Dass einem der Atem stehen bleibt

Nebel im August – eine ganz persönliche Filmkritik

Dieser Film läuft nicht in den großen Kinos. Und auch in den Programm-Kinos nicht zu gewöhnlichen Kino-Besuchs-Zeiten am Abend. Nein, anscheinend kein Film fürs Hauptprogramm.

Auch ich habe ihn Sonntag zur Mittagszeit angesehen. Das Kino war gut besucht. Danach bestand die Möglichkeit, mit dem Regisseur Kai Wessels ins Gespräch zu kommen. Und  dann passierte das, was mir eher selten geschieht: mir fehlten die Worte. Um Fragen zu stellen. Um meine Eindrücke zu schildern.

Ernst Lossa, ermordet weil er anders war

Dem Film liegt eine reale Begebenheit zugrunde:

Im Alter von 14 Jahren wurde Ernst Lossa in der  Zweiganstalt Irsee der Heil-und Pflegeanstalt Kaufbeuren-Irsee  durch Injektion eines tödlichen Mittels von den Nazis ermordet. Weil er ein Jenischer war. Das waren  fahrende Händler und Handwerker, die von den Nazis wie sogen. Zigeuner verfolgt wurden. Für die Nazis war Ernst ein „asozialer Psychopath“ und fiel damit in die Gruppe, die mit dem Euthanasie-Programm Aktion T4 , der dann die „wilde Euthanasie“ folgte, vernichtet werden sollte:

Im Oktober  1939  verfasste Hitler ein Schreiben, das er auf den 1. September 1939 zurückdatierte und das folgenden Wortlaut besaß:
»Reichsleiter Bouhler und Dr. med. Brandt sind unter Verantwortung beauftragt, die Befugnisse namentlich zu bestimmender Ärzte so zu erweitern, daß nach menschlichem Ermessen unheilbar Kranken bei kritischster Beurteilung ihres Krankheitszustandes der Gnadentod gewährt werden kann.«
Indem das Schreiben auf den Kriegsbeginn datiert wurde, unterstrichen Hitler, Bouhler und Brandt, dass es fortan nicht nur Krieg gegen einen äußeren, sondern auch Krieg gegen einen inneren Feind geben würde: gegen Kranke und Menschen mit Behinderungen. Der rassepolitische und auch kriegswirtschaftliche Aspekt dieses Mordbefehls wurde durch den Begriff des »Gnadentodes« verschleiert, tatsächlich aber ging es um nichts anderes als um die Ermordung von »rasssisch Minderwertigen« oder »Ballastexistenzen«.
Allerdings kam es zu keiner offenen Legalisierung etwa in Form einer im Reichsgesetzblatt publizierten Verordnung oder eines Gesetzes. Quelle

Aufgrund dieses persönlichen Erlasses haben Ärzte und ihre Mithelfer_innen zwischen 1939 und 1945 ungefähr 200000 psychisch kranke Menschen  ( und solche, die man qua Definition krank gemacht hat ) getötet. Sie wurden für „lebensunwert“ erklärt, was es wohl leichter machte, sie zu entwürdigen, zu quälen und zu ermorden.
Es waren nicht einige wenige Täter, sondern die Elite der deutschen Psychiater. Klinikleiter.

Bis 1941 wurden in insgesamt 6 Anstalten ( im Film Hadamar ) ausgewählte Patienten vergast, danach bis 1945 vermehr durch eine Kombination aus drastischer Unterernährung und schleichender Vergiftung z.B. mit Luminal ( Phenobarbital), Skopolamin oder Morphin in den 15 Sonder-Heilanstalten direkt umgebracht.

Wie auch in dem Film gezeigt, konnten sich Mediziner mit Entwicklungen von besonders perfiden Tötungsmethoden einen Namen machen. Sei es die Entwicklung der im Film gezeigten E-Kost ( Entzugskost, Suppe ohne jede Nährwerte) oder wie mit dem durch 3 Ärzte der Heilanstalt Leipzig-Dösen entwickeltem Luminal-Schema.

