50 ways to be satisfied

Der Hamburger Flughafen war am Wochenende gesperrt. Nichts ging mehr, tausende Fluggäste mussten zwischenübernachten, warten, auf Klappbetten in einer Halle schlafen. Die Medien überschlugen sich mit Berichten über Fluggastrechte. Experten gaben ihr Wissen darüber, wie es zu dem generellen Stromausfall kommen konnte zum Besten und der Flughafenbetreiber gelobte Besserung.

Im Focus aller Berichte: ausschließlich das Schreckensszenario, was ist, wenn nicht alles 100%ig funktioniert, der Zeitplan nicht eingehalten wird, Unannehmlichkeiten entstehen und man umdisponieren muss. Dass so etwas, das nicht sein darf in unserer durchorganisierten Lebenswelt, doch passiert.
Und wir entsprechend – nämlich kaum – darauf vorbereitet sind.
Ja, die betroffenen Reisenden hatten jede Menge Stress und Reisende mit Special needs noch mehr.

Gäbe es genug Rückzugsräume im Flughafen für z.B. sehr reizempfindliche, behinderte oder alte Menschen, so wäre zumindest diesen schon einmal etwas geholfen. Es mangelt auch an geschulten Servicekräften für diesen Personenkreis um mit Unterstützung bei der Bewältigung dieser außergewöhnlichen Situation zur Seite zu stehen.

Das Beste draus machen

Kein  kritischer Blick der Berichterstattung auf unser streng durch getaktetes Leben. Auf unseren durch organisierten Alltag, der nur den Blick auf die negativen Seiten eines solchen Erlebnisses  zu erlauben scheint.

Ich stelle mir vor, wie aus anfänglichem Ärger Gelassenheit gegenüber der Situation wird. Man mit Menschen ins Gespräch kommt, mit denen man sonst nie ein Gespräch geführt hätte. Sich erst Anekdoten über andere Beförderungs-Pannen erzählt und später dann bei Politik oder einem eher persönlichen Austausch landet. Vielleicht sogar von der einen oder anderen Sorge oder besonderen Freude erzählt oder hört.
Es kann nervig sein, mit belegten Brötchen und Dosengetränken die Zeit in einer unbequemen Flughafenhalle tot zu schlagen. Stressig, mit Kind und Kegel eine spontan-Übernachtung in einer ohnehin von Touristen überfüllten Stadt zu finden.
Oder etwas besonderes im Alltags-Trott.
Für den, der es schafft, das Beste aus dieser Situation zu machen, ist es vielleicht eines seiner eindringlichsten Urlaubserlebnisse, an das er sich noch Jahre später positiv erinnern wird.
Und alle, die dienstlich unterwegs waren, werden sehen, dass ihr Unternehmen nicht an ihrer Verspätung  zugrunde gegangen ist bzw. ihre Arbeit geduldig auf sie gewartet hat.

Szenenwechsel

Du weißt aber, dass du da eine langjährige Verpflichtung eingehst, oder?
Damit bist du dann aber nicht flexibel.
Musst du dir das auch noch antun?
Und was, wenn Twen später beruflich durchstartet?

Alles Bedenken und Ermahnungen, die sich auf unseren Familienzuwachs auf 4 Beinen beziehen. Ich zucke mit den Schultern und denke: steht „blöd“ auf meiner Stirn oder was?
Nur wer uns wirklich gut kennt, findet unsere Idee, eng zusammen mit einem tierischen Freund zu leben und dafür auch Zeit, Nerven, Geduld und Geld aufzubringen, gut. Die meisten Menschen haben nur den Blick auf die möglichen Einschränkungen unserer Funktionalität und Flexibilität im Alltag. Wie armselig.

Dabei könnte der Zeitpunkt, einen Fell-Peer für Twen aufzunehmen, nicht besser sein:
Twen wird der Zugang zur Arbeitswelt hartnäckig verweigert. Gleichzeitig weigert sie sich zu Recht, das never-come-back Ticket in das Behindertenghetto anzunehmen. Nach nun 14 Jahren Zwangsnormalisierung durch Schule und diverse Maßnahmen ist sie reif für eine längere Pause, in der sie Zeit hat, sich positiv zu definieren und sich persönlich weiter zu entwickeln, ohne jeden Tag ihr vermeintliches Unvermögen vorgehalten zu bekommen.
Ich hingegen bewege mich perspektivisch hinaus aus der Arbeitswelt. Innerlich schon länger; nun versuche ich peu à peu , mich dem Treiben der Hochleistungswelt auch zeitlich und räumlich zu entziehen und Alternativen dazu zu entwickeln. Die nächsten Jahre werden eine Zeit des Übergangs für Twen und mich sein. Die eine kommt, die andere geht.

Lebensqualität hat viele Gesichter

Schon jetzt ist deutlich, wie gut diese Entscheidung war.  Auszeiten musste Twen ja schon immer notgedrungen zwischen den Maßnahmen hinnehmen. Aber die waren selten erholsam, denn am Ende der Pause lauerte meist ein noch unpassenderes Angebot der Bundesagentur für Arbeit.
Nun lauert: erst mal nichts.
Und das ist vorerst gut.

