Ehrenamt exklusiv

Manchmal stockt das Leben. Beruflich geht es nicht weiter. Alle Anträge sind gestellt und es heißt ( wieder einmal ) abwarten. Oder man weiß noch nicht so genau, wohin man sich eigentlich orientieren soll.

Wer trotzdem etwas sinnvolles tun möchte, kommt da schnell auf den Gedanken der   ehrenamtlichen Tätigkeit. Junge Leute machen ein FSJ oder Bundesfreiwilligendienst
(Bufdi) .
Oder beteiligen sich an sozialen/politischen Projekten.

Was aber, wenn dieser Mensch eine Behinderung hat?
Liest man die Stellenbeschreibungen für das FSJ/Bufdi, wird einem schwindelig.  Gerne mindesten 18 Jahre alt, Führerschein, überall einsetzbar und sowieso flexibel. Also: am besten angehende Studenten*innen oder Leute mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung.
Obwohl diese Dienste ja für Menschen ab 16 Jahren möglich sind.

Teilhabe = Null

In unserer Gesellschaft ist es kaum vorstellbar, dass ein Mensch mit Behinderung anderen Menschen helfen könnte. Schließlich braucht er ja (oftmals) selbst Hilfe/ Unterstützung.
Billige Arbeitskräfte möchte man in den Freiwilligendiensten und keine Menschen, die womöglich auch noch „Arbeit “ machen.
Nein, wer anderen helfen möchte, soll gefälligst fit wie ein Turnschuh sein.

Frage an die Suchmachine:  “ Behinderung FSJ Bufdi „ – behinderte Menschen tauchen dort als Objekte der Hilfsmaßnahme auf, niemals als Subjekt. Noch nicht einmal ein kleiner Hinweis, dass auch Menschen mit Behinderung eine Chance für den Freiwilligendienst haben.

Wartesaal

Dabei würde es vielen Menschen mit einer Entwicklungsverzögerung  die so nötige Zeit zum Nachreifen verschaffen. Wie übrigens vielen anderen jungen Menschen auch.

Auch Gruppen, die sich dem sozialen, politischem und ökonomischen Engagement verschrieben haben, sind leider meist von den Regeln der NT´s / Gesunden geprägt. Interessent*innen mit Special Needs haben halt Pech.

Dabei gäbe es sicherlich viele win-win-Situationen, wenn Helfer*innen/ engagierte Menschen auch Einschränkungen haben dürften.

 

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Abschmink-Maßnahme

Seitdem ich diesen Beitrag geschrieben habe, ist viel Wasser die Elbe hinunter geflossen.

Oft sind wir hin gefallen, wieder aufgestanden und haben unsere Kronen gerichtet.
Und jedes Mal fällt die Aufrichtung schwerer und ist die Krone angekratzter.

Was als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben (LTA) deklariert ist, entpuppte sich als weiteres Instrument der Selektion. Jungen Menschen mit Behinderungen wurde wieder einmal mit überwiegend defizit-orientierter Haltung begegnet. Nett verpackt als Lernziel, sich mit seiner Behinderung auseinander zu setzen und seine beruflichen Ressourcen realistisch einzuschätzen.

Wege, wie Talente, Interessen und Stärken trotz Behinderung genutzt werden können, wurden nicht gesucht. Eine stark eingegrenzte Auswahl zwischen verschiedenen Berufsfeldern, unzureichende Kontakte zu betrieblichen Kooperationspartnern vor Ort und chronischer Personalmangel beim Maßnahme-Träger sind sicherlich weitere negative Komponenten.

An den Geschäftsführer der Bundesagentur, Herrn Scheele, richtete sich unserer Elternverein zum Jahresanfang mit den Worten:

Wir als Eltern erleben, wie unsere Kinder in diesen Maßnahmen scheitern, keine Anschlussperspektive erhalten oder selbst im Anschluss an eine erfolgreiche BvB keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung finden.
Das bestätigte auch eine Anfang 2017 von Autismus Hamburg e.V. und autSocial e.V. durchgeführte online-Befragung für Hamburg: für 40 % der Befragten, die eine Maßnahme begonnen haben, wurde diese vom Träger vorzeitig beendet. Im Anschluss an eine absolvierte Maßnahme haben 21,2 % eine Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt gefunden, 57,8 % haben nichts und 21,1 % sind in einer weiteren Maßnahme. Wir Eltern erleben im Gegensatz dazu über Jahre, unter welchen Rahmenbedingungen unsere Kinder leistungsfähig sind und ihre Potentiale entfalten können.

Unser Ziel: dafür sensibilisieren, dass AutistInnen nicht in eine 0815-Maßnahme gepackt werden können.

Ein anschließendes Gespräch mit der Regionalleitung und der örtlichen Leitung der Reha-Abteilung war zwar atmosphärisch recht angenehm, brachte aber im Ergebnis nichts als bittere Klarheit: die Bundesagentur sei die Behörde für Menschen, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt klar kämen. Die Maßnahmen, die Teilhabe zum Arbeitsleben (LTA) beinhalten, seien hinreichend. Man könne dafür nicht noch mehr Geld ausgeben.

Was für ein beschissener Job

Psycholog*innen, Sozialpädagog*innen  und Ausbilder*innen in den Trägern dieser  Maßnahmen haben also die Aufgabe, die Spreu vom Weizen zu trennen. Sie setzen damit die Arbeit der Lehrer*innen an allgemeinbildenden Schulen fort.

Dabei sind das doch eigentlich helfende Berufe. Wie halten das diese Menschen eigentlich aus? Welche „Wahrheit“ legen sie sich zu Recht? Dass es Menschen mit Behinderung doch viel besser geht, wenn sie unter sich bleiben?  Dass sie ein selbst bestimmtes Leben gar nicht wollen?

