8° Ost

Wir machen eine Weltreise. Eine für Genügsame. Eine mit Einschränkungen. Aber wir machen das.

Es gibt wohl keinen wohlmeinenden Rat, den ich öfter höre: ihr müsstet beide mal so richtig raus kommen, mal Urlaub machen. Abschalten.
Jip. Sehe ich auch so. Will ich haben. Jetzt. Und muss mich zusammen reißen, um nicht laut los zu kreischen.

Es ist ja nicht so, dass ich einfach mal einen günstigen Pauschalurlaub buchen könnte.
Der kostet nämlich. Auch günstig kann zu viel sein. Darauf könnte ich ja noch sparen, würde zwar dauern, aber wenn es dann auch schön wird und für uns passen würde… und da sind wir schon beim eigentlichen Problem.

Die Anreise

Wir sind ein Auto-freier Haushalt. Also ist die erste Bedingung, dass der Urlaubsort mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar sein muss.
Die Anreise darf nicht zu beschwerlich sein. Das heißt nicht zu lang und nicht zu viel umsteigen. Klare Forderung von Rheumi. Klares Bedürfnis von Teenie.
Bahnhöfe und Flughäfen sind zudem voller Menschen, der Geräuschpegel ist hoch, Gerüche, visuelle Eindrücke, alles prasselt auf einen herab. Also bitte nicht zu viel davon.
Im  Zug ist man dann unter vielen Menschen: verschiedene Deos, duftendende Wurst-und Käsestullen, wichtige Telefonate, lustige Kinder oder schimpfende Eltern bilden die Kulisse. Teenie hat da eine gute Methode: sie versinkt quasi von der ersten Minute an in eine Art Schlaf…..versucht sich innerlich aus der Situation zu beamen. Ich kann das leider nicht und ärgere mich fortan über das schlechte Netz oder starre aus dem Fenster, den Gedanken nachhängend. Im Unterschied zum alleine Reisen bin ich eher angespannt.
Sicherlich rührt das auch daher, dass es für Teenie immer noch schwierig ist, in den Urlaub zu starten. Sie kann sich noch so sehr darauf freuen, wenn es los gehen soll, sieht es von außen so aus, als wenn sie nicht weg wolle. Irgend etwas scheint sie zu blockieren. Alles dauert ewig und immer kommen wir auf den letzten Drücker los. Egal wie viel Vorlaufzeit sie bis zur Abreise hat. An meine Gelassenheit werden hohe Anforderungen gestellt. Die ich selten erfülle. (Rückwärts ist das übrigens auch so. Einmal da, fällt weg gehen schwer.) Für mich ist also erstmal verschnaufen angesagt, wenn wir im gewählten Reisemittel sitzen.

Die Unterkunft

Das ist der nächste wichtige Punkt. Es gibt eine bestimmte Art von Umgebung, die geht gar nicht. Teenie bevorzugt helle neue Räume, weil dort am wenigsten Geschichte spürbar ist. Hier müssen ihre Gefühls-und Geschmackssynästhesie berücksichtigt werden. Puppen oder ausgestopfte Tiere als Deko sind absolutes no-go, schon gar nicht im Restaurant. Am besten Systemgastronomie und Hotelketten, die sie kennt. Das ist vertraut und ihr fällt die Orientierung leichter.
Ferienwohnungen sind nicht mein Favorit, wenngleich wir immer öfter dahin ausweichen müssen.  Auf einkaufen, kochen und Küche säubern kann ich wunderbar verzichten.  So zu Hause möchte ich mich dann im Urlaub doch nicht fühlen. Die neuen, gut ausgestatteten sind zudem nicht gerade günstig. Teenies sensorische Kriterien gelten ja auch hier.
Ein bisschen schön möchte aber auch ich es haben. Platz ist wichtig und die Möglichkeit, sich auch mal im Zimmer aufzuhalten, ohne gleich einen Koller zu bekommen. Den ganzen Tag unterwegs sein war gestern. Und jeden Tag ein großes Abenteuer erleben ging eigentlich noch nie. Zeit zum Verarbeiten der Eindrücke muss unbedingt eingeplant werden.
Meist kommt dabei heraus: ein wenig zu teuer für uns, dafür bleiben wir weniger lange.
Erholung light.

Das Programm

Nun wird es wirklich schwierig.
Vorab: z.B. ein Ausstellungsbesuch mit Zugfahrt Hin-und Zurück an nur einem Tag geht gar nicht.

Natur unFullSizeRender - Kopie (8)d Tiere sind immer gut.
Für Erwachsene wird so etwas aber eher selten geboten, da muss man schon ein Sport-Programm oder Workshop mit buchen, was dann wieder entsprechend kostet.
Berücksichtigt werden müssen immer die (meist) unsichtbaren Barrieren, an denen Teenie scheitern kann. Aber mittlerweile muss ich auch darauf achten, was meine Gelenke schaffen und was nicht.
Klettergarten und Wildwasser-Rafting oder Vergnügungspark kamen noch nie in Frage. Museen und Ausstelllungen  nur begrenzt und gut  geplant.

Und doch wollen wir auch mal was Neues sehen und erleben.

Eine reizvolle Erdumrundung

Diesmal war es das Klimahaus. Es  wurde uns empfohlen  und wir hatten auch Lust darauf.  Was klar war: das wird eine Reise mit sehr vielen Reizen: wechselnde Temperaturen, fremde Geräusche und Gerüche, wechselnde Bodenbeschaffenheit, Lichteffekte, um nur einige zu nennen.  Die nachgestellte Reise auf dem 8. Längengrad sollte auch sinnlich erfahrbar gemacht werden. Eine Herausforderung, der sich Teenie stellen wollte. Eine Herausforderung auch für mich als Begleiterin.

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Die Ausstellung ist wirklich gut gemacht. Neben der sinnlichen Erfahrung  gibt es viele Infos auf Schautafeln oder interaktiven Schalttafeln rund um den Klimawandel und dessen Auswirkungen.
Da kamen wir aber leider kaum ran.
Als größte Barriere stellte sich nämlich der Besucherandrang heraus. Viele Familien mit sehr kleinen, wuseligen Kindern. Ein Klangteppich von lauten hohen Stimmen. Gedrängel um die Infotafeln, oft sehr rücksichtslos.
Sehr anstrengend. Nichts für Teenie. Nichts für mich, wenn ich nicht zurück drängeln darf (das irritiert T. sehr).