Das letzte Kind wurde in Kaufbeuren am 29. Mai 1945 , 33  Tage nachdem die Amerikaner die Stadt befreit hatten, getötet. Die Anstalt selbst betraten die Amerikaner erst Ende Juni.

Den Tätern und Täterinnen ist nicht viel passiert. Nachkriegsdeutschland war nachsichtig.

1949 erklärte  Valentin Faltlhauser ( Klinikleiter Kaufbeuren) vor Gericht, er sei als »Staatsdiener dazu erzogen gewesen, den Anordnungen Gefolge zu leisten, also auch den als Gesetz zu betrachtenden Erlass betr. Euthanasie.« Wegen Beihilfe zum Totschlag wurde er zu drei Jahren Gefängnis verurteilt, aber als haftunfähig erklärt. In den 1950er-Jahren bekam er seine zuvor gestrichene Pension vom Innenministerium doch noch bewilligt.

1961 starb der Psychiater in einem Münchner Altersheim. Seine damaligen Schüler wurden nach dem Krieg fast alle Direktoren von Pflegeanstalten. »Nach 1945 gab es in Deutschland in der Psychiatrie keine Zäsur, stattdessen wurde die Geschichte geleugnet und verdrängt.

Wie wäre es uns ergangen?

Der Film ist gut gemacht. Natürlich ist er in gewisser Weise auch fiktiv. Es gibt Szenen, die sind fast schon romantisch. Andere, wie ein nicht dokumentierter Fluchtversuch  oder Miniaufstand im Essensaal sicherlich frei erfunden, schaden aber der Geschichte nicht. Die handelnden Personen sind nicht schwarz-weiß gezeichnet.
Der brutale, tötende Anstaltsleiter ist durchaus freundlich zu seinen Schützlingen, auch die den tödlichen Trank bringende  Schwester eher schön und dumm als kalt und berechnend. Niemand wird geschlagen oder beschimpft. Auch Widerwillen gegen die Tötungen wird gezeigt, in seiner ganzen Widersprüchlichkeit zwischen Ohnmacht und helfen wollen ( verkörpert durch die pflegende Ordensschwester, die immerhin den Gang zu ihrem Vorgesetzen wagt und – erfolglos – moralische Bedenken anmeldet).
Aber das wissen wir ja: das Böse kann alltäglich sein, es zeigt sich nicht unbedingt als Gesicht eines Monsters.

Der Film überbrückt eine persönliche Distanz, die bei diesem Thema ansonsten vorhanden ist. Wer kann schon sagen: das hätte mir nicht passieren können? Allein in meinem sozialen Umfeld gibt es so viele Menschen, die  nicht im Sinne von voll funktionstauglich, angepasst und wirtschaftlich (aus)nutzbar sind, dass wir eine ganze Station füllen könnten. Für die Nazis hat eine Lernbehinderung schon gereicht, um zu töten. hier
Luminal ist ein Medikament, das einer lieben Freundin seit vielen Jahren ein weitgehend anfallsfreies Leben beschert – damals wäre sie damit getötet worden. Mein familiäres  Umfeld  selbst hätte die Euthanasie-Gesetze in vieler Hinsicht fürchten müssen: Autismus, ADHS, MS , Alkoholismus, Arbeitslosigkeit …. und ich persönlich sicherlich auch wegen meiner nicht so angepassten Art in jungen Jahren.