Wie schaffen sie es, jungen AutistInnen mit Potenzial, aber möglicherweise noch ohne sogenannte Ausbildungsreife, ohne Gewissenbisse die Beschäftigung in einer Werkstatt für behinderte Menschen zu empfehlen? Auch Asperger AutistInnen, die keinen hohen Schulabschluss  haben, sind oft sehr gebildet und in einer WfbM intellektuell total unterfordert. Wie kann man ihnen die Lüge auftischen, dass sei für ihre Entwicklung am Besten und natürlich nicht für immer…?

Machen sie einen großen Bogen um Artikel wie diese, im März in Brand Eins online oder kürzlich in der taz erschienenen?

Teilnehmer*innen und Eltern werden angelogen, dass sich die Balken biegen. Der Prozentsatz der Menschen, die  eine Werkstattbeschäftigung hinter sich lassen, liegt noch nicht einmal bei 1 %.

Was ist das für eine verquere Logik, wenn Werkstätten für behinderte Menschen sich als Teil der Inklusion darstellen?

Natürlich ist mir klar, dass diese Berufsgruppen nichts empfehlen können, was in Deutschland gar nicht existiert.  Wie wäre es damit, sich diese Hilflosigkeit einzugestehen, wie damit, mit Teilnehmer*innen und Eltern ehrlich umzugehen und wie damit, sich für gute Lösungen zu engagieren?

UN-BRK: Deutschland,  6 – setzen

Im März 2015 beschäftigte sich der UN-BRK-Fachausschuss in Genf mit der Staatenprüfung Deutschlands und untersuchte, wie es hier um die Umsetzung der UN-Behindertenrechtkonvention steht. Die Agentur 53° Nord befragte dazu Klaus Lachwitz, den Präsidenten von Inclusion International.

Interessant zu lesen, dass in England die WfbM geschlossen wurden. Dass es möglich ist, Wege zu gehen, die in Deutschland noch nicht einmal gedacht werden dürfen, ohne des Realitätsverlustes bezichtigt zu werden.

Auffallend im Interview, dass es immer um Menschen mit geistiger Behinderung geht, wenn von WfbM gesprochen wir. Auch in Deutschland wurden die WfbM für diesen Personenkreis konzipiert. Mittlerweile sind sie aber ein Auffangbecken für alle, die nicht funktionieren, wie der allgemeine Arbeitsmarkt ( sprich die privaten und öffentlichen Betriebe und den dahinter stehenden Eigentümern) es gerne hätte.

Was kommt noch?

Der Chef der Bundesagentur für Arbeit Hr. Scheele hat sich nun ein weiteres Projekt ausgedacht. Arbeiten ohne jedes Entgelt für Langzeitarbeitslose in Betrieben der Privatwirtschaft.

„Das neue Konzept sieht vor, Menschen, die seit mindestens vier Jahren arbeitslos sind, zwei bis drei Jahre lang in eine öffentlich geförderte Beschäftigung zu schicken. Langzeitarbeitslose sollen demnach Betrieben, als zusätzliche kostenlose Kraft angeboten werden. „Dort können sie als eine Art Handlanger den Arbeitsprozess in Firmen unterstützen“, sagt von Einem. Ein weiterer Vorschlag sieht vor, sie in der Stadtteilverschönerung einzusetzen.“ Quelle

Das sind die Arbeitsplätze, mit denen ehemals auch Menschen mit Behinderungen ihr geringes Einkommen bestreiten konnten. Ist es da nicht besser, für ein bisschen Taschengeld und Rentenansprüche in einer WfbM auszuharren, als nach langer Arbeitslosigkeit gar nichts mehr für seine Tätigkeit zu bekommen?

Das interessiert merkwürdigerweise kaum jemanden, es sei denn, er ist selbst oder jemand im nähren Beziehungsumfeld ist davon betroffen.

Dabei sind es doch die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätigen Steurerzahler*innen, welche die Privatwirtschaft auf diese Weise subventionieren. Verstehe das, wer will.

Nachreifen

Die persönliche Entscheidung ist meist schwierig. Zu Hause rum hängen ist keine Alternative. Nach monatelanger Demoralisierung ist eine Ausbildung oder ein Job auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt oft weniger denkbar als vor Beginn der unpassenden Maßnahme.

Wir sind kein Einzelfall.
Ich schreibe wir, weil ganze Familien unter diesem sich selbst erhaltenden Ausgrenzungs-System leiden.
Unsere Kinder, weil sie keinen angemessen Platz auf dieser Welt finden.
Wir Eltern, die hilflos die Ausgrenzung unserer Kinder mit ansehen müssen.

Wer über finanzielle Mittel (und Zeit) verfügt, kann seinem Kind möglicherweise mit privaten Weiterbildungskursen, zeitintensiven Hobbies nebst Equipment, Urlaubsreisen usw. eine gewisse  Zeit des Nachreifens versüßen, vielleicht sogar den Start in die Selbständigkeit ermöglichen.

Wunsch frei

Hätte ich den, würde ich in ein kleines nettes Touristen-Kaff ziehen, dort ein kleines Lädchen mit allerlei Schnick-Schnack à la DIY aufmachen, Teenie könnte sich kreativ austoben und den Deko-liebenden Damen das eine oder andere Teil aufschwatzen. Ihr Hund, den sie dann endlich haben könnte würde sie immer begleiten. Zum nächsten Reiterhof wäre es nicht weit. Irgendwann hätte Teenie vielleicht Lust auf einen neuen Anlauf. Den müssten wir dann natürlich privat bezahlen, denn das Mahlwerk der staatlicher Reglementierung würden wir fortan meiden.
Ich könnte mein Rheuma pflegen, im Bistro des Lädchens Kaffeespezialitäten und Portweine kredenzen und mich in die gemeinnützige Arbeit stürzen.
Finanziert würde das Ganze von meinem/meiner (noch zu findenden) vermögenden Gatten/Gattin, die/der die Verluste des Ladens steuerlich absetzten könnte.

Wer weiß?

