Unser kleiner Weihnachtsmarkt im Stadtteil ist wie immer.
Wenn man nicht gerade richtig einkaufen muss, ist es nett darüber zu bummeln. Der Marzipanstand auf der linken Seite, das Kinderkarussell am Eingang, die Würstchenbude in der Mitte, Gebäck, Mützen, Kerzen und Schmuck drum herum.
Der Maronimann fehlt.
Stimmt. Mir war es nicht aufgefallen, aber meinem Teenie entgeht so eine Veränderung nicht.
Tagelang immer wieder Thema. Ist es ihm zu viel und zu kalt in seinem Alter? Ist er gestorben?
Oder hat er einfach genug davon?
Wir machen unsere Maroni meistens zu Hause…aber es ist nicht richtig, dass er weg ist. Er gehört da hin. Mit seinem kleinen Ofen.
In diesem Jahr werden keine Weihnachtsbäume vor unserem Haus verkauft.
Wo sich sonst die Bäume an den Zaun eines Geheges lehnten, stehen nun Autos.
Als wäre nichts.
Kein kleiner Schnack mit dem netten Verkäufer.
Der dick eingemummelt in seiner alten Jacke und Mütze Tag für Tag dort ausharrte.
Kein „die Lütte ist aber groß geworden“ als wir uns noch nicht so lange kannten, kein
“ willst du den Kakao mit Schuss?“ wie in den letzten Jahren.
Wenn nicht so viel los war, kamen wir immer ins Gespräch. Ich wusste von seinen Kindern, auf die er stolz war, seiner verkrachten Ehe, auf die er weniger angetan zurück blickte.
Ihm war bekannt, was ich arbeite und mein Ableger erzählte in entsprechendem Alter auch gern mal etwas ganz Privates.
Das schönste aber war mein Geburtstagsbaum. Da ich fast ein Christkind bin, erlaube ich mir seit Jahren diesen besonderen Schmuck zu meinem Fest.
Er hat mir immer einen richtig schönen ausgesucht, den Stamm für meinen altmodischen Baumständer zurecht gehackt und darin befestigt.
Dann ein Geburtstags-Prost.
Nun ist er nicht da und die Bäume auch nicht.
Als hätte mein heimischer Teenie es gewusst, wollte sie in diesem Jahr eh‘ keinen Baum.
Wo anders kaufe ich keinen, never.
Vielleicht hat er in diesem Jahr keinen Tannenbaum-Verkaufs-Urlaub von seiner IT-Klitsche bekommen, in der er sonst arbeitet.
Oder er ist los zu seinem Traumurlaub: Jamaika…dafür hatte er sich extra den Rasta wachsen lassen, obwohl es etwas Ärger im Job deshalb gegeben hatte.
Meinem Teenie habe ich heute eine gute Botschaft vekünden können:
Der Maronimann lebt.
Ich habe ihn beim Einkaufen gesehen.
Was für ein Glück.
Vielleicht treffe ich ja auch den Weihnachtsbaum-Dealer-IT-Spezi mal wieder in der U-Bahn. Hatte ich vor Jahren im Sommer schon mal, wir fuhren beide zur Arbeit. Es erstaunte und beschämte mich, wie sehr mein Blick vom Bild des eingemummelten, vermeintlich schlichten Tannenbaumverkäufers geprägt war.
Ich hatte doch wirklich lange gebraucht, bis ich geschnallt hatte, dass dies der selbe Mensch war.
Wär zu schön, wenn er mir von Jamaika erzählen könnte.
Mit wem nimmst DU dir heute Zeit für einen Plausch?
Ich freue mich über Feedback. Um einen Kommentar zu schreiben, muss man nicht registriert sein.
Ein Gedanke zu “Unperfekt entspannt durch den Advent 7”