Aber auch die zeitliche Distanz, die ansonsten da ist, scheint mir mit einem Mal  nicht ganz so sicher zu sein. Ich erinnere gut eine Kita-Bekannte, die  sich nach Geburt ihres behinderten Kindes nicht mehr auf den Spielplatz traute. Aus Scham. „So was muss doch heutzutage nicht mehr sein“- diesen Satz hört man leider viel zu oft. An meine Frauenärztin, die mich verantwortungslos nannte, weil ich keine pränatale Diagnostik machen wollte, wegen 35 plus. An die Diskussionen um die Präimplantationsdiagnostik PID, mit der ermöglicht wird, Geschlecht und Gesundheit des Embryos ausfindig zu machen – und bei Bedarf zu selektieren. Die Sterbehilfedebatte.

Die Nazis haben dem Denken in Kategorien wie: wer darf leben und wer nicht einen pseudowissenschaftlichen Touch gegeben, systematisiert und grausam umgesetzt.

Heute finden wir uns selbst in dieser Verantwortung, weil die Medizin-Technik uns diese Entscheidungen scheinbar leicht ermöglicht.  Eine breite ethische Auseinandersetzung mit dieser Frage und der sich daraus ergebenden Verantwortung findet aber kaum statt.
Das ist es, was mich sprachlos gemacht hat jenseits des schrecklichen Vergangenen, das auf der Leinwand zu sehen war.

Im Anschluss läuft im Kino  “ 24 Wochen“, ein Film, in dem sich ein werdendes Elternpaar mit der Frage auseinandersetzen muss, wie es mit dem Wissen um die Trisomie 21 ihres ungeborenen  Kindes umgehen will und kann.

Bis ich mir diesen Film ansehen kann, brauche ich erst einmal Abstand.
Zu sehr bin ich noch von Ernst Lossa und den für diesen blog  erfolgten Recherchen beeindruckt.

 

Nebel im August,  ein Film  von Kai Wessel und Holger Karsten Schmidt nach dem gleichnamigen Buch von Robert Domes , 9/2016

 

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Was man so denkt

Mach‘ das bloß  nicht

Man könnte meinen, schlimmer noch als eine Behinderung zu haben sei die amtliche Anerkennung derselben. 

Man könnte mutmaßen, bei neurologischen Sonderformatierungen wie z.B. ADHS und Autismus Spektrum Störung wisse man ja gar nicht, ob die Beeinträchtigung das Ausmaß einer Behinderung erreiche. Man sieht ja nichts. 

Man könnte behaupten, es sei für das Kind besser, nicht abgestempelt zu werden, denn…

Man weiß ja nie, ob es sich rauswächst.

Man vermutet, es  läge  an den Eltern : falsche Erziehung, falsche Erwartungen, falsche Ansprüche, falsche Therapien, Kita, Schule, Hobbys. 

Falscher Lebensstil- was, die Mutter  bleibt berufstätig?!?

Falsches Essen. 

Prima Hilfe 

Zu allem diesen Themen werden Eltern von nicht sichtbar ( bzw. nicht durch Biomarker feststellbaren Handicaps) behinderten Kindern von allen erdenklichen Menschen beraten. Familie, Freunde und vor allem Experten wie Ärzte, Psychologen, Erzieher, Lehrer, Jugendamt, Rehaberater der Arbeitsagentur, Rechtsanwälte.  

Man sollte sicher sein, dass die Eltern bei so viel gut gemeintem Rat gut unterstützt seien.

Wobei aber brauchen Eltern dieser Kinder  überhaupt vorrangig Unterstützung?  Am Anfang stehen Angst, Schmerz, Schuldgefühle, Wut, Zweifel und immer wieder Hoffnung. Das Begreifen und die Akzeptanz kommen erst nach und nach und sind ein mühsamer Prozess. Wer begleitet die Eltern dabei? 

Parallel die Bürokratie: Diagnostik, Therapien, Integrationsplatz in Kita und Schule, Hilfe zur Erziehung, Eingliederungshilfe, unterstützte Ausbildung ( Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben), Hilfe für junge Erwachsene durch das Jugendamt. Immer wieder Anträge, Widersprüche , Hotlines, Wartelisten und Termine. Wer ist Eltern-Scout  in diesem Dschungel? 