Man muss das Unmögliche versuchen, um das Mögliche zu erreichen.
Hermann Hesse

 

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Was man so denkt

Mach‘ das bloß  nicht

Man könnte meinen, schlimmer noch als eine Behinderung zu haben sei die amtliche Anerkennung derselben. 

Man könnte mutmaßen, bei neurologischen Sonderformatierungen wie z.B. ADHS und Autismus Spektrum Störung wisse man ja gar nicht, ob die Beeinträchtigung das Ausmaß einer Behinderung erreiche. Man sieht ja nichts. 

Man könnte behaupten, es sei für das Kind besser, nicht abgestempelt zu werden, denn…

Man weiß ja nie, ob es sich rauswächst.

Man vermutet, es  läge  an den Eltern : falsche Erziehung, falsche Erwartungen, falsche Ansprüche, falsche Therapien, Kita, Schule, Hobbys. 

Falscher Lebensstil- was, die Mutter  bleibt berufstätig?!?

Falsches Essen. 

Prima Hilfe 

Zu allem diesen Themen werden Eltern von nicht sichtbar ( bzw. nicht durch Biomarker feststellbaren Handicaps) behinderten Kindern von allen erdenklichen Menschen beraten. Familie, Freunde und vor allem Experten wie Ärzte, Psychologen, Erzieher, Lehrer, Jugendamt, Rehaberater der Arbeitsagentur, Rechtsanwälte.  

Man sollte sicher sein, dass die Eltern bei so viel gut gemeintem Rat gut unterstützt seien.

Wobei aber brauchen Eltern dieser Kinder  überhaupt vorrangig Unterstützung?  Am Anfang stehen Angst, Schmerz, Schuldgefühle, Wut, Zweifel und immer wieder Hoffnung. Das Begreifen und die Akzeptanz kommen erst nach und nach und sind ein mühsamer Prozess. Wer begleitet die Eltern dabei? 

Parallel die Bürokratie: Diagnostik, Therapien, Integrationsplatz in Kita und Schule, Hilfe zur Erziehung, Eingliederungshilfe, unterstützte Ausbildung ( Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben), Hilfe für junge Erwachsene durch das Jugendamt. Immer wieder Anträge, Widersprüche , Hotlines, Wartelisten und Termine. Wer ist Eltern-Scout  in diesem Dschungel? 

Man mag es nicht glauben: das alles geht -hinreichend Biss und Durchhaltevermögen vorausgesetzt- ohne amtliche Anerkennung einer Schwerbehinderung und auch nach vielen Jahren des Hürdenlaufs durch Arztpraxen, Jugendamt & Co wird dennoch oft von einer Antragstellung der Feststellung einer Schwerbehinderung abgeraten. Selbst wenn es für diese im Regelfall einen GDB zwischen 50-80 gibt.

Man könnte den Eltern sagen: macht es doch trotzdem. Klar, wenn denn nicht der Jugendliche, der schon genug mit der Bewältigung seines Handicaps zu tun hat, längst  zusätzlich verunsichert worden wäre und Angst hätte, aufgrund einer amtlichen Anerkennung seiner Behinderung endgültig im Aus zu landen. Wenn nicht den Eltern selbst schon genug Angst vor diesem Aus gemacht worden ist. 

Behindert. Noch immer ein Schimpfwort auf deutschen Schulhöfen. Noch oft genug Grund, dass Türen sich schließen als dass Wege sich ebnen. 

Aber auch ein Status, der Ansprüche  auf Unterstützung begründet. Also  Kosten verursacht- vom Schulbegleiter, Teilhabeleistungen, Kindergeld  bis zum persönlichen Budget. 

Gut angelegtes Geld, wohlbemerkt.

Den Experten sei gesagt: gut gemeint ist nicht gleich gut beraten. 

Den Behörden: her mit dem Geld.

Uns Eltern und betroffenen Kindern / Jugendlichen: es ist unser gutes Recht- lassen wir es uns nicht nehmen. 

Das ist einfach gesagt…auch wir haben viel zu lange für diesen Schritt gebraucht. Und bereuen ihn nicht.  
 

Mantra

Mir ist egal, welchen Beruf mein Kind wählt, Hauptsache, es wird damit glücklich.

Das haben doch die meisten Eltern schon mal von sich geben, oder?

Noch im Halbschlaf sage ich mir immer wieder diesen einen Satz, von dem auch ich überzeugt bin, in Gedanken vor.
Denn heute nehme ein weiteres Stück Abschied vom Wunschtraum, dieser glücklich machende Beruf  werde gleichzeitig einer sein, der gesellschaftlich hoch anerkannt ist und gut bezahlt wird.
Ich nehme auch Abschied von meinem jahrelang verfolgten Ziel, mein Kind möge soviel Normalität wie möglich und lediglich so wenig Spezialität wie nötig erleben.
Das schmerzt und ich werde das Gefühl der Unzulänglichkeit nicht los.
Wir fahren in eine kleine Stadt nicht weit von unserer Großen, um
ein Berufsbildungswerk zu besichtigen. Überbetriebliche Ausbildungen für Menschen mit Behinderungen werden dort angeboten. (1)
Ich habe Vorbehalte.
Ist es das Richtige?
Wird mein fast erwachsener Teenie dort genug Anregungen für ein ‚ normales ‚ und eigenständiges Leben bekommen?
Meine eigenen Gedanken befremden mich. Die anderen jungen Erwachsenen dort können doch ebenso wunderbare und vielseitige Menschen sein wie sie!
Und mal ehrlich: wie viele Anregungen habe ich bereits nur allein von Teenie gerade wegen ihrer Besonderheit bekommen?

Das Gegenteil von Inklusion

Es fällt mir schwer JA zu dieser Sonderwelt zu sagen. In meiner Vorstellung ist es möglich und wünschenswert, mit Menschen mit Beeinträchtigungen in unserer Mitte zu leben und zu arbeiten. Letzteres gesondert zu erwähnen ist wohl notwendig in unserer verdrehten Welt, die in Hierarchien wie Dritte Welt, zweiter Arbeitsmarkt, Geberländer, Leistungsträger u.v.m. denkt. 