Twen, seit 2 Wochen -von einigen Tagen abgesehen- quasi alleinerziehende Welpen-Mama, kann nun endlich ihrem Spezialinteresse an Hundehaltung, -Training und Hundeverhalten auch praktisch nachgehen. Darauf hat sie über 10 Jahre gewartet. Einfach ist das nicht. Sich den ganzen Tag und auch zum Teil nachts auf ein anderes Wesen einstellen. Eines, das eigene Bedürfnisse und Regeln mitbringt und sie zwingt, ihre eigenen Routinen und Vorlieben anzupassen. Wege zu finden, damit dennoch alles klappt. Gleichzeitig gut für das Tier und für sich zu sorgen. Das ganz alleine schaffen.
Es strengt sie auf wohltuende Weise an, weil es nicht nur Energie nimmt, sondern auch spendet. Sie Bestätigung dadurch erhält, dass das kleine Wesen ihr vertraut.

Ich habe mich schon lange nicht mehr so bekräftigt gefühlt in einer Entscheidung.
Zu  lange schon habe ich ihr glückliches und zufriedenes Lächeln vermisst. War dazu verdonnert, zuzuschauen,  wie sie immer kleiner gemacht wurde. Ihr nichts zugetraut wurde. Sie sich selbst immer weniger zugetraut hat. Da immer wieder gegen zu halten wurde ( auch für mich ) immer schwerer.

Allein in den letzten Wochen, seit sie keinen Kontakt zu Sozialklempnern, Pädagogen oder Therapeuten hat, ist sie aufgeblüht. Ein anderes Wort dafür fällt mir nicht ein. Zeit für sich, kein Anpassungsdruck und der Ausblick auf den tierischen Freund haben ein kleines Wunder bewirkt. Sie ist mit so vielen Menschen positiv in Kontakt gekommen, wie nie zuvor. Erstaunlich, dass das auch auf mich ausstrahlt? Sicher nicht.

Ich bin glücklich, Twen das ermöglichen zu können.
Ihre neue Aufgabe steht im Gegensatz zu den verordneten Maßnahmen der BA,  zu diesem „besser als nichts“. An diesem Herzensprojekt wird sie wachsen (und nicht zerbrechen wie durch die Maßnahmen zuvor). Für sich selbst hat sie es geschafft, von den Vergleichen mit anderen jungen Erwachsenen ein Stück weg zu kommen. Diese machen z.B. work and Travel in Neuseeland. Sie nimmt eben eine Hunde-Erziehungszeit. Ein gutes Zeichen der Selbstakzeptanz. Endlich fragt sie sich wieder selbst, wohin ihr Lebensweg gehen soll und folgt nicht einem aufgedrängten Ziel und Erwartungen Dritter.

Mich macht es froh zu sehen, wie ihr Potenzial wieder zum Vorschein kommt.
Wer weiß, auf welche Weise sie es einmal nutzen wird. Denn dass sie das tun wird, davon bin ich überzeugt. Möge sie sich ein wenig innere Distanz zum oben beschriebenen Leistungswahn bewahren.

Ist das etwa verrückt oder unverantwortlich?

Mir egal, ich schau jetzt Welpen-TV 🙂

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

What a year!

Vor 2 Wochen ist es geschehen: ich bin nur noch einen Jahresschritt von der Senioren-Bahncard entfernt. Ich dachte immer, je älter, desto weniger ereignisreich das Leben, desto ruhiger. Für mich selbst trifft das – verglichen mit meiner Sturm -und Drangzeit – ein wenig zu. Mit meinem erwachsenen Fohlen bei Fuß (RW) werde ich aber unweigerlich immer wieder in die Stürme der Jugend hineingezogen. Und die sind nicht zu knapp für eine junge Autistin.

Jahr des Wassers

Unser Jahr begann mit einem Wasserschaden im Januar und endet mit einem weiteren am Heiligen Abend. Nervig, aber eine der kleineren Widrigkeiten.
Mann des Jahres ist unangefochten deshalb unser Klempner.

Jahr der Unbeweglichkeit

Rheumi ist wirklich eine fiese Ratte. Es hat viel Kraft gekostet, ihr ein wenig Benimm beizubringen und ich muss immer am Ball bleiben, damit sie nicht wieder über die Stränge schlägt. Immerhin ist ihre Tarnung aufgeflogen. Ein ganzes Jahr hatte sie die Ärzte verarscht, ehe sie gefunden wurde. Nun, sie bleibt, aber sie muss sich fügen. Ich kann ja nicht wegen ihr nur noch zu Hause herumsitzen.
Meine medizinische Helferin des  Jahres ist ganz klar die Pharmaindustrie. Und die Ernährungsdocs aus der Glotze, aber die erst an zweiter Stelle.

Jahr des Mutes

Nach einer sehr belastenden Zeit in einer komplett unpassenden Maßnahme der Bundesagentur für Arbeit, dem Abbruch derselben, großer Verzweiflung und Ratlosigkeit hat Twen (!) es geschafft, sich auf eine weitere Maßnahme einzulassen. Mit all den Erfahrungen, die sie leider schon machen musste, geht sie nun sehr zielgerichtet dort hinein und lässt sich nicht in die für Behinderte so gern vorgesehenen Bereiche
“ Küche, Lager, Gartenbau“ abschieben. Diese entsprechen so gar nicht ihren Interessen und Fähigkeiten. Das macht sie zur unbequemen Klientin, fordert es doch von den sogenannten Experten, dass sie von ihrer geliebten Routine abweichen müssen. Stellt, euch vor, Twen erwartet doch wirklich, dass die nicht nur behaupten, sie hätten „Autismus-Kompetenz“ ( arghhhh…wenn ich dieses Wort schon höre !) sondern fordert ein, dass die sich wirklich diesbezüglich (fort)bilden.
Da lacht das Mama-Herz.