Man mag es nicht glauben: das alles geht -hinreichend Biss und Durchhaltevermögen vorausgesetzt- ohne amtliche Anerkennung einer Schwerbehinderung und auch nach vielen Jahren des Hürdenlaufs durch Arztpraxen, Jugendamt & Co wird dennoch oft von einer Antragstellung der Feststellung einer Schwerbehinderung abgeraten. Selbst wenn es für diese im Regelfall einen GDB zwischen 50-80 gibt.

Man könnte den Eltern sagen: macht es doch trotzdem. Klar, wenn denn nicht der Jugendliche, der schon genug mit der Bewältigung seines Handicaps zu tun hat, längst  zusätzlich verunsichert worden wäre und Angst hätte, aufgrund einer amtlichen Anerkennung seiner Behinderung endgültig im Aus zu landen. Wenn nicht den Eltern selbst schon genug Angst vor diesem Aus gemacht worden ist. 

Behindert. Noch immer ein Schimpfwort auf deutschen Schulhöfen. Noch oft genug Grund, dass Türen sich schließen als dass Wege sich ebnen. 

Aber auch ein Status, der Ansprüche  auf Unterstützung begründet. Also  Kosten verursacht- vom Schulbegleiter, Teilhabeleistungen, Kindergeld  bis zum persönlichen Budget. 

Gut angelegtes Geld, wohlbemerkt.

Den Experten sei gesagt: gut gemeint ist nicht gleich gut beraten. 

Den Behörden: her mit dem Geld.

Uns Eltern und betroffenen Kindern / Jugendlichen: es ist unser gutes Recht- lassen wir es uns nicht nehmen. 

Das ist einfach gesagt…auch wir haben viel zu lange für diesen Schritt gebraucht. Und bereuen ihn nicht.  
 

 Härtefall Deutschland

Im schönen reichen Hamburg tut man sich schwer mit Inklusion. Das ist nichts neues und in D auch nichts einzigartiges. 

DIE ZEIT berichtet aktuell über einen 15jähriges autistischen Jungen, der trotz diverser Bemühungen einiger Behördenmenschen und hartnäckiger Lösungssuche der Eltern, auch über den Rechtsweg, statt in der Schule nun wieder einmal zu Hause sitzt:  Und wo soll er jetzt hin?

Das, was in dem Artikel geschildert wird, ist kein Einzelfall. 

Das, was dem Kind zugemutet wird, ebenfalls nicht. 

Eltern werden in gerichtliche Auseinandersetzungen getrieben, obwohl sie alles andere als das wollen und brauchen.

Und stehen schnell als Querulanten da. 
Der Artikel ist, von einigen Sätzen, die Steilvorlagen für Inklusionsgegner sind, gar nicht so schlecht. 

Sowas wie “ wahrscheinlich teuerster Schüler Hamburgs“ darf man einfach nicht in Zusammenhang mit Behinderung schreiben. 

Wenn schon, dann in Zusammenhang mit Erfolg, gewonnenen Wettbewerben, großer Begabung, Ruhm für uns alle. 
Die Reaktionen in den Kommentaren sind entlarvend.

Da werden in erster Linie die Eltern kritisiert. Zu anspruchsvoll, zu kämpferisch, sie sollen umziehen, sie machen das nur um Recht zu bekommen, kein wahres Interesse am Kind, hätten das Geld statt für Rechtsanwälte für Altersvorsorge für den Jungen anlegen sollen und sogar: die hatten doch schon 1 ( älteres)  autistisches Kind, wie konnten die weitere Kinder bekommen? 
Generell wird unterstellt, dass hier die Allgemeinheit unverhältnismäßig für Sonderlocken für Sonderlinge bluten muss. 

Immer wieder wird darauf hingewiesen, dass Regelungen ‚unter der Hand ‚ doch immer gingen. Ein Schlag ins Gesicht für alle, die nicht über Vitamin B oder besonderes Verhandlungsgeschick verfügen. 