An diesem Tag heute muss ich akzeptieren, dass die Realität für mein Kind nur eine  Berufsausbildung ‚ auf dem Mars ‚ vorsieht.
Das ist bitter. 

Das Glück der Erde…

Ich sehe, wie Teenie neugierig und zielstrebig den ersten Kontakt vor Ort aufnimmt. Bin erstaunt über ihre klaren Vorstellung, erfreut über ihre Unvoreingenommenheit. Hier kann sie sogar ihren Traumberuf erlernen.
Sie sieht zugleich die Chance den nächsten, ihr angemessenen Schritt zu machen. 
Den Heimatort verlassen. 
In Gemeinschaft mit jungen Leuten leben. 
Ihr Blick zu mir : ich hab‘ dir doch schon immer gesagt, ich will was mit Pferden machen.
Ich krieg das alles hin, mach dir keine Sorgen.

Diese Treppe hatte ich schon oft vor der Linse. Meine liebe Leserin Anita schrieb dazu sinngemäß: “ wer weiß, wo diese Stufen unsere Kinder hinführen“ . Ich mag diese Treppe.  Blickt man hinauf, sieht man in den Himmel. Der Blick hinab weist auf das weite Meer…

Am nächsten Morgen steht ihre Entscheidung noch immer.
Ich aber denke daran, was es heißt, einen Beruf im
Niedriglohnsektor zu ergreifen.
Weise Teenie auf die nicht berauschenden Verdienstmöglichkeiten in dieser Branche hin. ( 2 )

Hey Mum, ich schreibe doch erst das Vorwort des Buches meines Lebens, bleib mal cool.

Ach, auch eine Löwenmutter hat zu weil ein Hasenherz.

Aber während ich das alles so denke und schreibe, wetze ich bereits meine Krallen für das kommende Match mit der Bundesagentur für Arbeit…..

(1) wer jetzt denkt, Teenie hätte einen offiziellen Behinderten-Status, irrt.
Die BA hat jetzt lediglich gemerkt, dass es Grenzen dabei gibt, Menschen mit einer ‚Sonderformatierung‘ die gängige ‚Standardsoftware‘ aufzuzwingen.
(2) für mich behalte ich, welche Auswirkungen das auf mich hat: arbeiten, bis es nicht mehr geht..

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Von wegen Teilhabe

Ich habe hier des Öfteren über den Irrsinn, eine Diagnose als Voraussetzung für Hilfemaßnahmen für ADHSler, Autisten und andere Menschen, die kein reibungsloses Rädchen im kapitalistischen Getriebe sind, geblogt. hier , hier und hier 

Oft habe ich auch schon darüber geschrieben, dass wir mit viel Mühe, Verständnis, Kreativität und Forschergeist immer wieder Lösungen gefunden haben, die zumindest eine gewisse Lebensqualität ermöglichen und uns den Spaß am Leben grundsätzlich nicht verderben. Dazu hier und hier

Stimmen die Rahmenbedingungen, erleben wir immer wieder Zeiten, in denen alles einigermaßen reibungslos läuft. Vor allem von außen betrachtet. Diese Rahmenbedingungen sind aber meistens starr, wachsen nicht mit.
Beispiel gefällig?
Eine zunächst äußerst stärkende und motivierende Tätigkeit unterfordert auf lange Sicht, überfordert aber zugleich durch äußere Störfaktoren wie Instabilität des Gruppengefüges und damit Tagesablaufs/Arbeitsalltags.
Oder der nächste Entwicklungsschritt raus ins Erwachsenenleben war eine Nummer zu groß und es muss wieder einen Gang runter geschaltet werden.
Aber wohin?

Sollte eigentlich kein großes Problem sein.
Passgenaue Unterstützung kann helfen und weiter gehts.

Träum weiter, liebe LeidenschaftlichWidersynnig.

Nein, nun geht der ganze Spaß wieder von vorn los.
Grundsätzlich sieht sogar die Bundesanstalt für Arbeit ( BA ) , dass Unterstützungsbedarf besteht.
Selbstverständlich müssen dafür Diagnosen her, dazu habe ich mich hier schon ausgelassen.
Klar, der ärztliche Dienst der BA wird dann auch noch einmal bemüht, die Diagnose könnte ja unzutreffend sein.
Macht doch nichts, wenn ein junger Mensch, der sich gerade damit abfinden muss, es nicht allein zu schaffen, jetzt auch noch mal hier und da vorgeführt wird, inklusive Demonstration seiner Defizite in Großformat.
Macht doch nichts, wenn die Mutter, die versucht, trotzdem Mut zu machen obwohl sie darum ringt, den eigenen nicht zu verlieren, zum wiederholten Mal durch die Bürokratie turnen muss.
Macht auch nichts, dass das alles ewig dauert und in dieser Zeit ein junger und im Prinzip motivierter Mensch ohne sichtbare Perspektive gelassen wird.

Was kostet die Welt?

Teenie will flügge werden.
Will raus in die Welt.
Möchte dabei Unterstützung.
Ist bereit, die Kröte “ ich bin behindert“ zu schlucken.
Hauptsache, es geht endlich los.

Niemand der professionellen Unterstützer fragt: was ist deine Idee?
Was brauchst du dazu?

Statt dessen darf Teenie X mal schildern , was sie alles nicht kann, was alles Probleme macht, wird vorgeführt und durchleuchtet und die ganze Familie gleich mit.
Weil die Teilhabe möglichst wenig kosten soll.
Weil eine schlechte, kostengünstige Unterstützung wie Berufsorientierungs-Warteschleifen Alibi genug sind, den sogenannten Anspruch auf Teilhabe an der Arbeitswelt abzufrühstücken.