Zum Glück gibt es ein paar sehr schöne „langweilige“ Plätze, unterm Sternenhimmel zum Beispiel mit ruhigen Klängen im Hintergrund. Während wir dort verweilten, tobten die Kiddies an uns vorbei, ebenso in einer Hütte auf Samoa mit Blick auf das Wasser oder vorm  Aquarium. IMG_2276

Wie gut, dass wir danach in unserer schönes Appartement gehen konnten. Einfach auf dem Bett liegen und auf den Yachthafen schauen.

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Unser Fazit: es hat sich gelohnt und war eine gute Vorbereitung für einen weiteren, ausführlicheren Besuch im Klimahaus zur Saure-Gurken-Zeit am Spätnachmittag.
Dann hoffentlich mit ausführlichem Studium des Informations- und vllt. auch Mitmachangebotes.

Für hochsensible Menschen jeder Couleur empfehlen wir eine gute Vorbereitung und die Möglichkeit eines zeitnahen Rückzuges zur Erholung. 

 

 

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Fernweh

Um diese Jahreszeit träume ich immer vom großen Urlaub, fern von hier. Mal was ganz Neues sehen und erleben. Andere Kulturen, Sprache, Natur, Klima.
Ein fresh-up für Seele und Geist.

Ich besuche virtuell Länder, Städte und Regionen. Meine Neugier ist geweckt und da ich noch nicht allzu viel in der Welt herum gekommen bin, gibt es für mich noch viel Neues und Interessantes zu entdecken. Bei meiner/unserer Reiseplanung sind immer einige Besonderheiten zu berücksichtigen. Wir sind bei weitem nicht so flexibel wie Menschen ohne Einschränkungen. Das alles sind aber keine wirklichen Hürden.

Ein Besuch auf diversen Urlaubsportalen macht schnell klar, woran es wirklich hapert: ohne Moos nix los.

Selbst günstige  Angebote sind in der Summe noch immer nichts für Menschen, die gerade mal so mit ihrem Einkommen über die Runden kommen. Wenn dann noch Special Needs dazu kommen, erst recht nicht.

Natürlich können wir uns auch hier vor Ort eine schöne Zeit machen. Und Teenie hat in ihrem Leben schon mehr von der Welt gesehen, als ich in ihrem Alter ( etliches allerdings nur, weil ich sie auf Dienstreisen mitnehmen musste).

Es betrübt mich dennoch. Gerade gestern wurde mir Lust auf eine Ausstellung in Zürich gemacht, wegen der „unglaublich günstigen Flugpreise“ auch an 1 Tag von hier aus zu schaffen. Selbiges durchgeführt von einem guten Bekannten mit seinem Sohn.

Ein Blick auf die vermutlich wirklich günstigen Reisekosten entlockten mir heute morgen keinen Jubelschrei sondern eher ein „boah, die spinnen wohl“.

Träume für die Economy-Class

Bildung zum Anfassen ist in der Economy-Class nicht vorgesehen. So wie schon ich in meiner Kindheit und Jugend, erkundet nun Teenie die Welt von zu Hause aus. Immerhin, damit kann man auch Bildungsschranken überwinden, zumindest zum Teil.

Aber wirklich mitspielen, das tut man nicht.
Heute gehört es mehr und mehr dazu, sich in der Welt sicher bewegen zu können.
Einen Flug von A nach B buchen oder Alternativen finden, Kommunikation auf Englisch, sich einer neuen Umgebung schnell anpassen, Grenzen passieren, Visa beantragen… gemachte – nicht erlesene – Erfahrungen geben Sicherheit bei neuen Herausforderungen.

Da ich selbst bildungsmäßig den Sprung in höhere Sphären geschafft habe, höre ich von Freunden und Bekannten aus dieser Schicht häufig Berichte über erfolgreiche Nachkommen, die im Ausland studieren, mal eben work and travel in sonstwo machen,  zur Ausstellung X in Y jetten usw. Oder von gemeinsamen Familien-Unternehmungen fernab vom heimischen Herd.
Materiell und sozial eher in meinem Herkunftsmilieu verblieben, höre ich ebenso von jungen Menschen, für die diese Art der Horizonterweiterung schlicht und einfach nicht umsetzbar ist. Für die bestenfalls ein günstiger Last-Minute-all- inclusive Urlaub drin liegt. Auch weil sie Anderes nicht für sich organisieren können oder sich nicht zutrauen, weil nicht kennen. Und für so manche ist sogar ein Ausflug über die Stadtgrenze hinaus schon ein Abenteuer.

Auf einer Mutter-Kind-Kur  habe ich vor vielen Jahren einmal einen Vortrag über  die „Wunscherfüllung in der Phantasie“ gehört. Anwendbar, wenn Kinder sich Dinge wünschen, die man ihnen nicht geben kann.  Eine Phantasie-Reise, bei der wir die Kinder ermuntern, sich nach Herzenslust alles vorzustellen und auszumalen, was sie gerne hätten. Statt des mütterlichen : du weißt doch, das können wir uns nicht leisten. Danach ginge es den Kindern gleich besser, sie fühlten sich mit ihren Bedürfnissen gesehen, der Wunsch sei dadurch quasi halb befriedigt.
Mag sein, dass die Quengelei dann abnimmt.
Aber  ist damit das Bedürfnis weg?

Ich für meinen Teil versuche nun wie jedes Jahr meine Ansprüche herunter zu schrauben. Aber ganz ehrlich, der Wunsch, mal so richtig tschüs und weg zu sagen, der bleibt.
Da kann ich noch so viel träumen.

 

 

Murphys Gesetz

Gestern abend beim Einschlafen dachte ich noch : und wenn du dir etwas von dem leckeren Sauerkrauteintopf in einer Dose mit auf die Reise nimmst……?

Sowas mache ich natürlich nicht. Außerdem habe ich  für Teenie gekocht, die ein paar Tage allein klar kommen muss. Das mit dem Hunger ist bei ihr ja so eine Sache: manchmal merkt sie ihn stundenlang nicht und dann ganz plötzlich in so einer Heftigkeit, dass es sich fast wie Magenkrämpfe anfühlt. Dann ist es gut, sie muss nur schnell etwas warm machen, anstatt in einen  “ Hunger-Overload“ zu schlittern.

Ich verdrücke mich für ein paar Tage aufs Land… mir fällt hier die Bude auf den Kopf. So richtig nach Reisen ist mir  dennoch nicht, unfit, wie ich gerade bin.

Nun sitze ich hier im Zug,  wie es nicht anders sein kann mit 2 reizenden kleinen Mädchen samt Mutter an einem Tisch. Der Zug ist voll, ein Entkommen gibt es nicht. Muttern ist bestens gerüstet: während die beiden auf Geheiß von Muttern ihren Lernspielen nachgehen, werden sie mit Selbstgeschmiertem – und geschnippeltem versorgt. Gurkenduft. Geht ja noch.