Ich stelle mir Menschen vor, die einerseits gebildet sind, über Erfahrungen mit Behörden – Deals verfügen und gleichzeitig Eltern behinderter Kinder als egoistisch, gierig und machtgeil hinstellen.

Ekelhaft.

An anderer Stelle hat mich ein Beitrag auf Faz.net mit dem Titel ‚Die  Neue Präventionskultur –  Wir sind total kontrolliert ‚ nachdenklich gestimmt.

In diesem Artikel geht es darum, wie bereitwillig heute jeder Einzelne Selbstoptimierung und Selbstkontrolle  betreibt. Diese längst nicht vor der Optimierung/ Kontrolle noch nicht geborener Generationen halt macht und es eine verblüffende Kontinuität eines Gedankenguts, von dem wir denken, es hinter uns gelassen zu haben, gibt.

Es gibt sie immer noch, die Diskussion um leben-und unlebenwertes Leben. Nicht nur was die Geburt behinderter Menschen angeht, sondern auch in Bezug auf unser Ableben. 

Wie weit darf ein Mensch der Gesellschaft zur Last fallen?  Was ist, wenn seine Kosten den Nutzen überschreiten? Darf er sich selbst der Allgemeinheit zumuten?

Wunderbar, unsere Entscheidungsfreiheit.  NIemand muss jemandem zur Last fallen. Wir knipsen einfach das Licht nicht an oder aus. Ganz selbstbestimmt.

Wie soll Inklusion eigentlich gelingen, wenn unser ganzes System auf Selektion ausgerichtet ist?

Über die Kommentare zu dem Zeit-Artikel müssen wir uns wahrlich nicht wundern.
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Von wegen Teilhabe

Ich habe hier des Öfteren über den Irrsinn, eine Diagnose als Voraussetzung für Hilfemaßnahmen für ADHSler, Autisten und andere Menschen, die kein reibungsloses Rädchen im kapitalistischen Getriebe sind, geblogt. hier , hier und hier 

Oft habe ich auch schon darüber geschrieben, dass wir mit viel Mühe, Verständnis, Kreativität und Forschergeist immer wieder Lösungen gefunden haben, die zumindest eine gewisse Lebensqualität ermöglichen und uns den Spaß am Leben grundsätzlich nicht verderben. Dazu hier und hier

Stimmen die Rahmenbedingungen, erleben wir immer wieder Zeiten, in denen alles einigermaßen reibungslos läuft. Vor allem von außen betrachtet. Diese Rahmenbedingungen sind aber meistens starr, wachsen nicht mit.
Beispiel gefällig?
Eine zunächst äußerst stärkende und motivierende Tätigkeit unterfordert auf lange Sicht, überfordert aber zugleich durch äußere Störfaktoren wie Instabilität des Gruppengefüges und damit Tagesablaufs/Arbeitsalltags.
Oder der nächste Entwicklungsschritt raus ins Erwachsenenleben war eine Nummer zu groß und es muss wieder einen Gang runter geschaltet werden.
Aber wohin?

Sollte eigentlich kein großes Problem sein.
Passgenaue Unterstützung kann helfen und weiter gehts.

Träum weiter, liebe LeidenschaftlichWidersynnig.

Nein, nun geht der ganze Spaß wieder von vorn los.
Grundsätzlich sieht sogar die Bundesanstalt für Arbeit ( BA ) , dass Unterstützungsbedarf besteht.
Selbstverständlich müssen dafür Diagnosen her, dazu habe ich mich hier schon ausgelassen.
Klar, der ärztliche Dienst der BA wird dann auch noch einmal bemüht, die Diagnose könnte ja unzutreffend sein.
Macht doch nichts, wenn ein junger Mensch, der sich gerade damit abfinden muss, es nicht allein zu schaffen, jetzt auch noch mal hier und da vorgeführt wird, inklusive Demonstration seiner Defizite in Großformat.
Macht doch nichts, wenn die Mutter, die versucht, trotzdem Mut zu machen obwohl sie darum ringt, den eigenen nicht zu verlieren, zum wiederholten Mal durch die Bürokratie turnen muss.
Macht auch nichts, dass das alles ewig dauert und in dieser Zeit ein junger und im Prinzip motivierter Mensch ohne sichtbare Perspektive gelassen wird.