Noch immer verfolgt sie Ziele, die sie von Amts wegen gar nicht haben dürfte: einen weiteren Schulabschluss, doch noch eine Ausbildung machen …. und in der Zwischenzeit das Lernen nicht aufhören. Wenn nicht institutionell begleitet, dann eben autodidaktisch zu Hause. Wenn´s nicht ganz allein geht: frag Mutti 😉

Noch ist unklar, ob sie diese Maßnahme fortführen wird. Mehr als ein Taschengeld bekommt sie dafür sowieso nicht.

Als junger Mensch einer als Expertin gehandelten Therapeutin zu sagen, dass sie keine Ahnung von Autismus hat, wenn sie denkt, man könne sich diesen durch Verhaltenstraining „abgewöhnen“  , ist sicher nicht einfach. Und dann die entsprechende Konsequenz zu ziehen, Adieu zu sagen, sich eine Therapeutin zu suchen , die sie in ihrem So-Sein unterstützt und die Mühsal des Neubeginns auf sich zu nehmen, auch nicht. Twen hat das gepackt.  Chapeau.

Twen, eindeutig meine Heldin des Jahres.

Jahr der Einkehr

Durch Rheumi zum Stillstand gezwungen hatte ich hinreichend Gelegenheit, mich mit Dingen auseinanderzusetzen, die im Alltags-Wirbel regelmäßig untergehen.
Meine intensiven Studien über Kriegskinder, Nachkriegskinder und Kriegsenkel, waren mehr als heilsam für meine Seele.
Rheumi war es auch, die mir klar machte, dass ich nicht für alle Zukunft wie eine Duracell durch das Leben rauschen werde und deshalb gut daran tue, Alternativen zu der jetzigen Wohn-und Lebenssituation zu suchen. Dazu muss ich erst mal wissen was ich will und was ich mir leisten kann. Die Lösung muss jedoch kompatibel mit Twen sein. Denn es ist nun einmal so: nur ein Weg, der uns beiden gerecht wird, führt zur angestrebten Entlastung.

Absolut cooler Bewegungsausgleich: die Geschichte der Philosophie, mehrbändig, hintereinander weg gelesen. Für eine Halbgebildete wie mich ein ungeheurer Luxus. Wann hatte ich dafür schon mal Zeit?

Themen des Jahres waren deshalb transgenerationale Kriegstraumata, Wohnen 60plus, Teilhabe und Selbstfürsorge.

Jahr des Engagements

Humpelnd auf die Demo oder im sportiven Business-Dress zur Fortbildung für Beschäftigte der Berufsbildungswerke – in diesem Jahr haben wir so einiges bewegt.
Neue Handlungsfelder haben sich ergeben.
Mein Dank des Jahres geht an meine Mitstreiterinnen, die sich situationsangepasst auf mein reduziertes körperliches Tempo oder mein Turbohirn eingestellt haben und so Gemeinsamkeit ermöglicht haben.

Jahr der Bürokratie

Ich erspare euch die Aufzählung aller Ämter, Behörden und Beratungsstellen, mit denen ich Kontakt hatte. Die Anzahl der Anträge, Widersprüche, Anhörungen usw. weiß ich selbst nicht mehr.
Quasi ein Zweitjob, der meinem Erstjob zum Glück fachlich entspricht. Hätte Rheumi mich nicht vor dem Erstjob bewahrt, wäre garantiert das Gefühl von “ nie Feierabend haben“ aufgekommen. So war es nur das Gefühl von „nicht krank geschrieben sein“.
Ist das gut oder schlecht?

Zur Rechtsberaterin- und Vertreterin des Jahres küre ich mich deshalb selbst.

Jahr der digitalen Technik

Bei eingeschränkter Mobilität zeigt sich erst, welche Unterstützung man von digitalen Geräten haben kann. Ich habe die Technik nicht nur vielfältig genutzt, sondern auch viel dazu gelernt.
Die bei uns nicht religiös geprägten Weihnachtstage verbrachte ich nun mit diverser Installationssoftware und neuen Programmen. Murphys Gesetz schlug leider auch wieder zu und es mussten Neuanschaffungen getätigt werden, die das Budget belasten, es mir aber wert sind.

Online-Dienste, social Media, Apps, Rechner und mobile Geräte – meine Hilfsmittel des Jahres.

Jahr der Qualität

In Krisenzeiten zeigt sich, wer Freund ist und wer nicht.
Ich habe entsprechende Konsequenzen – auch schmerzliche – gezogen.
Beziehungsmäßig habe ich „gelindnert“: lieber keine Beziehung als eine, die über meine Kraft geht, mag der Gefährte auch noch so liebenswert sein.
Einige alte Freunde habe ich verloren, ehemalige tauchten wieder auf und es bahnen sich neue Verbindungen zaghaft an. 

Viel Lob und Dank gebührt meiner  besten Freundin und ihrer Familie.
Großes Dankeschön auch an die beste und liebste  Nichte aller Zeiten.
Nicht zu vergessen der hilfsbereite Lieblingsnachbar, mit dem sich eine wechselseitige  Alltags-Katastrophen- Rettung etabliert hat.

Erkenntnis des Jahres: ich muss nicht funktionieren, um geliebt/gemocht  zu werden.