Reisezeit ist Nachdenkzeit. Aus dem Fenster schauen und sinnieren…ich liebe das. Die kleinere Madame plappert in einer Tour, dabei zeigt sie mir nun, wie schön sie ihr intensiv  duftendes Leberwurstbrot zerkauen kann. Ab und an tritt sie mir auf mein entzündetes Fussgelenk. Autsch. Muttern hat derweil  auf Durchzug gestellt.

Umbaupause: Lernhefte und Brote weg, Uno raus. Uno auf dem Boden, die Kinder auch, meine Füsse nicht mehr. Muttern bleibt tiefenentspannt. Wozu habe ich einen Platz mit Tisch gebucht? Das Tablet belastet meine Handgelenke mehr als schön ist.

Meine Ohr-Verkabelung sorgt dafür, dass ich mich nicht auf mein Buch konzentrieren kann. Musik hören  und lesen kann ich nicht gleichzeitig.  Ich bezweifele, dass die kleine Lady unterm Tisch sich auf “ Schnüpperle“ ( Ostergeschichten)  konzentriert , vorgelesen von der nun auch mental anwesenden Mutter. Das nervt Muttern und mit einem halben Amerikaner wird die Süße nach oben gelockt. Warum muss ich nur immer auf den kauenden, offenen Mund schauen?

Muttern liest nun engagiert und laut. Schließlich sollen die Kids zuhören. Ich kann mich nicht erinnern, Teenie jemals eine Geschichte so entgegen geschrien zu haben. Die Größere hat sich mittlerweile mit einem eigenen Buch abgesetzt und die Welt akustisch auf ihre eigene Musik reduziert. Wenn Muttern doch wenigstens aus Sternentänzer“ vorlesen  würde. „Schnüpperle“ scheint nicht nur mich zu langweilen.

Immerhin: die mitleidigen Blicke meiner Mitreisenden sind  mir sicher. Es reisen auch andere Kids in diesem Wagon. Soweit ich sehen kann, müssen die nicht dauernd essen, ihre Eltern reden ab und an mit ihnen, sie malen , lesen, hören Musik/ Hörspiel oder gamen. Manche schlafen an ihre Eltern gelehnt und auch diese dösen vor sich hin. Was für ein schöner Anblick.

2,5 Stunden habe ich schon  geschafft, 2 Stunden hab ich noch vor mir.  Bestimmt fährt Famile  Schnüpperle weiter als ich.

Und dann bekomme ich eine kleine Chance : Osnabrück muss was ganz besonderes sein, so viele Leute steigen hier aus. 3 Reihen weiter wird ein Platz frei. Ich ignoriere meine schmerzenden Gelenke, schnappe meine Sachen und hechte da hin. Geschafft. Nicht, dass ich “ Schnüpperle“ nicht mehr hören würde, aber ich habe meinen eigenen kleinen Klapptisch , werde nicht mehr getreten und muss den Blick auf diverse Kauvorgänge nebst  weitere sensorische Irritationen nicht mehr ertragen.

Das verschafft mir Luft für das, was ich an langen Zug-Reisen so liebe. Von A nach B gebracht werden mit der nötigen Umschaltzeit fürs Oberstübchen.

Ein wenig gemein komme ich mir ja schon vor, so unnahbar wie ich mich gegenüber Familie Schnüpperle gegeben hab. Ich hätte ja auch die nette ältere Dame geben können, die  den Mädels die Reisezeit “ verkürzt“ und Muttern etwas Pause verschafft.  Wäre mir Mutter Schnüpperle sympatischer gewesen…vielleicht schon eher. Weiß ich doch selbst, wie unterstützend  solche Reisebekanntschaften sein können, wenn man mit Kind unterwegs ist.

Andererseits habe ich heute frei. Von allem. Kein Service für niemanden.

Und deshalb tut mir nur leid, dass ich das verdammte, gut und kräftig duftende Sauerkraut nicht doch mit genommen habe.  Da hätten die Schnüpperles aber geschnuppert 🙂

Expedition der Unverbesserlichen

Idee

In einem Anflug  von : was andere Familien können, können wir schon lange, haben wir  Mitte des letzten Jahres beschlossen, zu dritt die Weihnachtstage auswärts und den Jahreswechsel hier vor Ort gemeinsam zu verbringen.

Schon die Auswahl des Feriendomizils war nicht so ganz einfach. Auch bei begrenzten materiellen Mitteln kann man etwas finden, wenn man den Focus nicht  auf Luxus legt.
Kommen dann aber noch individuelle Barrieren hinzu, wird es schwierig.

Aber egal. Wir einigten uns auf die schöne Halbinsel Usedom. Natur und Meer satt und dennoch nicht ganz in der Wildnis.

Rahmen

Je näher unsere kleine Reise kam, desto deutlicher wurde: Unterschiedlicher hätten unsere Wünsche und Bedürfnisse nicht sein können.

Teenie wollte wie immer (zunächst)  gar nicht weg sondern in gewohnter Umgebung bleiben. Der ungeliebte  Weihnachtstrubel bestärkte sie darin. Ihr hätte es gereicht, die immer selben Weihnachtsfilme im heimischen Wohnzimmer zu schauen, sich mit Süßigkeiten und einem Lieblingsessen in Lieblings-Wohlfühlklamotten auf der Coach zu nieder zu lassen und gelegentlich für ein Gespräch unsere Wege zu kreuzen. Am Abend vor der Abreise also klare Ansage: eigentlich will ich hier bleiben.

Mein vorab zugereister Gefährte lebt allein und freute sich vor allem auf gesellige Stunden und Insel-Ausflüge.
Mir hingegen war weder nach Weihnachtsfilmen, Geselligkeit noch Unternehmungen… ich hätte in diesem  Jahr der einsamen Insel nur mit Buch, Laptop und Strand vor dem Haus den Vorzug gegeben.

Da wir allesamt mit einem feinen Gespür für die Stimmungen der Anderen ausgestattet sind, war schnell im Vorfeld klar: das wird ein heikles Unterfangen. Und da wir auch reich mit Impulsivität und Emotionalität gesegnet sind – die Sache mit der Einsicht und dem Verständnis für den Anderen kommt, aber irgendwie in solchen Situationen meist verzögert – gab es am Vorabend der Abreise noch eine Grundsatzdiskussion in der wir es schafften, das uns Trennende in den Vordergrund zu stellen.

Na Prima.