Was kostet die Welt?

Teenie will flügge werden.
Will raus in die Welt.
Möchte dabei Unterstützung.
Ist bereit, die Kröte “ ich bin behindert“ zu schlucken.
Hauptsache, es geht endlich los.

Niemand der professionellen Unterstützer fragt: was ist deine Idee?
Was brauchst du dazu?

Statt dessen darf Teenie X mal schildern , was sie alles nicht kann, was alles Probleme macht, wird vorgeführt und durchleuchtet und die ganze Familie gleich mit.
Weil die Teilhabe möglichst wenig kosten soll.
Weil eine schlechte, kostengünstige Unterstützung wie Berufsorientierungs-Warteschleifen Alibi genug sind, den sogenannten Anspruch auf Teilhabe an der Arbeitswelt abzufrühstücken.

Denkste Puppe.
Widersynnig wäre nicht Leidenschaftlich wenn sie das hinnähme.
Und Teenie nicht mein Ableger, wenn sie da nicht eigene Vorstellungen zu hätte.

Zu gerne hätte ich weiter über unser Leben mit neurologischer Sonderformatierung geplaudert, ohne diese ständig zum Thema zu machen.
Weil sie NICHT unser Dauerthema ist.

Daraus wird wohl nichts.
Die nächste Runde ist eröffnet.

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Daddeltach…

Wofür man alles so Zeit hat, wenn zwischen den Jahren/am Jahresanfang die Uhr langsamer tickt…
Ein spätes Frühstück und sich endlich einmal dabei all die Artikel, Blogs und anderes Ungelesenes zu Gemüte führen.

Es sind jetzt 1,5 Jahre her, dass Teenie die Schule verlassen hat. In dieser Vorweihnachtszeit habe ich das so richtig gemerkt. Es stehen zwar wichtige Entscheidungen an, aber diese haben haben Hand und Fuß, sind keine vermeintlich zukünftigen Katastrophenszenarien, wenn denn nicht mindestens 1-2 Adventswochendenen dem heiligen Altar Schule geopfert werden…..
Kein schlechtes Rabenelterngewissen mehr, weil wir uns verweigern.
Kein Jahresendstress.
Wir sind diesem von Dieter Schnaas in Tauchsieder – Bestnoten für Bildungswahnsinn in der Wirtschaftswoche beschriebenem Irrsinn entkommen.

Besinnliche Adventszeit? Von wegen. Bald stehen die Halbjahreszeugnisse ins Haus. Und an deutschen Küchentischen herrscht die nackte Notenpanik. Eine Abrechnung. mehr

Besonders gefällt mir auch die Aussicht auf die Abschaffung der Zettelwirtschaft in deutschen Klassenzimmern. Ich werde vermutlich Jahre brauchen, um dieses Trauma des ‚ Lehrperson nicht erreichbar, keine Jahresplanung , kaum Transparenz bei dem was in der Klasse abgeht bei gleichzeitiger Erwartung der Schule, dass Eltern gefälligst super Dienstleister für diesen Verein sind ‚ loszuwerden.

Eigentlich sollte man meinen, dass die digitale Kommunikation gut 20 Jahre nach der Kommerzialisierung des globalen Datennetzes längst Standard ist an Deutschlands rund 35.000 öffentlichen Schulen. Doch weit gefehlt. Noch immer sind Mitteilungen auf Papier vielerorts der meistgenutzte Informationsweg, werden Nachrichten wie im 19. Jahrhundert übermittelt.

