltung der Restwelt wäre.

Auch die schlimmste Schulzeit endet einmal.
Was dann?
Wer bisher mit seinem unsichtbaren “ Handicap “ durch gehalten hat, wird nun konfrontiert mit dem Höher, Weiter , Schneller des täglichen Broterwerbs.
„Alternative“ : Diagnose, SBH , 2. Arbeitsmarkt, Hartz IV.
Pest, Cholera, Pocken oder Aids.
Dann doch lieber Burn Out und Depressionen, immer wieder oder chronisch.

Lichtblick: immer mehr Betroffene fordern für sich offen Teilhabe ein, organisieren sich bei autworker, tokol e.v. , SeHT e.v, ADHS-Deutschland e.V und in vielen Selbsthilfegruppen und Foren.
Anders geht es wohl nicht. Umdenken auf Verordnung klappt nicht und schnell schon gar nicht.

Der Gedanke der Chancengleichheit, und darum geht es letztlich, ist nicht neu. Die Bürgerliche Revolution hatte zunächst auch die Frauen außen vor gelassen, nun ja, wir sind peu à peu auf dem Vormarsch. Sogar in der Schweiz dürfen wir jetzt wählen. Schwule, Migranten und viele andere Personengruppen werden noch immer diskriminiert, aber auch hier geht es voran, wenn auch im Schneckentempo.

Meistens nicht im Focus dieser Diskussionen : die Männer, Heteros, Weißen, Reichen, Gesunden/ Normalen – und andere Menschen der ( vermeintlichen) Mehrheit.

Wie soll Emanzipation, Inklusion oder Diversity gehen, wenn genau diese Personen nichts dazu beitragen müssen?

Wenn sich in Integrationsklassen die I-Kinder ( was für eine Bezeichnung! ), im Job die Frauen, in Ländern mit weißer Mehrheit die Schwarzen etc. anpassen, verbiegen und verleugnen müssen und von den Hinderern jeglicher Coleur nicht das kleinste bisschen Verhaltensänderung verlangt wird, noch nicht einmal thematisiert wird?
Gelungene Integration, wenn noch nach 3 gemeinsamen Schuljahren Klassenkameraden nicht kapiert haben, dass man z.B. einen Menschen mit ASS nicht zu sehr auf die Pelle rückt, dass dieser sich dann i.d. R. bedrängt fühlt und entsprechend reagiert?
Wirklich heavy, wenn man gleich zu mehreren der gehinderten Personengruppen gehört.

Materiell einigermaßen ausgestattet, gelingt es neuro-untypischen Menschen und anderen Gehinderten immer wieder, die vorenthaltene Bildung und gesellschaftliche Stellung trotzdem zu erlangen: sei es autodidaktisch, in Fernkursen, in Vereinen, in Feriencamps und mehr.

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Letztlich lässt Emanzipation sich nicht aufhalten, wenn wir nicht alle einpacken wollen.
Das hat schon der olle Marx erkannt : Kommunismus oder Barbarei 😉

(1) ICD 10 Version 2008
(2) doof bleibt doof da helfen keine Pillen

Mit diesem blogpost beteilige ich mich an den Blogger-Themen-Tagen

#einfachSein

Eine tolle Idee und ein großes Dankeschön an die OrganisatorInnen, die aus dem Autismusspektrum kommen.
Mehr dazu hier

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Einmal Frühchen – immer Frühchen?

In den letzten Jahren hat sich in der Versorgung von frühgeborenen Kindern und der Begleitung deren Eltern viel getan.
Davon, dass mittlerweile auch medizin-ethische Fragen immer drängender werden, und sich auch die betroffenen Eltern dessen bewußt sind, zeugt ein Fragebogen des Bundesverband „Das Frühgeborene Kind“ e.V.

Vor ca. 15 Jahren musste man schon ziemlich suchen, um an Infos zu kommen und die Selbsthilfe steckte noch in den Kinderschuhen. Die besonders unreifen Frühchen standen im Focus der Aufmerksamkeit , eher späte Kinder ( 34 -37 SSW ) wurden “ normal “ versorgt und die Eltern mit den Worten : „das wächst sich raus“ allein gelassen.

In dieser Situation bin ich zum Glück auf eine mailingliste des Frühchen-netz gestoßen.

Ich weiß gar nicht, ob da noch viel los ist, denn das Frühchen-Netz hat nun auch eine FB -Seite.

Da auch Frühchen älter werden, haben wir die mailingliste “ Frühchen-ab-drei“ gegründet.
Da bin ich immer noch drin und hin und wieder kommen noch heute Beiträge. Zunächst ging es um Kita, dann Schule, Therapien, jetzt Pubertät , Konfirmation etc. und immer wieder auch um ADHS und Autismus Spektrum Störungen. Viele bekommen erst jetzt ihre Diagnosen.

Abgesehen von der Hilfe, die ich über Jahre erfahren habe, ist es immer wieder schön zu sehen, wie die Kinder ihren Weg gehen. Aber auch wir Eltern.

Vielleicht merkt es den ehemaligen Frühchen irgendwann niemand mehr an, wie schwierig ihr Start ins Leben war.
Sie selbst aber werden diese Erfahrung immer in sich tragen und für uns Eltern bleiben sie letztlich auch immer eine “ Handvoll Leben“ .
Sie kämpften von Beginn an mit einer Hartnäckigkeit ums überleben, die ihresgleichen sucht.

Respekt .

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