Wagnis

Pünktlich am nächsten Tag ging es dann los.
Jeder dachte sich seinen Teil, jeder hatte ein „das kann ja heiter werden“, ein „mir egal “ und ein „wird schon gut gehen“ im emotionalen Reisegepäck.
Jeder die Hoffnung, dass seine Bedürfnisse doch irgendwie zur Geltung kommen würden.

Unsere Bleibe war ok. Zweckmäßig, aber nicht wirklich geeignet für geräuschempfindliche Menschen. Allergiker allerdings  hätten sich sicherlich über die kühle, staubfreie Einrichtung gefreut.

Der Weihnachtsabend nahte.
Man kann so viel abschwören wie man will…irgendwie ist und bleibt es doch ein besonderer Tag. Und sei es nur deshalb, weil der Rest der Welt nicht abschwört und noch nicht mal ein Restaurant geöffnet hat.

Unser Programm wechselte dem entsprechend zwischen Strandspaziergang, sich aneinander gewöhnen, zu zweit, zu dritt und allein sein, Bratwurst im Brötchen vom einzigen offenen Grillstand am Ort essen, einer wir-schenken-uns-nix-Bescherung, Musik (mit Kopfhörer) hören, Buch- Leseversuchen, durch die Kanäle zappen und bei „Neues aus Büttenwarder“ kleben bleiben ( na und? ).

Den verregneten ersten Weihnachtstag verbrachten wir nicht viel anders. Mal wurde gemault, mal sich verstanden.

In besonderer Erinnerung wird uns unser Ausflug auf das Festland bleiben. Unser Plan war es, an einem der Seen dort ein wenig im Sonnenschein zu spazieren und dann in einem netten Cafè zu stranden…..nun gut, wir hatten uns vorher nicht schlau gemacht und so mussten wir uns mit einer kleinen, lehrreichen – und ausschließlichen Autotour hier hin begnügen:

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Willkommen in Mordor?

Das Südufer des Haffes gehört zum Naturpark Am Stettiner Haff, das Nordufer mit der Insel Usedom zum Naturpark Insel Usedom. Westlich befindet sich mit dem Naturschutzgebiet Anklamer Stadtbruch und darin dem Anklamer Torfmoor eine geschützte Fläche, die sich nach langjähriger Nutzung zur Torfgewinnung in der Renaturierung befindet. Wegen des Torfabbaus und wirtschaftlicher Nutzung seit dem 16. Jahrhundert befindet sich heute der Boden unterhalb des Meeresspiegels und wurde 1995 nach einem Deichbruch bei Sturmhochwasser überflutet. Die Wiedervernässung als Moor bzw. der Verzicht auf Wiedereindeichung des ehemaligen Küstenüberflutungsmoores führt zum deutlich sichtbaren Absterben der Bäume des ehemaligen Forstes….

An dieses Moor schließt sich im Bereich der Peene das Naturschutzgroßprojekt Peenetal-Landschaft und das Naturschutzgebiet Unteres Peenetal (Peenetalmoor) direkt an. Zusammen bilden sie das größte zusammenhängende Niedermoorgebiet Mitteleuropas.  Quelle

Unterlassen

Unsere beste Idee war sicherlich, einen geplanten größeren Ausflug in das nahe Polen nicht zu machen. Zu labil empfanden wir unser gemeinschaftliches Gefüge. Ein wenig Sicherheit  ist ja doch nicht so schlecht, und sei es nur in Form von: wenn ich möchte, kann ich mich ausklinken.
Alternativ gab es etwas shopping für Teenie, den Besuch des naheliegenden Heringsdorf für den Gefährten, den Strand für mich und leckeres Essen in der nun wieder unterstützenden Gastronomie für alle.

Aushalten

Die heimatliche Stadt begrüßte uns mit schlechter Luft, vollen Lebensmittelgeschäften und gelegentlichem Feuerwerks-Geknalle, welches Teenies  Alarmsystem von 0 auf 100 brachte. Entspannung oder Partylaune konnte da nur schwer entstehen. Mittlerweile aber wies unser kleines Forschungsteam eine gewisse Stabilität auf, die auch an diesem Tag kleine Zufluchten jenseits des Stresses entstehen ließ.

Uns so kamen wir mit einem Memory-Spiel, in dem man nicht 2 gleiche Bilder, sondern ein illustriertes Sprichwort und das Sprichwort selbst aufdecken muss, ganz ruhig in das neue Jahr. Die Illustrationen sind genau so, wie wenn man die Sprichwörter wörtlich nehmen würde….

sprichwort

Teenie  gelang es  nicht immer, deren  Bedeutung zu erfassen, auch wir waren manchmal unsicher und wir alle  kannten häufig nicht deren Entstehung.
Aber dafür gibt es ein beiliegendes Heftchen mit Erklärungen und niemand wurde beschämt.

Gewinnen

Nun ist das neue Jahr da. Das Alte hat uns hart gefordert. Das Neue wird es tun.
Unser Jahresend-Desaster mit gutem Ausgang hat uns gestärkt: wieder einmal ist es uns trotz diverser Widrigkeiten gelungen, Toleranz für die Besonderheiten des Anderen zu  entwickeln.
In der Nachbetrachtung sind wir alle froh, uns darauf eingelassen zu haben.
Wer weiß, vielleicht hatten wir sogar mehr „Weihnachten“ als so manche Familie, die einträchtig unterm Tannenbaum saß.

Bedanken und wünschen

Ich möchte mich an dieser Stelle bei allen Leserinnen und Lesern dieses Blogs bedanken.
Viele von euch schreiben selbst und geben mir gute Anregungen.
Andere kommentieren und knüpfen an meine Überlegungen an.
Ihr alle gebt mir die Möglichkeit, mit meinen Gedanken in den Austausch zu gehen.
Und über die Jahre gibt es mit manchen von euch fast schon etwas wie ein „sich kennen“.

Ich wünsche euch ein gutes Jahr 2017 mit Entwicklung und Stabilität dort, wo und wie  ihr es braucht.