Denkste Puppe.
Widersynnig wäre nicht Leidenschaftlich wenn sie das hinnähme.
Und Teenie nicht mein Ableger, wenn sie da nicht eigene Vorstellungen zu hätte.

Zu gerne hätte ich weiter über unser Leben mit neurologischer Sonderformatierung geplaudert, ohne diese ständig zum Thema zu machen.
Weil sie NICHT unser Dauerthema ist.

Daraus wird wohl nichts.
Die nächste Runde ist eröffnet.

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Exklusive Hilfe- ein kleiner Überblick

Berufstätig sein mit einem behinderten Kind- Wegweiser für Mütter mit besonderen Herausforderungen

Eine neue Broschüre des Bundesverbandes für körper- und mehrfachbehinderte Menschen (bvkm) stellt sehr ausführlich, übersichtlich und anhand von Fallbeispielen die bestehenden Hilfs-und Unterstützungsmöglichkeiten für Familien mit behinderten Kindern dar und geht auf die spezielle Situation berufstätiger Mütter ein.
Ein solche Übersicht hat bisher in der Broschürenwelt gefehlt.

Auffallend

Sämtliche Möglichkeiten der Unterstützung durch Dritte haben einen exklusiven Ansatz.
Was, wenn das Kind z.B. keine Lust hat, seine Ferien in einer Gruppe von Behinderten zu verbringen? Es möchte vllt. lieber einen Englischkurs in England machen, wie seine Freunde auch. Darf der Integrationshelfer mit?

Deutlich auch, dass Kinder, die nur Sonderpädagogischen Förderbedarf haben ohne jedoch eine Schwerbehinderung beantragt/ anerkannt zu haben, i.d. R. nicht erfasst sind.

Was, wenn gesunde Geschwisterkinder über 12 sind und noch nicht selbstständig genug, um mehrere Tage allein zu bleiben?
Leistungen durch die Krankenkasse wie Kinderkrankengeld , Mutter- Kind-Maßnahmen, Haushaltshilfe für gesunde Kids hören abrupt nach dem 12 LJ auf.

Immerhin werden auch Beispiele von Alleinerziehenden Müttern herangezogen – eine Realität, die bei behinderten Kindern ja so selten nicht ist.

Die Broschüre ist hilfreich – zeigt aber auch die traurigen exklusive Sichtweise auf Unterstützungsmaßnahmen in Deutschland auf.

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Gekniffen

Ausgangspunkt:
Du hast ein Kind, das die Welt anders erlebt als die meisten anderen Menschen und sich dementsprechend abweichend verhält.
Es ist egal, ob es sich um HS, ADHS, ASS oder Teilleistungsstörungen handelt.
Wichtig ist : man sieht nichts.

Du befindest dich in einer Gruppe von Menschen.
Zunächst fällt dein Kind nicht auf und du auch nicht.
Möglicherweise könnt und wollt ihr allseits beliebte Aktivitäten nicht mitmachen, braucht mehr Pausen als andere oder ein drohender Overload scheint wie extreme Bockigkeit und Aggressivität.
Je öfter du mit einem unverfänglichen nein danke, heute nicht…. X mag es nicht so laut …..das ist nicht so unser Ding….. antwortest, desto mehr landest du mit deinem Kind in der Schublade: komisch, Spaßbremse, arrogant oder was weiß ich.

Du sitzt in der Klemme.
Spätestens wenn sich Fragen, Bemerkungen oder sogar Beschwerden, das Verhalten deines Kindes betreffend, häufen.
Wenn spitze Bemerkungen fallen, weil niemand nachvollziehen kann, warum du deinem Kind den langen Zügel dort gibst, wo andere Eltern ihre Kinder an die Kandarre nehmen und umgekehrt.

Klar antworten oder ausweichen?

Je älter das Kind ist, desto problematischer wird es mit dem Antworten.
Gefragt, warum denn dein 2jähriges z.B. noch nicht läuft, kannst du was von Entwicklungsverzögerung blabla …..murmeln.
Je nach Tonfall der Frage darf auch gern die Antwort ausfallen. Oft steckt nämlich nicht Interesse am Kind, sondern Lust auf Vergleichen mit dem eigenen Kind, welches dabei locker prima dasteht, dahinter.

Nach dem Verhalten eines Teenies gefragt, kann man eigentlich nur
sagen : frag sie/ ihn selbst.
Was sich niemand traut.
Abstempeln ist einfacher.
Stellt sich also auch hier wieder die Frage : wie und wie lange schütze ich mein Kind vor Unverständnis und Ausgrenzung?

Wie schütze ich mich?

Das Dilemma: die Interessen der Kinder sind nicht unbedingt identisch mit denen der Eltern.

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Katalog der Widersprüchlichkeiten

1. es geht niemanden etwas an, was dein Kind hat
2. dein Kind hat Persönlichkeitsrechte, die du verletzt, wenn du z.b. Diagnosen (ohne Einverständnis ) offenbarst
3. dein Kind soll von anderen nicht unangemessen und irrtümlich beurteilt, gefordert oder sogar ausgeschimpft werden
4. du möchtest dein Kind schützen
5. du möchtest, dass auf seine Disposition Rücksicht genommen wird
6. dein Kind soll integriert werden
7. du hoffst auf Verständnis für dein elterliches Verhalten
8. und noch immer, dass Information der Schlüssel dafür ist
9. du willst nicht als Elternteil da stehen, das alles falsch macht
10. du möchtest Akzeptanz für dein Kind und dich
11. wie viele Eltern suchst du den Austausch mit anderen Eltern ( auch wenn die Kids in der Pubertät sind)
12. mangelndes Wissen bzw. Vorurteile des Umfeldes machen dich immer wieder zum Erklärbären
13. aggressive Reaktionen wie: Quatsch, das Kind hat nix, das muss nur mal…..gab es früher auch nicht….. zwingen dich in eine ungewünschte Rechtfertigungsposition
14. Kinder hassen es, wenn über sie geredet und noch mehr, wenn über sie gestritten wird
15. du bist nicht immer cool genug, um unqualifizierte Bemerkungen an dir abperlen zu lassen

In der letzten Zeit bin ich gehäuft auf Gruppen in sozialen Netzwerken gestossen, in denen sich detailliert über Diagnosen der Kinder ausgetauscht wird.
Da wird mir schwindelig.