Jahr der Musik

Wenig  Konserve, dafür mehr live und das u.a. mehrmals im örtlichen Skandalpalast.
Das Cello hat pausiert, was auf Rheumi´s  Rechnung geht. Zuweilen wankelmütig, war ich mehrmals davor, mein Engagement im Chor aufzugeben. Diese ganztägigen Proben und langen Auftritte sind doch sehr strapaziös. Nun bin ich immer noch dabei und wie immer mit dem Einstudieren der Texte vor dem nächsten Konzert unter Zeitdruck.

Damit wird die Musik zum Beständigkeitsfaktor des Jahres.

Jahr der vakanten Titel

Leider nicht vergeben werden konnten:

  • Steuerberater der Jahres
  • Haushaltshilfe des Jahres
  • Sachbearbeiter des Jahres
  • Wunder des Jahres

Fuck 2017

Die Bilanz ist leider eher negativ.
Vielleicht gehen einige Saatkörner, die wir dieses Jahr gestreut haben, im kommenden Jahr auf (RW). Das wünschen wir uns. Und das Ausbleiben von kleinen und großen Katastrophen.

Das wünsche ich auch euch, liebe Leser und Leserinnen. 

An dieser Stelle ein Willkommen an alle Leser und Leserinnen, die mir dieses Jahr neu beschert hat und ein Dankeschön an alle, die mich schon lange lesend und kommentierend  begleiten. 

Kommt gut rein ins Neue Jahr, 

Eure LW

 

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Bücher, die anfassen

Aufgetaucht. Aus einem Meer von Buchstaben, nach Tagen unregelmäßigen Essens, viel Kaffee, vernachlässigtem Pflichtenheft, tiefem und kurzem Schlaf…diese Art Bücher, die mich nicht los lassen, selten sind sie.

Flucht-und Orientierungspunkte

In meiner Kindheit waren es Karl May-Bücher, mit denen ich mich aus meiner lebhaften Großfamilie beamte. Das war mit dem Geist einfacher als körperlich, da blieb oft nur die Flucht aufs Stille Örtchen …. Licht unter der Bettdecke, das Treppenhaus.

Es folgten Jack London, Mark Twain, Tolkien, Borchert, Hesse, unzählige
( Auto) -Biografien  widerständiger Menschen – von Emma Goldmann über Max Höltz zu Mandela. Alles über den Holocaust. Alice Schwarzer, Christa Wolff, Irmtraud Morgner. B.Brecht.

Dann eine lange Pause. Viele nette Bücher, ja. Selten fesselnd.

Mit Teenie dann entdeckt Lindgren, Funcke, Steinhöfel. Das waren die Bücher, die ich gern als Kind selbst gelesen hätte, die mich aber auch als Erwachsene noch angesprochen haben.

Nachgespürt

Und jetzt bin ich über Sabine Bode gestolpert. Mit den Worten „lies mal, ist ganz interessant“ bekam ich das Buch in die Hand gedrückt und dachte noch…na ja, mach ich mal.

Ich bin mit Kriegsgeschichten aufgewachsen. Meine Oma hatte beide Weltkriege erlebt und war die einzige der Familie, die von den Schreckenszeiten, der Angst und dem Verloren-sein erzählte.

Meine Eltern, Ende der 20ger Jahre geboren, schauten nach vorn. Wir Kinder fragten nicht.

Ich las tagelang über Dinge, die ich doch schon längst wusste. Und auch wieder nicht. Denn bei all meiner Auseinandersetzung mit dem 2. Weltkrieg habe ich mich dem Thema immer nur rational genähert, Fakten gecheckt, versucht zu verstehen, warum so viele Menschen so brutal werden konnten. Das System der Vernichtung zu begreifen. Und aktiv dazu beizutragen, dass so etwas nicht noch einmal geschieht.

Aha!

Das Lesen der vielen Interviews der Kriegskinder, Nachkriegskinder und Kriegsenkel hat mich so gebannt wie schon lange nichts mehr. Bekannte Muster meiner eigenen Biografie.

Ich hab ja gut funktioniert: Ausbildung, Job, ein Kind begleiten, die Welt retten.

Aber getrauert über die durch Kriegserlebnisse verschüttete Gefühlswelt in unserer Familie und in unserer Gesellschaft, hab ich nie. Auch nicht gesehen, in welchem Ausmaß ich eine Schuld übernommen habe, die nicht die meine ist.

Ist wohl an der Zeit, da mal genauer hinzuschauen und sich zu trauen, traurig zu sein.

Diese Bücher sind  mehr als aufschlussreich und erleichtern, bei allen Schilderungen der persönlichen Schicksale dennoch die gesellschaftliche Einordnung eines tabuisierten Massen- Phänomens.

 

Sabine Bode: Die vergessene Generation ( 2004 ), Nachkriegskinder ( 2011) , Kriegsenkel (2009)

vergesssene Generation     Kriegskinder ( Jg. 1930-1945) brechen ihr Schweigen

Nachkriegskinder    Nachkriegskinder sind in etwa die Jahrgänge bis 1960 – in West und    Ost.  Ihre Eltern waren keine Kriegskinder, sondern haben als Erwachsene den Krieg erlebt.

Kriegsenkel   Kriegsenkel sind Menschen der Generation, die in Deutschland etwa zwischen 1960 und 1975 geboren wurden.

 

Where is my mind?