Herzlich, eure LW

 

 

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Nachdenktage

Trio im Train

Wie sehr ich mich auch um Entschleunigung im Alltag bemühe, die Zeit verging in den letzten Monaten mindestens so schnell wie die Landschaft an mir gerade vorbei rast.
Noch gar nicht lange ist es her, da fuhr ich diese Strecke mit Teenie – Richtung Meer, Richtung Weihnachten.
Wir gönnen wir uns noch einmal ein paar freie Tage Ruhe mit Pferd und Meer. Mit dabei dieses Mal die kluge junge Frau, die viel zu früh ihre Mutter verloren hat und nun mit mir vorlieb nehmen muss.
Ich erinnere mich an sie als kleines Mädchen. So neugierig, so offen, wo Erwachsene rumdrucksten…..ich glaube, sie hat damals den Gedanken, dass es schön und nicht nur nervig sein könne mit Kindern zu leben, in mir entstehen lassen.
Sie und Teenie, schon äußerlich sehr verschieden. Die Eine im üblichen Sinne immer erfolgreich, die Andere weniger, sind sich dennoch in Vielem ähnlicher als man erwarten würde.
Ich bin gespannt, wie unser kleines Urlaubs-Trio miteinander klarkommen wird.
Teenie, gestern noch in großer Sorge um ihre berufliche Zukunft und voller Tränen ob der Steine, die sie schon zur Seite räumen musste – wird sie wieder Zuversicht tanken?
Die Große, im Karrieresprung, der kaum Zeit zum Verarbeiten des Verlustes lässt. Wird sie ihre Seele baumeln lassen können?
Die Kleine lehnt sich gerade an die Große an und es scheint beiden gut zu tun.
Mir auch.
Angesichts all der Verluste des letzten Jahres, der Trauer und der zermürben Auseinandersetzung um Unterstützung für Teenie scheint doch etwas heil geblieben zu sein.
Ich spüre, wie auch ich mich innerlich zurück lehne.

Ein Menschenleben

Ist doch alles schon lange her. Der Krieg und so. Muss auch mal gut sein damit.
Wann immer jemand auf die deutsche Vergangenheit hinweist, bekommt er Sätze wie diese zu hören. Aus der Vergangenheit lernen? Aus der Vergangenheit anderer womöglich noch?
Wir leben im Frieden. Werden weder beschossen, müssen unser Leben nicht verteidigen und haben keinen Grund zur Flucht.
Was also soll das Gerede von früher?
Und dann gehe ich in diesem idyllischen Waldstück spazieren.
Neben dem Fußweg der alte Schützengraben.
Auffällig viele Splitterschutzzellen, auch Einmannbunker genannt.
Sie sind noch nicht verrottet.
Es braucht nicht viel Phantasie um sich vorzustellen, wie sich hier 1 oder 2 Menschen Schutz suchen.
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Eine Gedenktafel weist auf das nahegelegene Gemeinschaftslager hin.
Infrastruktur für die meist männlichen Facharbeiter und Wissenschaftler, inklusive Bordell ( weibliche KZ- Häftlinge arischer Herkunft, sogen. „Asoziale “ -Zwangsprostitution für die Hebung der Arbeitsmoral…. ).
Rüstungsproduktion, verrichtet überwiegend von Zwangsarbeitern. 
Bis ein Luftangriff dem Treiben 1943 ein Ende bereitete, das Lager zerstörte und damit  der Produktionsstandort aufgegeben wurde.
In dieser Woche werde ich Nachrichten-Abstinent leben. Weiß ich doch auch so, wie trügerisch die Wahrnehmung unseres friedlichen Lebens ist.
Unsere Waffen, unsere Soldaten sind in kaum einem Krieg mehr wegzudenken.
Es ist gut, dass die Relikte aus dem letzten in D stattgefundenen Krieg noch herum liegen.
Das macht ihn echt.
Hier gab es Angst und Tod und Leid.
Ist doch gerade mal ein Menschenleben her.
Unheimlicher, wissender Wald.
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Wankel-Mut

Selten wurde mir in der letzten Zeit vor Augen geführt, wie unterschiedlich unsere Erlebenswelten sind.
Das Leben mit meinem Teenie ist langsam getaktet.
Unser Flow des Alltags dauert meist nur einige Stunden an. Dann ein Break, ein Zwischenfall, der Teenie aus dem Takt bringt und einige Zeit, um wieder rein zu kommen.
Ich fürchte, meine Große ist dadurch genervt, aber nein. Es erleichtert auch mal, nicht nur im Hochleistungsreservat Uni zu leben.
Nur manchmal denke ich : Exklusion hat doch was- da sieht man nicht dauernd, was nicht geht.
Teenie aber empfindet das nicht so.
Mit meinem Hang zum ‚ über-den-Tellerrand-schauen ‚ wäre ich im exklusiven Glashaus‘ sowieso nicht gut aufgehoben, auch wenn es mir diese Tage ab und an so scheint.
Ausgesprochen inklusiv ist unsere Zeit mit den Pferden.
Den Tieren ist es piep egal, ob wir studiert oder nicht, jung oder alt sind.
Und es ist überhaupt nicht schwer, mit unseren unterschiedlichen Fähigkeiten gemeinsame Stunden auf dem Pferderücken zu verbringen.
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Mehr davon, bitte.
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Wer hat, der hat

Ein kleiner Nachlass beschert uns ein paar Tage in einer angenehm ruhigen Welt.
Unser weihnachtliches Domizil, fast schon in Polen, ganz dicht am Meer und noch dichter an den Tieren, deren Rücken das Glück der Erde verheißt, ist alles andere als grau.

Der Parkplatz überwiegend gefüllt mit SUV‘ s und Kraftfahrzeugen gehobener Klasse.
Niemand außer uns reist mit der Bahn an.
Neben nicht mehr ganz jungen Paaren sind auch viele Familien hier.
Solche, die mindestens einen Vierertisch benötigen.

Im Restaurant bahnt sich zu Beginn ein kleiner Konflikt an: die Platzierung der Zweiertische gefällt mir nicht, ich möchte ans Fenster mit Blick auf die Weiden….aber da sollen wir nicht hin.
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Hmm…. freundlich setzte ich mich durch.
Dieser Platz eröffnet mir neben dem weiten Blick die Möglichkeit des Verhaltens-und Sozialstudiums der anderen Gäste. Sowas mach ich gerne, besonders wenn ich ohne Gesellschaft reise ( Teenie zählt hier nicht, denn bei den Mahlzeiten glänzt sie weitgehend durch Abwesenheit, wenn nicht körperlich, dann gedanklich…).

Nicht zu übersehen der Pascha vor Ort.
In Begleitung einer Dame in passendem Alter nebst 10-jähriger Tochter.
Was so eigentlich nicht stimmt, denn ich sehe überwiegend D: sie deckt jeden morgen fleißig den Tisch, nicht das Geschirr, das steht schon immer da, aber sie bringt den Brötchenkorb, Wurst-und Obstteller, Saft und überwacht die Zubereitung von P’s morgendlichem Tee. Dann kommt die kleine Madame und darf schon mal Platz nehmen.

Und dann ER.
Nimmt Platz, speist, verkündet den Tagesplan.
D und M nicken.

