Verzettle dich nicht!
Der mir wohl meist gegebene Rat von Eltern, Lehrern, Kollegen und Freunden.
Dabei haben die Ratgeber meist keine Ahnung, dass Mehrgleisigkeit meine Art ist, auf der Spur zu bleiben.
Hört sich wirr an?
Mittlerweile weiß so gut wie jeder, dass es unterschiedliche Lerntypen gibt.
Dabei wird auf die Art der Aufnahme des neuen Lernstoffes abgestellt: visuell, auditiv, kommunikativ und haptisch-motorisch.
Dieses Konstrukt ist nicht unumstritten und sicherlich hat jeder seine Vorliebe für die eine oder andere Lernart.
Was aber, wenn es beim Erwerb einer Fertigkeit/Fähigkeit eher darauf ankommt, dass verschiedene Sinne in unterschiedlicher Weise aktiviert werden?
Ich mach es mal am Beispiel Musik fest:
Musik machen macht mir Spass. Hören auch.
Mich auf nur ein Instrument festzulegen, finde ich ermüdend, anstrengend und es entspricht nicht meinem Ziel: eine bestimmte Art Musik praktizieren zu können, in verschiedenen Facetten.
Ich erinnere einen Musik-Abi-Kurs, in dem es um politische Lieder ging. Nie habe ich besser ( und schneller) Geschichte gelernt als in diesem Kurs.
Selbstverständlich haben wir Texte verfasst, diese vertont und gemeinsam gespielt/ gesungen.
Nein, Meister der Poesie oder eines Instrumentes wurden wir so nicht.
Aber es hat mich gelehrt, mich nicht gegen meine Lernlust auf verschiedene Zugänge aufzubäumen.
Ich gehe gerne mehrere Wege gleichzeitig.
Das macht aus mir keinen Virtuosen auf irgend einem Instrument.
Aber ich weiß, wie sich Blues, Pop oder Klassik stimmlich und instrumentell anfühlen, je nachdem, wie und womit ich mich dem Stück nähere.
Zwei unterschiedliche Chöre, Cello, Gitarre, Blues-Harp – für mich eine runde Sache.
So verschaffe ich mir verschieden Perspektiven.
Ab und an Musiktheorie.
Oder Bücher wie z.B. Der einarmige Pianist von Oliver Sacks, in dem anschaulich erklärt wird, was in unserem Gehirn so abgeht, wenn wir musizieren, Musik hören oder uns einfach nur vorstellen.
Etwas aufwendig, das gebe ich zu.
Leider nicht zu ändern. Ich muss mir nur meine jungen Cello-Lehrerinnen anschauen: die scheinen in einem Kammerorchester aufgewachsen zu sein….abgeschieden von der musikalischen Außenwelt.
Oder nimm Gitarreunterricht bei einem Bluesspieler : nicht selten kann er das richtig gut, aber frag mal, ob er dir bei dem einen kleinen Menuett von Bach mal einen Tip geben kann.
Um nicht falsch verstanden zu werden: ich finde es richtig toll, wenn jemand sein Instrument ( oder eine andere Sache) richtig gut beherrscht.
ADHSler z.B. sollen General-Diletanten sein … ja, das mag stimmen.
Aber das muss nicht unbedingt etwas Negatives sein.
Vielseitigkeit und assoziatives Denken topt in vielen Lebenssituationen
„Fachidiotie“.
Selbst wenn man kein ‚As‘ auf nur einem Fachgebiet ist, kann man sehr wohl führend darin sein, Zusammenhänge zu erkennen, knifflige Situationen zu bewältigen oder kreativ an Aufgaben heran zu gehen.
Wär schön, Lehrer und Chefs würden das mal kapieren. Viel Energie, die jetzt in Schule und am Arbeitsplatz für Frust drauf geht, könnte positiv genutzt werden.
Letztlich hat mir z.B. mein verzettelter Lebenslauf durchaus Erfolge gebracht, die eher zielorientierten, auf eine Sache fokussierten Menschen zugeschrieben werden. Da bin ich bestimmt nicht die Einzige.
Mein neuer Chor tritt in Schwarz auf.
Der nächste Auftritt ist in 6 Wochen.
Ich kann genau 1 Lied.
Meine Gedanken jedoch kreisen um mein Outfit.
Wo kriege ich ein schönes kleines Schwarzes her, in dem ich nicht albern aussehe, gut atmen kann, das sich gut tragen lässt und bezahlbar ist?
Was das Erlernen des Repertoires angeht, verlasse ich mich auf mein gutes musikalisches Fundament. Ist ja noch lange hin.
Und wenn’s sein muss, lege ich ’ne Nachtschicht ein, damit auch die Texte stimmen.
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Der Typ auf dem Bild erinnert mich an Johnny Depp in Benny & Joon. Übrigens ein wunderbarer Film, den ich sehr empfehlen kann. Er handelt von Menschen, die besonders sind. Und deren Besonderheiten bereichern.
Ja,der Film ist besonders…genau wie der Musiker auf dem Foto. Strassenmusik, bei der man einfach stehen bleiben musste!
Oh ja auch ohne ADHS kann ich nur lernen wenn ich mindestens zwei Sinneskanäle kombiniere. Und manchmal höre ich drei Musikstücke aufeinmal. Das verwirrt Leute.
Na klar, das ist für jeden eine viel intensiveres Lernen.
Bei ADHSlern hat es aber auch was mit dem Unvermögen zu tun, bei nur EINER Sache bleiben zu können, es sei denn, sie sind im sogen. Hyperfokus.
3 Musikstücke auf 1 Mal, das würde mich kirre machen 🙂