Das Internet ist oft die einzige Hilfe, die betroffene Familien bekommen, das ist mir klar. In vielen Foren bekommt man Antworten auf Fragen, die man beim Arzt noch nicht einmal los wird.
Auch der Austausch zwischen den Eltern ist qualitativ etwas anderes als mit Eltern nicht betroffener Kids. Aber diese speziellen Foren sind im Vergleich zu fb und Co relativ gut geschützt.
Auch mir ging es so: ohne Hilfe aus dem Netz hätte ich mich ohne jede Leitplanke meiner unbekannten Aufgabe stellen müssen. Hätte viele Infos nicht bekommen, manche Anlaufstelle nicht gefunden, langjährige persönliche aber virtuelle gegenseitige Unterstützung nicht erfahren.

Ich selbst bevorzuge einen offensiven Umgang mit Einschränkungen. Auch was mich selbst betrifft.
Aber gilt das auch für mein Kind?
Schwierig: die Einschränkung meines Kindes ist auch zum Teil meine ( geworden).

Die Lösung könnte sein

Nehmt mein Kind wie es ist.
Macht mit uns zusammen, was geht.
Macht nicht aus allem ein Problem.
Oft reichen kleine Veränderungen, um stressfreies Miteinander zu ermöglichen.
Urteilt nicht, wenn ihr keine Ahnung habt.

Ihr seid eingeladen zum Gedankenaustausch

Wie geht ihr damit um?
Wie lebt ihr mit diesen Widersprüchlichkeiten?
Was hättet ihr euch von euren Eltern in dieser Hinsicht gewünscht?
Offensive oder Diskretion?

In diesem Zusammenhang ist mir ein Interessanter Artikel bei wer-ist-Thomas-mueller.de aufs Display geflimmert: Raul Krauthausen, Aktivist für Behindertenrechte, im Interview:

Im Bezug auf Behinderung sind die Deutschen sehr bemüht, stehen sich aber dabei auch selbst im Weg. Sie sprechen viel über behinderte Menschen, aber nicht wirklich mit ihnen. Ich beobachte da einen fehlenden Pragmatismus. Weil die Deutschen generell so ein bürokratisches Volk sind, verstecken sie sich gerne hinter Regeln und Bestimmungen. Alles muss immer überkorrekt sein. Wir problematisieren einfach zuviel, anstatt einfach mal zu gucken, wo die Gemeinsamkeiten sind und wie man einen einfachen, entkrampften Weg finden kann, eine selbstbestimmte Teilhabe von Menschen mit Behinderung und ohne Behinderung zu ermöglichen. mehr

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Flow

So leicht kann leben sein.
Teenie hat sich verabschiedet, um mit dem Studi-Nachbarn die Welt der Kunst- Uni zu erkunden.

Eben noch geplant, die unerwartet freie Zeit in der Frühlingssonne zu verbringen, fange ich an, ein wenig ‚ klar Schiff ‚ in der Wohnung zu machen. Ausnahmsweise gefällt es. Dabei sind auch Dinge, die eigentlich Teenie machen müsste. Aber so ist das nun einmal: ein Leben mit und wie NT’s fordert Zeit und Kraft. Da bleiben Pflichten eben liegen. Ich freue mich für sie für diesen Nachmittag.

Immerhin muss ich nicht einkaufen, das machen die beiden Youngster.

Zeit für ein Päuschen und ein Telefonat, welches zeitlich etwas ausartet. Macht nichts. Die Sonne sah das anscheinend nicht so, hat sich zurückgezogen und lässt sich von Regen, Wind und Hagel vertreten.
Auch gut. Bleib ich heute hier.
Noch ein Käffchen…..

Pünktlich zur Abendessenszeit stehen zwei völlig durchnässte, gut gelaunte und hungrige Ausflügler – ohne Einkaufstaschen – vor mir.

Zum Glück gibt es noch Suppe von gestern.
In der Aufwärmpause für Mensch und Nahrung trudelt Nachbarin 2 , knapp über 20 und Erzieherin, bei uns ein.
Ach ja, Teenie wollte ja Regeln vereinbaren und hat sich Unterstützung organisiert.

Während die Mädels sich zur Beratung zurück ziehen, decke ich den Tisch.
Eigentlich ist doch alles ganz einfach. Es braucht nur ein paar zugewandte, unvoreingenommene Menschen. Diese beiden jungen Menschen in unserem Haus sind das Gegenteil von dem, was von der Jugend allgemein behauptet wird…

Das Abendessen verläuft in angenehmer Atmosphäre. Was essen wir morgen ohne Einkauf?
Teenie macht seit einigen Tagen Praktikum in der Küche und hatte uns Bekochung in Aussicht gestellt.

Die Lösung für den Versorgungsengpass ist schnell gefunden.
Den Fischmarkt quasi vor der Tür sichere ich meinen Teil zum Sonntagsschmaus zu.

Bio ist nicht nur gesünder und schmackhafter, sondern auch günstiger.

Das stelle ich für mich seit einigen Wochen fest.
Zu einem guten Teil habe ich mich vom Einkaufsstress befreit und eine Biokiste abonniert.

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Erst hatte ich Bedenken, ob ich das Zeug auch verbrauche. Aber wir essen seitdem nicht nur geplanter, sondern es landen auch keine
‚ach je, das-habe-ich-ganz -Vergessens‘
mehr im Müll.
Für mich dürfte es maximal 2 Sorten eines jeden Produktes geben, es dürfte niemals umgeräumt werden im Discounter und Sonderangebote bräuchte ich auch nicht.
Warenvielfalt – nein Danke!