Am zweiten morgen hatte ich ja noch gehofft, D würde nun verwöhnt werden…. leider Fehlanzeige.
Wie ich dank indiskreter M erfahren habe, handelte es sich um ein selbstständiges Arztehepaar, P sei der Chef von D und diese Chefin der Arzthelferinnen.
M, einst ebenso wie ihre Eltern Besitzerin eines eigenen Pferdes, traut sich nicht mehr so Recht hinauf aufs Roß und muss nun im Hotel allein rumhängen, da D und P jetzt ohne sie auf ihren mitgebrachten Tieren spazieren reiten.
Ein wenig erstaunt mich M schon: sie wäre schon gern öfter beim reiten, sagt sie, so 2x in der Woche, aber das ginge alles nicht mehr seit sie in der 5. Klasse sei, wegen Mathe.
Wie einsichtig.
Wo ist nur das : ‚meine Eltern sind ja soooo gemein!‘ ?

Mein Tagesablauf erschöpft sich in wechselnden Wald-und Strandspaziergängen, Sauna, lesen, essen und trinken.
Die Leute/ Familien hier bleiben unter sich.

Nett anzusehen die beiden alten Brüder. Der eine bestimmt schon über 70 aber noch immer im coolen schwarzen Kapuzen-Shirt und Nikes.
Sie reden miteinander, lachen, sitzen einfach nur da.

Man kommt hier nur begrenzt in ’s www.
Zu erst bin ich etwas genervt, aber dann genieße ich es. Erwachsene wie Kids treiben sich für’s daddeln im Foyer herum… so etwas sieht man sonst nur bei den Kids mit Gameboys, dass alle auf einem Haufen hocken.
Allerdings wird die Frauenquote Ü25 nicht eingehalten….vermutlich müssen die Zimmer aufgeräumt werden?

Familie Perfekt ist eigentlich auch ganz nett.
Papa Perfekt ist ein geduldiger. Er daddelt die ganze Zeit am Tablet, nimmt ab und an den Baby-Hund, der noch nicht ganz so perfekt ist, weil gerade erst vom Weihnachtsmann gebracht, und lässt Frau Perfekt die Dinge mit den perfekten Töchtern regeln. Die da sind : Tochter 1 (12 J.) , hat keinen Bedarf an nichts, aber Tochter 2 (10 J.) muss unbedingt ein ganz großes Pferd reiten. Weil sie ja mit ihren 10 Jahren die jüngste in der 6. Klasse ist und auch immer so behandelt wird.
Die Reitlehrerin findet das gar nicht so gut und ich versuche meinen Mund zu halten. T 2 bekommt also ein Riesenpferd und kommt damit nur begrenzt klar.
Am nächsten Tag kommt Mutter Perfekt auf mich zu und erzählt mir, dass ihre Mädels hier nicht mehr reiten wollen, weil der Unterricht so demotivierend sei.
Aha …sag ich da.

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Meinem Sprössling geht es derweil richtig gut.
Ihr machen die Reitstunden Spaß. Das ihr zugeteilte Pferd ist genau nach ihrem Geschmack und die Chemie stimmt vom ersten Augenblick an.
Da sie nicht besonders groß und schwer ist bekommt sie ein Kleinpferd, auf dem man schon was können muss, da es etwas schwieriger zu reiten ist.
Sie weiß schon längst, dass das Stockmass eines Pferdes nichts über dessen Qualität aussagt und freut sich auf die Herausforderung.
Die Reitlehrerin macht Unterricht im besten Sinne. Wertschätzende, hilfreiche Kritik, Lob bei gelungener Umsetzung. Abwechslung bei den Lektionen. Es reicht ihr nicht, dass die Reiterinnen sich herum tragen lassen. Den Pferden übrigens auch nicht. Teenie berichtet erfreut, wie sensibel und gut ausgebildet ihr ( immerhin ) Schulpferd ist.

Ich schaue zu und erfreue mich an ihrer Entwicklung.
Keine Mathenote dieser Welt hätte mich davon abgehalten, meiner Tochter den geliebten Umgang mit Pferden/Tieren oder das Musizieren zu verbieten/ reduzieren.
Und nun sitzt sie da wie angeklebt auf dem galoppierenden Pferd.
Mit aufmerksam-entspanntem Gesicht und Körper.
Strahlende Augen, wenn sie das Pferd nach dem Reiten in die Box stellt. Beim Misten und Füttern hilft. Sich mit Stallbewohnern wie Katzen, Nager und Ziegen anfreundet. Absolutes Highlight: mit den Reitlehreinnen abends die Jungpferde freispringen lassen. Stolz auf das entgegengebrachte Vertrauen von Mensch und Tier.
Mit sich und seiner Umgebung im Einklang sein können, ist etwas ganz Besonderes. Sich am Dasein erfreuen.
Ein Können, das in der Schule irrelevant ist.

Nicht so im Leben.
Unsere Wellness-Tempel, Adventure-Agenturen, therapeutische Einrichtungen diverser Art haben Hochkonjunktur. Aber die muss man sich erst mal leisten können.
Hätte ich mich in der Schule bloß mehr angestrengt…..ein gängiger Selbstvorwurf.
Wird nicht anderes herum ein Schuh draus: hätte ich bloß Mathe Mathe sein lassen können, hätte ich doch nur vor der Ausbildung/ Studium 1 Jahr Erlebnisse gesammelt…..
Wie kann ich lernen, mit Anforderungen so umzugehen, dass sie mir nicht schaden?
NEIN zu übersteigerter Anforderung zu sagen?
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Wer ein hochsensibles Kind mit sensorischen Integrationsstörungen hat, weiß um dem den ungeheuren Wert des oben beschriebenen gelassenen Zustands.
Kein Alarm mehr in den Momenten, in denen all die verschiedenen Sinnesreize in Bewegung übersetzt werden müssen.
Immer seltener auch in anderen Situationen.

Noch ein ungewöhnliches Paar verbringt seine Weihnachtstage hier. Sie genießen gemeinsame Zeit in unaufgeregter Weise. Dennoch ziehen sie viele Blicke auf sich. Simply Vater mit kleinem  Sohn. Geht doch😊

Das Schwimmbad ist der einzige kleine Stachel unserer Reise.
Teenie wäre schon gern rein gegangen, im Gegensatz zu mir mag sie warmes, nicht allzu tiefes Wasser. Aber immer, wenn sie Zeit hatte, waren Tobe-Lena, Arschbombe-Karl, Kreisch-Otto und Was-Ich-Alles-Kann-Maja darin.
Keine Chance, sich nur vom Wasser tragen zu lassen, zu entspannen.
Gut : kein Gruppenzwang hier.

Wir segeln diese Tage eher allein zwischen all den Menschen, was durchaus nicht unangenehm ist.