….so Dieter Dürand in der Wirtschaftswoche über elektronische Klassenbücher.
Mehr dazu hier

Ich selbst habe leider nichts mehr davon. Aber zum einen bin ich etwas gehässig ( das, was in anderen Berufen längst Alltag ist, müssen nun auch die Lehrer lernen ) und zum anderen erfreue ich mich an vernünftigen Entwicklungen.

In der Zeit Online findet man ja alles: Artikel, die besagen, dass die heutigen Kinder es nicht gut haben, andere, die vom Gegenteil reden. Über Eltern, die zu viel erziehen und solche, die sich zu wenig engagieren.
Dort werden Erziehungsratgeber und dessen Vielzahl kritisiert und immer wieder Artikel, die genau diese anpreisen – oder deren Autoren als Experten.

Da kann sich wirklich jeder aussuchen, was er gerne hören möchte.

Gut gefallen hat mir der Artikel Wir sind keine Sorgenkinder von Martin Spiewak , in dem endlich einmal nicht nur über die völlig danebenen Kids und die dafür verantwortlichen Eltern gewettert wird. Und mein ‚ bestgehasster‘ Bestseller-Psycho-Autor bekommt auch sein Fett ab :

Alle großen Zeitungen und Magazine haben über ihn geschrieben oder ihn interviewt. Er ist der Thilo Sarrazin der Erziehung. Doch anders als Sarrazin trifft Winterhoff kaum auf Widerspruch. hier

Dagegen schreibt über die ‚ Ichlinge ‚ die es ja leider auch zu Hauf gibt, Heidi Keller in Me, Myself And I ebenso gut zutreffend, dass allein der persönliche Erfolg im Leben mehr und mehr Maßstab der jüngeren (deutschen) Mittelstands-Generation wird.

Offenbar verführt Wohlstand zu Egoismus. So sind Kinder aus bildungsfernen Familien – ob mit oder ohne Migrationshintergund – häufig sozial verbindlicher, respektvoller, höflicher. Denn wer von Hause aus weniger Ressourcen hat, muss kooperieren, damit das Familienleben funktionieren kann. Das Selbstwertgefühl speist sich aus dem Miteinander und der Verantwortung füreinander. Ein Bildungssystem aber, das auf individuelle Autonomie ausgerichtet ist, schließt Kinder aus sozial schwächeren Milieus aus, da es ihre Werte und Bedürfnisse ignoriert.
Quelle

Jau…es gibt wohl das Eine wie das Andere.

Familientherapeut Jasper Juul kann sich so oder so freuen :
Ich kämpfe täglich mit deutschen Müttern bringt ihm sicheres Geld und wenn er hier sagt, …

…. Seid nicht so perfektionistisch. Bis man wirklich gut ist im Erziehen, muss man mindestens vier Kinder haben. Aber glücklicherweise brauchen und wollen Kinder keine fix und fertigen Eltern. Kinder haben viel Verständnis für Fehler – sie machen ja selbst den ganzen Tag welche und lernen daraus. Eltern fragen mich ständig: Ist es erlaubt, Kindern gegenüber laut zu werden? Natürlich ist es das, man darf heulen, schreien, alles Mögliche. Kinder brauchen lebende Eltern. Sie brauchen keine Schaufensterpuppen.

… hat er sicherlich nicht ganz Unrecht.

Inklusion ist kein Thema

Bei all den Artikeln, die ich heute über Erziehung, Bildung, Entwicklungspsychologie oder Generation sonstwie gelesen habe, spielte Inklusion keine Rolle. Zugegeben, nicht alle Artikel waren neueren Datums, aber soooooo alt waren sie nun auch wieder nicht.

Vielen Menschen hier gefällt das nicht. Sie haben sich deshalb zu einem Bündnis zusammengeschlossen.
Zur Nachahmung empfohlen….Hamburger Bündnis für schulische Inklusion.

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