Wer ein schwer krankes oder ein zu früh geborenes Kind hat, kann ein Lied davon singen.
Und braucht keinen Ärzte- Kongress, um zu wissen, dass die Medizin wirklich viel leistet, um die Kids zu retten ( manchmal schon sehr Grenzwertiges, in meinen Augen) ….aber wenn das Kind dann „übern Berg“ ist, steht man allein da und darf sich in Selbsthilfegruppen tummeln, um gemeinsam die Wunden zu lecken.
Die Narben behandelt nämlich keiner. Eltern dürfen sich schlau lesen, und auf Erzieher und Lehrer hoffen, denen nicht alles egal ist und die noch motiviert genug sind, um sich auf das Kind ein zu lassen. Inklusion steht noch ganz am Anfang und ist doch gerade für diese Kinder, oft mit nicht sichtbaren „Behinderungen“ , so bitter nötig.
Deshalb ist es gut, dass die Kinderärzte mit einen Kongress u.a. diese Problematik in das Licht der Öffentlichkeit brachten:
Auf die Überlebenden sei man noch nicht gut genug vorbereitet, sagte Anika Resch vom Uniklinikum Hamburg: „Wir stellen immer mehr fest, dass die Nachsorge ein schwarzes Loch in unserer Gesellschaft ist.“ Die Diplom-Psychologin untersuchte die kognitiven Defizite von Kindern nach einer Hirntumorerkrankung. 66 Kliniken aus ganz Deutschland stellten dafür Daten zur Verfügung. Die Kinder, die im Alter von vier Jahren oder älter erkrankten, wurden zwei und fünf Jahre nach der Diagnose nachuntersucht, mit einem Test kognitiver Fähigkeiten und einem Elterninterview. „Die Kinder sehen vom Augenschein her nach der Therapie wieder völlig gesund aus und werden deshalb von den Lehrern genauso wie Gleichaltrige behandelt“, sagte Resch. „Im Vergleich zu Altersgenossen haben sie aber deutliche Defizite.“
Nicht ganz nachvollziehbar finde ich die Sache mit dem IQ : wenn ein Frühchen entwicklungsverzögert ist, warum vergleicht man es dann beim IQ-Test mit Gleichaltrigen?
Das muss doch ein schiefes Bild geben, denn diese Kinder brauchen oft nur viel mehr Zeit für ihre Entwicklung.
Die sie aber nicht bekommen. Und so kämpfen diese starken Kids nach ihrem schweren Lebensstart auch weiterhin in Kita, Schule und Ausbildung gegen permanente Überforderung, die dann oft in die im Artikel aufgezählten Auffälligkeiten münden können:
“Sehr früh geborene Kinder haben vor allem Schwierigkeiten mit Aufgaben, für die sie Informationen simultan verarbeiten müssen, etwa beim Legen von Puzzles“, sagte Dieter Wolke, Entwicklungspsychologe an der britischen University of Warwick. „Dementsprechend haben betroffene Kinder vor allem im mathematischen Bereich, wo simultane Verarbeitung wichtig ist, eine klare Teilleistungsstörung, beim Lesen und Schreiben zeigen sie aber lediglich Schwierigkeiten, die dem Level ihres oft unterdurchschnittlichen IQ entsprechen.“ Wolke war Mitautor der Studien Epicure I und II in Großbritannien, für die Kinder mehrfach nachuntersucht wurden, die vor Vollendung der 26. Woche geboren waren, und der bayrischen Entwicklungsstudie, in der Frühgeborene unter 32 Wochen bis zum Alter von 26 Jahren beobachtet wurden. Nicht nur der geringere IQ, auch andere Unterschiede zu Vergleichsgruppen fielen dabei auf: Die Kinder leiden häufig unter einer Aufmerksamkeitsdefizitstörung ohne Hyperaktivität, zeigen weniger Risikoverhalten und sind sozial besonders zurückhaltend.
Unterschätzte Schwierigkeiten
Für Wolke werden aber vor allem die Schwierigkeiten einer weiteren, größeren Gruppe unterschätzt: Die Kinder, die nach einer Schwangerschaftsdauer von 32 bis 36 Wochen geboren werden. Ihre Zahl steige, da häufiger geplante Kaiserschnitte und Zwillingsschwangerschaften nach Reproduktionsbehandlungen auftreten. „Schon mit jeder Woche weniger als vierzig Wochen sinkt der IQ um 0,3 Punkte“, zeigen Wolkes Untersuchungen. „Unterhalb der 32. Woche sind es dann 2,7 Punkte pro Woche.“ Die Sichtweise, nach der 37. Woche, wenn offiziell nicht mehr von Frühgeburt die Rede ist, sei eine geplante Geburt unproblematisch, solle man hinterfragen.
Hinterfragen sollte man aber vor allem die Ergebnisse der IQ – Tests. Was sagt schon diese Ziffer?
Besser, man schaut auf die Entwicklung seines Kindes, unterstützt es und gibt ihm die Zeit, die es wirklich braucht.
Und wenn dann noch hilfreiche Nachsorge für Kinder und Eltern da wäre, wär‘ n wir ein ganzes Stück weiter.
Den ganzen Artikel kann man hier nachlesen.
Ich freue mich über Feedback. Um einen Kommentar zu schreiben, muss man nicht registriert sein.
Naja, mein Sohn kam Anfang der 32. KW. Trotzdem einen IQ von 134 + ADHS. ADHS durch Frühgeburt stelle ich bei uns in Frage. Denn ich bin selbst betroffen, zum regulären Zeitpunkt geboren wie auch mein Vater.