In der Zwischenzeit hat sich P für mich zum Ekel E entwickelt.
Mehrmals musste ich mit anschauen, wie er seiner kleinen M auf den Hintern klapste, so wie Chefs es im Kino bei wasserstoffblonden Sekretärinnen tun.
Dieser Gestus von ‚ gehört mir ‚!
D hat das gesehen, ist aber wohl selbst nichts anderes gewöhnt.
Protest weder von ihr noch von M.
Ist das der Preis für’s luxuriöse Leben?

Die Tage plätschern so dahin.
Mich lockt nur das Meer weg vom Hotel, Teenie der Stall.
2 x leiste ich ihr Gesellschaft beim Reiten, mittlerweile mag sie das wieder.
Soviel zum ‚in Ruhe altern‘ …
Man sagt ja, ADHSler hätten einen Reifungsrückstand, sicherlich gilt das auch für das Erreichen des Verfallsdatums.
Nach anfänglichen kleinen Unsicherheiten erinnert sich mein muskuläres Gedächnis, ich habe Spaß an der Bewegung in 1,80 m Höhe und mir meinen Saunagang redlich verdient.
Das bisschen Muskelkater nehme ich gerne hin.
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Lebensmotto

Hatte meine Oma also doch Recht: was du einmal gelernt hast, das kann dir niemand nehmen.
Niemals hat sie dies auf Schulwissen beschränkt.
Sie musste es ja wissen, nach 2 überlebten Weltkriegen war das nicht nur ein Spruch für sie – mich hat sie damit durch und durch geprägt.
Selten habe ich das so deutlich gespürt wie hier.
Unser Reichtum liegt im Tun, nicht im Haben.
Diesen unendlich beruhigenden Gedanken im Kopf, lassen wir uns vom Hausmeister zum Bahnhof fahren.
Gelegentlich habe ich mich wie eine Besucherin im Zoo gefühlt.
In erster Linie aber nehmen wir schöne Erlebnisse und einige neue Erkenntnisse mit nach Haus.
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East Pampa Blues

Oh Mann.

Ich bin mir noch immer nicht sicher, welcher Ausblick aus dem nächstgelegenen Fenster schauriger ist: der heute morgen nach dem Aufwachen mit Submarine-Ambiente oder der aktuelle auf die visuelle Zeitreise in den Osten unseres Landes, als er sein grau-in-grau Outfit noch selbst ausgesucht hat.

Immerhin entfliehen wir Dauerregen und Sturm, hin in die sonnenreichste Gegend Deutschlands – aktuell leider nur theoretisch.
Nieselregen, überflutete Felder, auf denen der Himmel sich abgelegt zu haben scheint, gepaart mit verlassenen Landstrichen, verfallenden Häusern und Schuppen.
Ist denn hier die westliche Glitzerwelt noch immer nicht zu Hause?
Nun, das wäre zu verschmerzen.
Dennoch: so richtig anheimelnd finde ich den Ausblick nicht.

Letztes Jahr war mehr wie Weihnachten

Teenie bemerkt zwischen zwei Reise-Nickerchen das Fehlen von Werbung und Weihnachtsbeleuchtung jeder Art.

Bevor Bilder meiner Wohnzimmercoach Gestalt in meinem Hirn annehmen können, tauche ich die hiesige Landschaft gedanklich in einen großen Sonnenfilter : ja, das ist bestimmt schön hier.
Weite Felder, Rehe, ab und an eine Allee, ein Wäldchen, kaum Menschen, wenig Lärm.

Wie viele von uns machen Urlaub in fernen Ländern, in denen der Lebensstandard deutlich unter dem Unseren liegt?
Die eher armseligen Häuser dort finden wir  romantisch, stilvoll, landestypisch oder was auch immer, auf jeden Fall nicht frustrierend. Die Sonne allein bestimmt dieses Denken sicher nicht.
Die Verlassenheit manch an mir gerade vorbei fliehenden Häuser hat etwas Lebendiges, das der akkuraten Besiedlung städtischer Randgebiete im Westen abgeht. Aber das sehen wohl viele Menschen nicht.

Sich alles zu leisten, ob tip-top-Häuschen, shopping wann immer man will oder kollektiv (vor)weihnachtliche Energievergeudungsorgien ist auch so‘ ne Sache, bedenkt man die Konsequenzen daraus.

Die graue Abgeschiedenheit in die wir reisen hat was.
Ablenkung in Form einiger neuer Blues- Openings nebst Technikverbesserung entfällt leider wegen Zerstreutheit beim Packen. Will heißen, die Blues Harp ist mit der Tasche, die in letzter Sekunde umgepackt wurde daheim geblieben, zur Freude meines Ablegers.

Nun werde ich es einfach ohne Hilfsmittel einer Freundin gleich zu tun und mich Voltaire’s Worten anschließen:

‚Da es sehr förderlich für die Gesundheit ist, habe ich mich entschieden glücklich zu sein‘

Whatever, today no Pampa Blues.

Ich wünsche euch schöne Festtage, nicht nur äußerlich.
LW

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Timeline

Würde ich meine Memoiren schreiben, müßte ich mir wohl eine Dauerkarte für den Zug beschaffen.
Dieses einzigartige Transportmittel, in dem meist Störungen des Betriebsablaufs, der persönlichen Komfortzone und sensorische Irritationen garantiert sind, regt mich wie kein anderes zum Zurückblicken und nach vorne schauen an.

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So wie gerade jetzt.
Eben noch über die verspätete Abfahrt verärgert, dann erfreut über den fast leeren Wagon und dann die Erkenntnis, dass der Preis für den Platz ein paar Grade auf dem Thermometer weniger sind als in den besser besuchten.

Doch das alles stresst nicht im geringsten.
Teenie, nun schon fast erwachsen, hat längst kein Problem mehr, einen Zug pünktlich zu erreichen. Aus der eher unsicheren Schülerin ist eine selbstbewusste junge Frau geworden, die nicht nur unsere Koffer locker die Treppen hoch trägt, sondern das Zupacken auch in anderen Lebenssituationen zunehmend gut beherrscht.
Aus Sicht der Menschen, die Erfolg im Leben an Zertifikaten jeglicher Art festmachen, mag sie noch immer ein „Problemfall“ sein.
Ich hingegen sehe einen jungen motivierten Menschen, der sich auf seine Weise in die Welt wagt um sie zu entdecken und seine selbstgesteckten Ziele zu erreichen.