Individuelle Entschleunigung in Zeiten vielfältiger, rasanter Veränderungen der privaten und beruflichen Lebensumstände  ist für mich die Quadratur des Kreises. Viel zu verlockend, all die neuen Dinge auszuprobieren, mehrgleisig zu  fahren, alles gut hinzubekommen.
Dieses sich innerlich nicht bremsen können, kann das nicht mal aufhören…in meinem Alter? Ich gebe das ja nicht gerne zu, aber mittlerweile finde ich das nicht mehr nur cool, auf 100 Hochzeiten gleichzeitig zu tanzen.

Und dann gibt es da diese kleine Alarmlampe…die schon zaghaft blinkt.

Das war vor Monaten, als ich das schrieb.
Mittlerweile bin ich ausgebremst. Jawohl. Vorübergehend unbeweglich. Eine Couch-Deko.
Ein kleiner Vorgeschmack auf das, was erst in 20 Jahren auf die Agenda gehört (dachte ich mir so).

Mach mal halblang

Das ist nicht gerade einfach für eine ausgewiesene Zappeline. Viele  neurologisch wie ich gestrickten Menschen sind es gewohnt, mit möglichst wenig (Zeit)Aufwand ein gutes Ergebnis zu bekommen. Meist in mehreren  Bereichen gleichzeitig. Was durch flüchtige Betrachtung übersehen wurde, wird halt, weil das Ergebnis noch nicht optimal ist, nachgebessert. Wozu auch meist genug Zeit ist. Darin liegt eine unserer Stärken. Dank Hyperfokus trotz Zerstreutheit immer fix.

Fix und fertig?

Das kann man so zwar nicht sagen, aber ich merke, dass es in diesem Tempo nicht weiter gehen kann. Ist ja auch unvernünftig. Hab ich brav bei Achtsamkeitsübungen und ähnlichem gelernt. An Einsicht mangelt es ebenfalls nicht.

So  könnte ich diese Einheit von körperlicher Unbeweglichkeit und langsamen Vorankommen z.B. in der Inklusionsfrage meinen Teenie betreffend doch mal genießen. Warum schnell heute noch an die Bundesagentur einen Antrag senden, wenn er doch sowieso erst Wochen/Monate später beschieden wird.
Oder sofort vom Hausarzt meine Überweisung für den Internisten holen, wenn ich dort dann in 2-3 Monaten vorstellig werden kann?

Wichtig und Unwichtig

Weil mir diese Dinge wichtig sind. Wichtige Dinge bearbeitet  mein Gehirn sofort und schnell und wird richtig sauer auf alles, was nicht mitzieht, auch auf meinen Körper, wenn der streikt.
Für mich weniger Wichtiges, wie z.B. Haushalt, Steuererklärung oder 0815-Weihnachtskarten schreiben treibt mein Gehirn hingegen in komatöse Zustände. Einsicht hin oder her. Natürlich habe ich längst versucht, meine Mobilitätseinschränkung sinnvoll für liegengebliebene langweilige haushaltsnahe Pflichtübungen zu nutzen. Frei nach dem Motto: ein wenig aufräumen ist auch Bewegung. Nur: es stellt sich noch nicht einmal ansatzweise ein befriedigendes Gefühl ein. Wenn schon putzen, dann schwungvoll.

 

defekter-schrubber
..das mit der Kraftdosierung klappt leider nicht immer

 

Meditativ ist nicht mein Ding.
Außerdem habe ich den Verdacht, dass mir dieses Gen, das macht, dass nach getaner Arbeit beim Anblick einer aufgeräumten Bude Endorphine ausgeschüttet werden, fehlt…ich habe eher so ein Gen, das die Vorstellung des „übermorgen sieht es wieder so aus wie gestern“ aktiviert. Haushalt ist etwas, das nie erledigt ist. Keine Chance, einen Haken dran zu machen.

Neues Konzept

Für den Wirbelwind in mir muss ein neues Konzept her. Wie machen das andere ADHSler, das älter werden? Literatur dazu gibt es wenig. War man doch bis vor kurzem davon ausgegangen, dass es keine erwachsenen ADHSler gibt. Alte schon gar nicht.
Was tun, wenn Kompensation über Bewegung weg fällt? Wenn Bewegung und Tempo nur noch innerlich wie gewohnt vorhanden sind? Was gegen den Bewegungsstau tun?
Mir schwirrt schon der Kopf.
Ein Plan muss her!

Ganz profan ?

Oder alles ist ganz simpel. Nach einem – nicht nur freiwilligem-turbulenten Leben ist das nur die Quittung für die Action. Dafür muss man keine neurologische Sonderformatierung haben. Die verschärft das nur noch.
Wer gesteht sich gern ein: Stopp, ich kann so nicht mehr?

Für niemanden ist es schön zu denken oder zu sagen: geliebter Mensch, ich kann dir nicht mehr ( so viel ) helfen. Ich brauche nun selbst Unterstützung. Ich brauche Zeit, Raum  und Menschen, die jetzt für mich da sind. Weil es alleine nicht mehr geht.
Superwoman  war gestern.

Outsourcing

 Kann ein Weg sein. Ansonsten bin ich davon ja keine Freundin.
Wenn aber die Energie und Beweglichkeit weniger wird, ich also nicht mehr von A nach B nach C eilen kann, sondern dafür mehr Zeit brauche, dann muss ich mich entlasten. Worauf verzichten? Auf Arbeit, anregende Veranstaltungen und Treffen, auf politisches/soziales Engagement, Musik, Kultur? Das würde nicht gut gehen.
Vielleicht aber reduzieren, besser auswählen, der Mobilität anpassen.
Auf die Suche werde ich mich begeben.
Nach verlässlicher Entlastung bei alltäglichen Dingen.