Nun aber werde ich mich auf den Fischmarkt begeben, wo ein vermeintliches Angebot das andere überbietet.

Luft – Eiweiß – Vitamin- Diät

Großstadtstrassen ohne Autos, Sonne satt und kühle Luft.
Ich sollte mir eine kleine Sonntags-morgens-Radtour angewöhnen.
Natürlich ist es auf dem Fischmarkt laut und wuselig.
Es wird etwas geboten für die Touris. Hamburg soll so aussehen, wie sie es sich vorstellen.
Es ist schon lange her, dass ich hier war.
Zur Orientierung drehe ich zunächst eine Runde.
Und schon geht es los: sieht dieser Fisch besser aus als der da drüben? Welcher ist günstiger?
Kann ich auch kleinere Mengen kaufen?
Wo ist der Haken? Viel Ware für wenig Geld….da muss doch etwas nicht stimmen. Davon ausgehend, dass hier kein Standbetreiber steht, der nichts verdienen will, kommen ja nur ‚ Mogelpackungen‘ oder Niedrigstlöhne im Hintergrund in Frage. Oder beides.

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2 alte Bauern verkaufen lebende Hühner und Kaninchen.
Bisschen Obst aus dem Alten Land.
Auffallend viele gleichartige Obststände mit identischen Angeboten, nicht von hier.
Holländische Blumen.
Schmuck und Nepp für die Lieben zu Hause.
Bratwurst, Fischbrötchen und Bier.

Als Einheimische weiß ich, dass man bis kurz vor Torschluss warten muss, um halbwegs günstig einzukaufen.
Ich spaziere in die Fischauktionshalle, wo mir laute Rockmusik entgegendröhnt.
Die Musiker dieser Cover-Band nicht mehr ganz frisch, die Songs auch nicht, dafür aber ihre Musik. Gefällt mir.

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Noch etwas mehr als 30 Minuten bis Marktschluss.

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Den Fisch für Teenies Menü habe ich schon, ungefähr doppelt so viel, wie wir brauchen.
Und Matjes, an dem ich einfach nicht vorbei kam, obwohl ich den Trick wirklich blöd fand:
4 Stück 5 €, 2 Stück gibt‘ s nur für den Einzelpreis à 2 € – arghhh!

Mich zieht es zum Bäcker an der Ecke mit den Tischen in der Sonne. Ein Cappuccino und dabei überlegen, was ich noch an Obst mit nehme. Wo wollte ich das noch holen? Lieber einzeln oder …..

Welches Nahrungsmittel in welcher Menge in welcher Ausführung?

Ich hab’s gewusst.
Verglichen mit dieser, alle Sinne ansprechenden Frage sind die Entscheidungen, die ich täglich beruflich zu treffen habe und die von vielen Menschen für kompliziert gehalten werden, ein Kinderspiel.

Das Schlusssignal ertönt. Nun aber.
Natürlich finde ich den Stand, an dem ich die besten Sachen gesehen habe, nicht mehr. Menschen aus den umliegenden Wohnhäusern kommen schnell noch vorbei, jetzt ist es ihr Wochenmarkt.
Die ersten markenbekleideten Elbjogger trippeln durch das Treiben.
Menschen in abgetragenen Klamotten schauen schon einmal, was heute so liegen bleibt.

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Völlig überfordert in dieser Endverkaufsstimmung schaffe ich es nicht, mir selbst mein Obst zusammenzustellen und ich nehme für einen 10er, was ich kriegen kann. Und deutlich mehr ist, als wir in den nächsten Tagen essen werden.
Puh.

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Zu Hause himmlische Ruhe .
Teenie schläft noch.
Ich breite meine Beute aus.
Im Großen und Ganzen bin ich zufrieden.
Ein kleines vorgezogenes Mittags-Nickerchen und dann ein leckeres 2. Frühstück, das für Teenie das Erste ist.
Der Matjes …hmm.

Teenie fängt gleich mit der Planung des Essens an.
Nein, keine Hilfe. Das ist ihr Ding.
Später folgt in Seelenruhe ein Arbeitsschritt dem Vorigen.
Hier wird nicht einfach drauflos geschnippelt, sondern gerade erlernte Schneidetechnik geübt. Da braucht man keine hektische Mum in der Nähe, die dilettantisch ergebnis – und zeitorientiert Gemüse zerhackt.
Im Hintergrund der Ton eines englischsprachigen, schon x – Mal angesehenen Animé.
Zufrieden mit sich selbst.

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Ein Wochenende, das sorgsam in meiner Schatztruhe verstaut wird.

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Inklusion paradox II

Irgendwann ist Schule Historie und der Schritt in’s Arbeitsleben liegt an.
Berufsorientierung wird an den Schulen heute groß geschrieben, es gibt sogar Zertifikate dafür.
“ Schule mit vorbildlicher Berufsorientierung“ , das dürfte nicht nur im hiesigen kleinen Stadtstaat so sein.
In der Praxis sieht das dann nicht immer so rosig aus, nachzulesen in meinem Beitrag Reality-Show Bewerbung.

In einer illustren Runde hochkarätiger Verwaltungsbeamter hatte ich kürzlich das zweifelhafte Vergnügen, die Auswahlinstrumente für zukünftige Verwaltungsangestellte/beamte des mittleren Dienstes präsentiert zu bekommen.
Also für die jungen Menschen, die mit Realschulabschluss oder Abi direkt in die öffentliche Verwaltung wollen.
Für die Akademiker_innen gibt es andere Verfahren.

Nun ist es ja nicht so, dass man sich heutzutage einfach nur bewirbt. Viel zu einfach.
Zukünftige Versicherungssachbearbeiter_innen werden im Klettergarten auf Teamfähigkeit geprüft.
Ach, du würdest Dachdecker_in werden, wenn du schwindelfrei und sportlich wärst?