Ein wenig Wehmut spielt auch hinein: seit Verlassen der Schule liegen die Ziele zunehmend nicht im Bereich der elterlicher Nähe.
Ich erinnere, mit 17 wohnte ich in Gedanken auch schon nicht mehr zu Hause und gehörte zu den jungen Menschen, die schon vor der Ausbildung ein eigenes Domizil hatten.
Insgesamt macht mich diese Entwicklung froh und stolz, habe ich doch damit eines meiner Ziele erreicht.

Wie schade, dass ich meine Gedanken zu diesem Gefühl nicht mehr mit meiner Mum austauschen kann….
Elternlos.
Wirklich erwachsen bin ich erst in diesem Jahr geworden.
Was mir zeigt, dass ich nicht kinderlos sein werde, wenn meine Wohnung in absehbarer Zeit zu groß für mich wird.

Auf dem Weg.
In einen Lebensabschnitt, der alt werden heißt.
Hört sich an nach Sofa, Ruhe, alles schon gesehen.
Oder eher nach Zeit für neue Projekte, Freiheit, nicht mehr so gefallen müssen und Erfahrungen neu ( und anders?) nutzen können?

Meine Ideenkiste ist noch nicht leer.
In diesem Jahr musste ich so viel los lassen – warum nicht auch das Gefühl, for ever young zu sein?
Ist bestimmt gar nicht so schlimm, wie die Werbung uns glauben machen will.

Der Zug zockelt gemächlich durch die Landschaft.
Gleich werde ich sehen, dass ich nicht die Einzige bin, bei der die Zeit vergangen ist. Mir liebe Menschen, sehr lange nicht gesehen…..was werden jetzt unsere Themen sein?

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Not easy

Wieder mal auf Schienen.
Einige emotional schwierige Tage in meiner Heimatstadt liegen vor mir.

Die Art Tage, an denen ich abends gerne in mein Heim zurückkehre.
Ein wenig rumhänge.
Irgendwann die Gitarre zur Hand nehme, gedankenverloren herum klimpere. Alte Stücke, mit denen ich Gutes verbinde.
Das Cello fordert mich zu sehr. Konzentration. Es gibt nur wenig Stücke, die relativ automatisch fließen. Noch.

Ich hätte gerne wenigstens die Gitarre dabei.
Wenn ich das Leben meiner Mum sortiere. Mich damit beruhigen, Gedanken und Erinnerungen nachhängen.
Lieder spielen, die sie mochte, die wir gemeinsam sangen.
Das Ding ist zu unhandlich.

Meine Mum stand bis in’s hohe Alter dafür, Neues auszuprobieren.
Mit fast 80 Jahren eroberte sie z.B. sich den PC und das www.
Digitale Fotografie und Bildbearbeitung – Word sowieso.

Ich erobere mir von nun ab ein Instrument für die Hosentasche.
Schon lange mein Wunsch.
Meine kleine Harp dabei.
Leichte Bluesstücke begleiten meine Zugfahrt. Die Gebrauchsanweisung vor mir. Na ja, üben werde ich hier nicht.

Ein letztes Mal in der elterlichen Wohnung etwas Neues lernen.
Was passenderes könnte es sein als Blues?

Update: WOW. Das ist gar nicht so einfach! Von wegen nur pusten, ziehen und mit der Hand wackeln. Da habe ich mir echt was eingebrockt….

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Finale

Dieser Abschied ist anders.
Da ist kein knuddeln, winken und lachen. Kein Kloß im Hals und freudiges
‚ziehen lassen‘.
Oder keine Erleichterung und Hoffnung auf eine stressärmere Zeit.
Auch nicht plötzlich, erschreckend und unverständlich.

Wieder einmal sitze ich im Reisemittel meiner ersten Wahl.
Es bringt mich zügig ans Ziel und läßt mir dennoch Zeit, mich darauf einzustellen.
Wie dieser krude Tag bildet der Zug keine übliche Einheit, sondern ist zusammen gestoppelt – ausrangierte 1. Klasse- Großraumwagen, Standard IC- Wagons und Konferenzabteile, alles für alle frei gegeben, wechseln sich ab.

An mir vorbei rasen Felder, grüne Wiesen, Wald und ab und an blitzt ein kleiner Ort auf.
Vor meinem inneren Auge aber zieht mein Leben vorbei.
Was erinnere ich aus der frühen Kindheit, was bedeutete der Mensch, zu dem ich eile, für mich?
Was verband und was trennte uns?

Meine Jugendjahre, heftig, fordernd und provozierend.
Und dennoch: für mich damals unsichtbar stand dieser Mensch mir immer zur Seite.

Einige Jahre Distanz – für beide Seiten die nötige Pause vor einer Annäherung, die von gegenseitigem Respekt geprägt war.

Vielleicht werden wir heute zum letzten Mal zusammen sein.
Ohne viele Worte.
Spüren. Da sein.
Nur darum geht es.
Es ist gut, wenn das möglich ist, irgendwie…..

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Auf dem Rückweg umringen mich Trickot-bewandeten Menschen.
Bunte Hüte, Girlanden, Alkohohl und allerhand andere Zeichen des Dazugehörens.
Die Stimmung: eine Mischung aus Schlager-Move, Love-Parade und Karneval.

Gewiss kennen manche die Perspektive vom Spielfeld aus. Sie können selbst mit mehr oder weniger Geschick einen Ball in hohem Tempo im Zick-Zack über ein Spielfeld begleiten.
Oder haben Schweiß gelassen beim Erwerb einer anderen Sportart.
Ihnen nehme ich das Interesse am Sport ab und wünsche ihnen eine interessantes, faires Match und ungehinderte Sicht auf die Leinwand.

Andere lieben die Party.
Sie würden auch zum public – Sackhüpfen gehen, wenn es eine entsprechend medial begleitete WM gäbe und unsere Hüpfer dort erfolgreich wären ( so ein Fan-Sack wäre für die meisten bedeutend authentischer als ein Sporttrickot).
Prost.

Viele werden stolz wie Bolle sein, so sie es noch nicht sind.
Entsprechende Dröhnerei war nicht zu überhören.
Wir!
Unsere Jungs, unser Pokal!
Das ist‘ ne prima Sache, muss man doch gar nichts dafür tun.
Null Anstrengung, Erfolgsgefühl – maximaler Genuss.
Wo gibts das schon?

Für diese hoffe ich, dass sie in den echten Endspielen ihres Lebens, sei es als Spieler_in oder Begleiter_in, wirklich einmal Grund bekommen werden, stolz zu empfinden.
Wenn ihnen ein Funken Verstand geblieben ist, werden sie den Unterschied merken.

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Totale Begeisterung als Massenphänomen in Verbindung mit Stolz macht mir unangenehme Gänsehaut …

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