Do-it-yourself

DIY ist ja ganz groß in Mode.
Ich hör jetzt auf damit.

Falls mir einfällt, wo der off-button ist.
Und ich mir traue, ihn zu drücken.

Originals

Alte neue Klänge in unserem Hause.
Überdrüssig  der gecasteten Sänger-innen und Bands hat Teenie die Stars der 70ger und 80ger entdeckt. Michael Jackson, Abba, Lionel Richie….hat sie schon immer gern – und intensiv – gehört. Jetzt sind die Rockgruppen dran, Soul, R&B…. und immer wieder kann ich  zum Plattenregal gehen und eine meiner mit Kratzspuren versehenen Scheibe auflegen.

Dabei stehe ich gar nicht so auf Oldies. Aber irgendwie hat sie schon recht….alles nicht so perfekt ausgesteuert, viel mehr Individualität der Stimmen.

Dieses musikalische Revival hat dazu geführt, dass ich auch über neue Alben alter Barden gestolpert bin.

Allen voran: „You Want It Darker“, Leonhard Cohen.
Was für ein Album !
Endlosschleife….
Udo Lindenberg: ganz andere Richtung. Von vielen belächelt. Und doch unverkennbar in Text und Ton.
Bob Dylan, wie meist nicht so gefällig. Auch was sein Verhalten nach der Nobelpreis-Ehrung angeht.

Keine musikalischen Eintagsfliegen eben.
Wie schön, dass auch Teenie das raus hört. Wobei sie natürlich die jugendliche Version der Altmeister bevorzugt. Verabschiedungstexte sind ihre Sache naturgemäß noch nicht.

Wer selbst mal in der alten Musik schwelgen will, dem sei der Sender Delux Music empfohlen, im TV auch mit coolen  (mir meist unbekannten) Video -Clips von damals präsent. Passt prima in lange Novembertage.

 

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Purer Luxus

Mühselig.

Damit ist eigentlich schon alles gesagt, vor allem auch, warum es im Moment so wenige Beiträge von mir hier gibt.

Schwellenmonate,so könnte man es auch nennen. Eine Veränderung jagt die nächste und sind mit Anstrengung  und Vorfreude verbunden, was widerum Anstrengung bedeutet.

Im Land der Bürokratie gibt es viel zu regeln, auszufüllen, zu begutachten, telefonieren, vorzustellen- das kostest alles Zeit. Kleine Siege gegen große Ämter  haben dazu geführt, dass die Aktenlage uns Unterstützung beschert, aber selbstverständlich nur auf Antrag.

Stärken in Großaufnahme

Mein Ableger hat sich nach 3 Jahren wieder einmal ein ganz privates  Zeugnis, eher eine Urkunde für Lebensbewältigung,  gewünscht. Das gab es früher immer zu den Schuljahreszeugnissen dazu. Der Gedanke dahinter wird hier erklärt.
Bei drei Jahren kommt da Einiges zusammen. Ich kann nur wieder einmal feststellen: diese investierte Zeit lohnt sich auch für uns Eltern, die wir mit den besonderen Herausforderungen in der Begleitung unserer Kids klarkommen müssen. Während man da so sitzt und siniert, was alles war, was alles geschafft wurde, kommt man nicht umhin, auch die Schattenseiten, die schließlich Anlass zu diesen besonderen Anstrengungen waren, noch einmal vor Augen zu haben. Auch den damit verbundenen Schmerz.
Und dann muss man es sich verkneifen, nach dem Lob noch die Dinge zu nennen, an denen noch gearbeitet werden muss/soll. Das machen ja Lehrer immer gerne…nein, bei dieser  Urkunde geht es nur um das, was geschafft wurde.
Das Fazit: es gibt fast keinen Lebensbereich, der von der Neurodiversität nicht berührt wird- oft aber auch positiv.
Am Ende bleiben Stolz und die Hoffnung, dass auch weiterhin schwierige Lebensituationen gut bewältigt werden. (Die Sorge, die sich penetrant auch dazu mogelt, wird einfach mal beiseite geschoben…).
Diese aufgeschrieben Erfolgsbilanzen sind immer wieder eine Stütze für meinen Teenie , wenn es mal nicht so rund läuft. Und nun, am Vortag eines neuen Lebensabschnittes, soll sie  helfen, Anlauf zu nehmen.

Aus Kindern werden Erwachsene, aus Eltern Alte

Noch eine Schwelle. Die Einen auf dem Sprung, die Anderen im Landeanflug.
Hört sich dramatisch an, aber warum eigentlich?
Liegt es  vielleicht daran, dass ich mindestens noch so viele Pläne in meinem Kopf habe, wie Teenie, aber weder Zeit noch Kraft für die Umsetzung ? Da muss sich so ein Gehirn, das immer 1000 Ideen , Projekte usw. gleichzeitig ausbrütet, erst mal mit abfinden. Das tut es natürlich nicht und deshalb hilft der Körper  beim Begreifen etwas nach.
Aber noch werde ich die Kategorie „Beste Jahre“ nicht in „Letzte Jahre “ umbenennen…
Ich setze doch sehr auf die ADHS-typische Entwicklungsverzögerung .