Also, warum sollte es im öffentlichen Dienst (ÖD) anders sein, immerhin werden diese Beschäftigten von unseren Steuergeldern bezahlt.
Damit nicht unnötig viel Zeit der bereits im ÖD befindlichen Menschen verplempert wird, können Schulabgänger_innen sich in einem self-Assessment selbst checken: C!You macht’s möglich.

Wir bieten Ihnen die Möglichkeit schon vor einer schriftlichen Bewerbung selbst zu prüfen, ob das Berufsbild der Allgemeinen Verwaltung Ihren Fähigkeiten und Interessen entspricht. Erleben Sie uns spielerisch, interaktiv und anonym!

Wird in der ersten Runde noch gespielt, muss sich der/die selbst-gecheckte/r Kandidat_in im nächsten Schritt daran machen, eine Bewerbung zu schreiben.
Mit ein wenig Glück landet diese nicht bei den 50% für die Rundablage bestimmten.
Sondern es geht weiter zum Präsenz-Eignungstest.

Psychologische Eignungstestung

2 sehr kompetente junge Psychologinnen klärten die Beamtenrunde nebst mich darüber auf, was es damit auf sich hat. Natürlich keine Persönlichkeitstestung, es geht nur um Leistung. Alles streng nach DIN XYZ.
Soll jetzt alles elektronisch gemacht werden.
Das fänden die jungen Leute toll.
Und die Auswertung sei schneller. Mühsames Schablonen-Auflegen entfalle.
Das Ergebnis sei 4 Tage früher da. Was für eine Verbesserung.
Da wird die Privatwirtschaft aber staunen.

Wer sich im Test als geeignet zeigt, darf dann endlich ins Assessment.
Dort dann noch mal 3 Testblöcke in der Gruppe.

Selbstverständlich ist Chancengleichheit garantiert. Schwerbehinderte können sich vorab melden und bekommen ihrer Beeinträchtigung entsprechende Testbedingungen.

Wer all‘ diese Hürden geschafft hat, darf in’s Vorstellungsgespräch.
Ein echter Dialog, wie ging das nochmal?

Bestenauslese

Beste/r schon vor Ausbildungsbeginn.
Im Eignungstest sicher an der richtigen Stelle das Kreuzchen gemacht.
Nicht zu nervös gewesen.
Im Assessment sozialkompetente/r Tonangeber_in.
Oder gute/r Schauspieler_in.

Wird dieser Mensch seine Arbeit mit Hingabe machen? Wird er ein zuverlässiger Kollege sein?
Was bringt er besonderes ein, in’s Team?

Inklusion!
Tönt es in jeder Sonntagsrede unserer örtlichen Politiker_innen.
Der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund in der öffentlichen Verwaltung soll erhöht werden. Niemand verloren gehen.

Was ist mit den Menschen, die etwas Zeit brauchen, um in eine Aufgabe hineinzuwachsen?
Denen man die Möglichkeit geben muss, sich an der Aufgabe zu entwickeln?
Die in Tests schlecht abschneiden, in der Praxis aber überzeugen können?
Ohne anerkannte Schwerbehinderung, aber dennoch durch ein so dermaßen standardisiertes Auswahlverfahren ohne Chance sind?

Mit anderen Worten: jenseits der Norm?

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Inklusion paradox I

Menschen, die ihre Umwelt anders erleben, bewegen sich in einer Gruppe, z.B. Schulklasse, anders als ihre Mitschüler_innen.

Hochsensible entziehen, zapplige bewegen sich, autistische erstarren. Sie halten sich die Ohren zu, geben den Klassenclown, sitzen unter dem Tisch, träumen sich weg, werden aggressiv.
Das alles erfolgt nicht absichtlich. Sie machen sich damit richtig, können auf diese Weise bei sich selbst bleiben.
Wer mit diesen Kindern zu tun hat weiß, dass sie oft selbst am meisten darunter leiden, den (schulischen) Ansprüchen an ihr Verhalten nicht gerecht zu werden.
Sie empfinden sich häufig als „nicht richtig“, schlecht und böse.
Sie sind traurig, dass sie die Lehrer_in\ Eltern immer so enttäuschen.
So sehr sie sich auch abmühen,nie gelingt ihnen angemessenes Verhalten wirklich, bzw. nur unter großer Anstrengung und nicht auf Dauer.

Wenn es in einer Schulklasse drunter und drüber zugeht, ist das für niemanden gut.
Am wenigsten für die kleinen „Andersweltler“ .

Wie also wird in Zeiten der Inklusion ein gutes Lernklima für alle Kinder hergestellt?

Vorsicht! Zeiträuber!

Du hast uns heute wertvolle Lernzeit gestohlen, indem du

> wiederholt den Unterricht gestört hast
> dich nicht schnell, leise und ordentlich aufgestellt hast
> nicht pünktlich in den Unterricht gekommen bist
> deine Hausaufgaben nicht vorzeigen konntest
> dich mit anderen Kindern gestritten hast
> nicht zugehört hast

Überlege dir bis morgen, wie du es wieder gut machen kannst!
Schreibe Deine Idee auf die Rückseite!

Diese netten kleinen, freundlich aufgemachten und doch vernichtenden Briefchen bekommen Erstklässler_innen hier vermehrt bereits nach 2 Schulwochen ausgehändigt.

Reicht es nicht, dass Kinder mit Anpassungsschwierigkeiten sich als unfähig empfinden, müssen sie sich nun auch noch schuldig gegenüber der Gruppe fühlen?

Bin ich vielleicht zu kleinlich und das ist gar nicht so schlimm?
Ich zeige Teenie den Zettel.
“ Oh je, dann hätte ich mich ja von Anfang an als Schwerverbrecher fühlen müssen „, sagt eine,
die in 9 Schuljahren nicht 1 mal wegen Störung des Unterrichts gemahnt wurde.

Und ich mich erst !

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