Mutter allein zu Haus

Und dann ist da so ein Wochenende. Die Wohnung ganz für mich allein, was äußerst selten vorkommt. Erst der Anspruch, diese Zeit sinnvoll zu nutzen, mal was für mich zu machen. Dann die Erkenntnis: ich muss gar nichts.
Strassenmusik

Bummeln, Straßenmusik: der jungen Mann ist ungefähr so alt wie mein Teenie, stand schon mit ca. 10 Jahren am Wochenende mit seinem Dad da und hat Geige gespielt. Nun ist auch er erwachsen und spielt richtig gut. Ich setze mich und höre zu. Es gefällt mir, dass auch diese beiden einen gemeinsamen Weg zu gehen scheinen. Wenn auch klar erkennbar ist: der Sohn gibt mittlerweile den Ton an, Papa begleitet.

 

 

Wieder zu Hause. Nutzloses sich treiben lassen.
Keiner will was von mir. Ich rede nur mit Menschen, die ich anrufe. Lesen. Ein Nickerchen. Einem mittlerweile renomierten Schauspieler in einem seiner ersten Filme anschauen, der Film hohl, er jung und hübsch.
Nachdenken. Ein bisschen traurig sein, noch ein Nickerchen, lesen,  im Netz daddeln und dann die Küche aufräumen.
Passt.

 

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Märchenstunde

Wisst ihr noch, wie das als Kind war, wenn ihr auf Entdeckungstour  ward?

Da gespielt habt, wo es ausdrücklich  verboten war?

In meiner Auszeit bin ich zufällig an so einen Ort gestolpert: ein stillgelegtes Sudwerk lud zum Verweilen im Hof ein.

Erst genoss ich eine Weile die an 3 Haselnüsse für Aschenbrödel erinnernde Kulisse, brav den Hof besichtigend. Eine riesengroße Linde in der Mitte. Ein Brunnen. Aber dann: die eine Tür da, halb offen. Dahinter eine Werkshalle, unbekannte alte Maschinen, die wohl zum Teil noch manuell bedient wurden. Leere Kanister, einiges Gerät, eine Öllampe und eine Tafel mit den letzten Aufträgen standen da herum.

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Auch die anderen Hallen mehr als verlockend. Durch die milchigen Fenster konnte ich ab und an einen Blick erhaschen in verstaubte Werkräume, die von einer anderen Zeit erzählten.

Das Beste aber war ein Schuppen, nur leicht mit Brettern zugenagelt. Kein Schloss weit und breit. Dafür zwei Bretter, die einen recht ordentlichen Abstand ließen, gerade genug, um mich hindurch zu zwängen. Klar, dass die ganze Bude einsturz-gefährdet war … aber zählt das in einem solchen Moment?

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Ich also rein und auch mein Begleiter, nicht ganz so schmal, hatte Glück und eine Latte wollte ein wenig Pause vom Zuhalten haben und löste sich mit nur sanftem Zug von den Streben.

Spinnweben, das unsichere Dach, rostige Nägel und allerlei anderes Bedrohliches waren schnell vergessen und wir bestaunten unseren Fund.

Fliesen, diverse Holz-und Emaille-Wannen, Werkzeug …. und Fasssadenornamente im Jugendstil.

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Selbstverständlich war auch ein weißes Pferd da. Ich meine, wenn man schon mal in einen Märchenfilm gebeamt wird, dann muss auch alles passen, oder?

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Ein kleines Erinnerungsstück in Form des großen, rostigen Nagels welcher raus musste um den Zugang zu ermöglichen, liegt nun vor mir und lädt mich dazu ein, öfter mal auf Zeitreise zu gehen. Tut nämlich saugut.

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Gelungen !

Erinnern.

An die Geburt eines kleinen Menschen.
Immer wieder, nicht nur, wenn er ganz neu ist.
An diesem Tag wird Freude wiederbelebt und bezeugt, dass sie noch immer da ist.
Wir machen uns gerne Stress deswegen.
Originelle Geschenke, tolle Partys, unvergesslich sollen sie sein.
Besonders bei den symbolträchtigen Jahreszahlen.
Gebannt auf Video und Foto, danach eingesperrt in Alben und DVD-Schubern.

Was habe ich eigentlich gemacht, als ich 18 wurde?
In erster Linie 10 Kreuze. Endlich das Recht, für mich selbst zu sorgen.
Ende der Erziehungzeit.
Der Beginn, meines Lebensweges.
Gut fühlte sich das an. Nach Aufbruch.
Ob es eine Party gab, weiß ich gar nicht mehr, vemutlich.
Wichtig war sie nicht.
Materielles ist mir nicht in Erinnerung…..auch nicht der Mangel desselben.

Welches Gefühl wird mich jetzt erwarten?
Wieder ein Ende der Erziehungszeit.
Unterbrechung meiner Auszeit um Teenie in die Erwachsenenwelt zu entlassen.
Nicht ganz ungeübt, denn 9 Wochen kommt sie nun schon allein klar.
Auf sich gestellt mit ein paar Helferlein, wenn’s brennt.
Aufbruch für sie, Aufbruch für mich. Und doch so unterschiedlich.

Wird sie ihren Weg allein gehen müssen, wie so oft?
Kann und darf ich ihr zur Seite stehen?
Ich bin mächtig stolz auf sie. Was hat sie alles geschafft!
Der Preis?
Wir haben beide Federn gelassen.
Das dünne Federkleid zwingt zu häufiger Rast.
Ihres wird weiter/nach -wachsen, da bin ich zuversichtlich.

So ein Stichtag lädt zum Sinnieren ein.
Genug damit.

Nun wird gefeiert !

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Aus Zeit

Bislang habe ich es noch gar nicht so gemerkt, dass eine Auszeit aus Zeit besteht. Diverse Bürokratie, Termine usw. ließen eher das Gefühl eines privat-Jobs aufkommen. Aber nun. Jetzt geht es los.

Teenie macht es mir schon seit Tagen vor.  Geplagt von der Hitze macht sie genau : nichts.

Irgendwie kann ich das nicht, was mich zu der Bemerkung verleitete, dass mir die Hitze nicht sooooo sehr zusetze. Damit wollte ich natürlich sagen : beweg deinen Hintern, räum mal deinen Kram weg, stell dich nicht so an und troll dich von meinem Sofa. Aber das mit den Anspielungen ist ja nicht so ihr Ding und so bekam ich lediglich die nicht gerade schmeichelhafte Antwort : du hast eben keine innere Wärme.  Vermutlich ohne Hintergedanken und wörtlich gemeint, denn während sie schon im Sonnentop rumläuft, ziehe ich noch immer 2 Schichten an, wenn ich raus gehe.

Alltagsprojekte

Ich könnte also meine innere Wärme suchen gehen. Ich kann mich erinnern, dass die in meinem prä- Muttertier- Leben sicht-und spürbarer war. Ich liebe es, Prozesse in Abschnitten , hier wohl eher Phasen, zu denken.

Phase 1: der Aufprall

Da bin ich in den letzten Wochen durch.

Phase 2: wat nu?

Erst mal rumlungern, verwildern, soweit meine familiären Verpflichtungen es zulassen. Langeweile aushalten.

Phase 3: Dinge tun, die mir Freude machen.

Aufräumen? Gehört eher nicht dazu, wär aber trotzdem ’ne gute Idee. Cello spielen, unbedingt. Die dicken Hitzefinger der letzten Tage sind ja wieder weg. Bluesharp, singen. Rad fahren. Lesen, vllt. auch mal wieder einen Roman. Laut Musik hören, und zwar fiese Teenie provo Stücke. Fotografieren. Balkonien genießen.

Phase 4:  ich bin ganz bei mir, relaxt, gut gelaunt und das Leben ist schön.

Noch Fragen?

PS: wie überhört man die Schreie der unerledigten Steuererklärung und des nach Wartung lechzenden Rechners?

Alles Psycho oder was?

Ganz ehrlich Leute. Ich habe nix. Keine Depri, kein Burn out oder so. Bloß drei geliebte Menschen im letzten Jahr verloren. Und keine Zeit für Trauer. Nur ein Kind, für das es keinen Platz in dieser Welt zu geben scheint.  Und die Aufgabe, ihm immer wieder Mut zu machen. Eine im Prinzip erfüllende Arbeit, leider überschattet von einer destruktiven Führungskraft. Und den Wunsch, weiterhin meine Fähigkeiten einzubringen und zu entwickeln.

Eine Kindheit, in der ich gelernt habe, für andere da zu sein.  Gespickt von gelegentlichen Befreiungsaktionen für mich selbst. Karriere gegen Beliebtheit und Harmonie. Ich habe nicht gelernt, nur auf mich zu schauen. Noch nicht einmal nur auf unsere Familie. 
Meine engste Bezugsperson hat 2 Weltkriege überlebt und auch persönlich einiges zu erdulden gehabt. Wie oft hat sie mir als Kind von den Schrecken dieser Zeit erzählt? Wie oft vor gedankenloser Gefolgschaft gewarnt? Meine Familie lebte wie Hippies in Spießerklamotten.  Der Mann keine feste Arbeit trotz Hochkonjunktur, die Frau in Jeans, als Frauen in Hosen noch angestarrt wurden und am Steuer, als das noch teuer war. Berufstätig, klar. 

Mein Blick wurde früh auf das Verhãltnis von innnen und außen gelenkt : wessen Maßstäbe will ich bedienen? Kommt es auf die Meinung der Nachbarn an? Wenn alle etwas gut finden, muss es dann auch gut sein?  Später dann Frauenbewegung – das Private ist politsch. Eine Betrachtungsweise, mit der man heute wie ein Dinosaurier wirkt. Gesellschaftspolitisches Engagement – immer.

Falsche Hilfen

Keiner merkt es, aber ich könnte Unterstützung gebrauchen. 

Ganz banal: Bei dem ganzen Alltagskram wie Haushalt und Bürokratie. Für Teenie etwas mit Sinn, Verstand und Perspektive. Emotional.

Alles kostengünstig im Vergleich zu dem, was wir kriegen können: Teenie eine von der BA finanzierte Ausbildung, die sie nicht machen will. Ich eine von der KK finanzierte Auszeit mit Maßnahmen, die ich nicht brauche und die langfristig nichts verändern.  

Ich nehm‘ die Auszeit trotzdem – in der Hoffnung, doch was für mich dabei zu gewinnen und Zeit für den Kuddelmuddel mit der Bundesanstalt für (Zwangs)arbeit in Sachen Teenie zu haben. Für den sich anbahnenden Rechtsstreit. Als break in einer absurden Arbeitssituation. Und Zeit zu überlegen, wohin ich die Weichen für die nächsten Jahre stellen soll. Dennoch, das Gefühl von vergeudeter Zeit und verschwendetem Geld bleibt.  

Und die Frage: warum in aller Welt haben die Leute in Psychoberufen so lächel-säusel-flüster-Stimmen????

Arghhhhhhh!

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